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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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gefaltet auf dem Küchentisch mit der Titelseite nach oben, so wie immer, aber nur lose zusammengelegt. Offenbar hatte Simone schon hineingeschaut.
    Simone sah nicht von der Arbeit auf, also nahm er die Zeitung und ging ins Wohnzimmer. In der unteren Ecke der zweiten Seite fand er einen Bericht über zwei Spalten:
    ZWEI LEICHEN IN AUTO VERBRANNT
    [339]  Datiert war er vom 14.   Mai in Chaumont. Ein Bauer namens René Gault, 55, hatte den noch rauchenden Citroën am frühen Sonntagmorgen gefunden und sofort die Polizei alarmiert. Anhand der unversehrten Ausweise in den Brieftaschen der Toten konnten diese als Angelo Lippari, 33, Bauunternehmer, und Filippo Turoli, 31, Verkäufer, identifiziert werden. Lippari war an einem mehrfachen Schädelbruch gestorben, Turolis Todesursache war noch unbekannt. Man nahm allerdings an, er sei schon tot oder bewußtlos gewesen, als das Auto in Flammen aufging. Die Polizei hatte noch keinerlei Spuren, ermittelte aber weiter.
    Die Garrotte war offenbar vollständig verkohlt und Lippo war so weitgehend verbrannt, daß auch die Striemen der Schlinge verschwunden waren.
    Simone stand in der Tür, einen Stapel gefalteter Wäsche auf dem Arm. »Nun? Ich hab’s gelesen. Die zwei Italiener.«
    »Ja.«
    »Und du hast Monsieur Ripley dabei geholfen. Das nennt ihr also ›Saubermachen‹!«
    Jonathan sagte nichts. Er seufzte auf und setzte sich auf das angenehm knarrende, luxuriöse Ledersofa, doch kerzengerade, damit Simone nicht dachte, er weiche ihr mit der alten Schwäche aus. »Irgendwas mußten wir mit ihnen tun.«
    »Und du mußtest eben einfach helfen«, sagte sie. »Jon, ich finde, wir sollten darüber reden, nun da Georges gerade nicht hier ist.« Sie legte die Wäsche auf das hüfthohe Bücherregal neben der Tür und setzte sich auf die Armlehne des Sessels. »Du sagst mir nicht die Wahrheit, und [340]  Monsieur Ripley auch nicht. Ich frage mich, was du in Zukunft noch alles für ihn tun mußt.« Bei den letzten Worten wurde sie laut, fast hysterisch.
    »Nichts.« Da war er sich sicher. Sollte Tom ihn dennoch um eine weitere Gefälligkeit bitten, würde er einfach nein sagen. In diesem Moment kam ihm das ganz einfach vor. Er mußte Simone halten, koste es, was es wolle. Sie war ihm mehr wert als Tom, mehr als alles, was dieser Mann ihm bieten konnte.
    »Ich begreife das einfach nicht. Du hast gestern nacht doch gewußt, was du tust. Du hast ihm geholfen, diese Männer umzubringen, nicht?« Sie sprach jetzt mit leiser und zittriger Stimme.
    »Wir mußten uns schützen, nach dem, was passiert war.«
    »Ach ja, das hat mir Monsieur Ripley schon erklärt. Rein zufällig wart ihr im gleichen Zug aus München, stimmt’s? Und du, du hast… ihm wirklich geholfen, zwei Menschen zu töten?«
    »Mafiamänner«, erwiderte Jonathan. Was hatte Tom ihr noch alles erzählt?
    »Du, ein ganz normaler Reisender, hilfst einem Mörder? Und das soll ich dir glauben, Jonathan?«
    Er schwieg, versuchte verzweifelt zu denken. Die Antwort war nein. »Dir scheint nicht klar zu sein, daß sie zur Mafia gehörten«, wollte er wiederum sagen. »Sie haben Tom Ripley überfallen.« Was wiederum gelogen wäre, jedenfalls, was die Zugfahrt anging. Er preßte die Lippen zusammen und lehnte sich auf dem breiten Sofa zurück. »Ich erwarte nicht, daß du mir das glaubst. Ich will nur zwei Sachen sagen: Damit ist jetzt Schluß. Und: Die Männer, die [341]  wir umgebracht haben, waren selber Mörder und Verbrecher. Das mußt du zugeben.«
    »Arbeitest du in deiner Freizeit etwa insgeheim für die Kripo? Jon, warum bezahlt man dich dafür? Du – ein Killer!« Sie stand auf, ballte die Fäuste. »Du bist mir fremd geworden. Jetzt erst kenne ich dich richtig.«
    »Ach, Simone…« Auch er stand auf.
    »Ich kann dich nicht mehr lieben. Ich mag dich nicht mal mehr.«
    Jonathan traute seinen Ohren nicht. Sie hatte es auf englisch gesagt.
    Auf französisch fuhr sie fort: »Du verschweigst mir etwas, das ist klar. Und ich will nicht einmal wissen, was es ist. Verstehst du? Etwas Schreckliches muß dich mit Monsieur Ripley, diesem Scheusal, verbinden. Ich frage mich nur, was?« Sie klang wieder bitter und sarkastisch. »Es muß so widerlich sein, daß du es mir nicht erzählen kannst. Das würde mich jedenfalls nicht wundern. Sicher deckst du ihn wegen eines anderen Verbrechens, und dafür bezahlt er dich, deswegen hat er Macht über dich. Na gut, ich will gar nicht –«
    »Er hat keine Macht über mich! Du wirst schon

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