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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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dabei; er betrat den Laden und legte das Mafia-Buch in die Schublade, in der er die Franc versteckt hatte. Dann machte er sich auf den Heimweg zur Rue Saint-Merry.

[134]  9
    An einem Dienstag im April hatte Tom das Schild FERMETURE PROVISOIRE POUR RAISONS FAMILIALES im Schaufenster von Jonathan Trevannys Laden gesehen und sich gefragt, ob Trevanny vielleicht nach Hamburg geflogen sei. Er war neugierig, ob seine Vermutung stimmte, aber nicht neugierig genug, um Reeves anzurufen. Kurz darauf, an einem Donnerstagmorgen gegen zehn, rief Reeves aus Hamburg an und verkündete mit mühsam unterdrücktem Triumph in der Stimme:
    »So, Tom, die Sache ist erledigt! Alles ist… Alles bestens. Tom, ich danke Ihnen.«
    Ausnahmsweise war Tom sprachlos. Hatte Trevanny es wirklich geschafft? Héloïse saß mit ihm im Wohnzimmer, deshalb konnte er kaum mehr sagen als: »Gut. Freut mich zu hören.«
    »Den gefälschten Arztbericht haben wir gar nicht gebraucht. Alles ist glattgegangen! Gestern abend.«
    »Dann kommt er also jetzt nach Hause?«
    »Ja. Heute abend.«
    Tom beendete das Gespräch bald darauf. Er hatte die Idee gehabt, Reeves solle Trevanny einen Befund unterschieben, der seinen Zustand schlimmer aussehen ließ, als er tatsächlich war, und das zum Spaß auch vorgeschlagen. [135]  Einer wie Reeves war allerdings in der Lage, damit Ernst zu machen – ein gemeiner Trick und gar nicht witzig. Nun war das nicht einmal nötig gewesen. Tom lächelte verblüfft. Aus Minots Freude war zu schließen, daß der Mann, auf den er es abgesehen hatte, tatsächlich tot war. Und Trevanny hatte ihn getötet! Tom konnte nur noch staunen. Der arme Reeves hatte sich so danach gesehnt, für seine Organisation des Coups ein lobendes Wort von Tom zu hören, doch der hatte nichts sagen können. Héloïse verstand Englisch ganz gut, und Tom wollte kein Risiko eingehen. Auf einmal kam ihm der Gedanke, einen Blick in Madame Annettes Parisien Liberé zu werfen, den sie sich jeden Morgen holte, aber sie war noch beim Einkaufen.
    »Wer war das?« fragte Héloïse. Sie saß am Couchtisch und sortierte alte Zeitschriften zum Wegwerfen aus.
    »Reeves«, sagte Tom. »Nicht weiter wichtig.«
    Reeves langweilte sie. Ihm fehlte jedes Talent zur Konversation, und er konnte das Leben nicht genießen.
    Tom hörte den Kies vor dem Haus unter Madame Annettes energischen Schritten knirschen und ging ihr entgegen.
    Sie betrat die Küche durch den Seiteneingang.
    »Möchten Sie noch einen Kaffee, Monsieur Tomme ?« fragte sie lächelnd und stellte den vollen Korb auf dem Küchentisch ab. Eine Artischocke kullerte über die Holzplatte.
    »Nein danke, Madame Annette. Ich wollte einen Blick in Ihren Parisien werfen, wenn ich darf. Die Pferderennen, wissen Sie…«
    Auf der zweiten Seite fand er die Meldung. Kein Foto. [136]  Ein Italiener namens Salvatore Bianca, 48, war in einer Hamburger U-Bahn-Station erschossen worden. Der Täter war nicht bekannt. Am Tatort hatte man eine Pistole italienischen Fabrikats gefunden. Vom Toten wußte man, daß er ein Mafioso aus Mailand war, ein Mitglied der Di-Stefano-Familie. Die Meldung war keine 10   Zentimeter lang. Möglicherweise ein vielversprechender Anfang: Der harmlos, ja geradezu spießig wirkende Jonathan Trevanny war der Versuchung des Geldes (was sonst) erlegen und hatte einen Mordauftrag erfolgreich ausgeführt! Auch Tom war der Versuchung einst erlegen, damals bei Dickie Greenleaf. War Trevanny möglicherweise einer wie wir ? Für Tom aber hieß »wir« nur Tom Ripley. Er lächelte.
    Am letzten Sonntag hatte ein niedergeschlagener Reeves aus Orly Tom angerufen: Trevanny lehne den Auftrag bislang ab, ob Tom nicht jemand anders wisse? Nein, hatte er geantwortet. Reeves sagte, er habe Trevanny einen Brief geschrieben, der ihn am Montag morgen erreichen sollte, und ihn eingeladen, zu einer ärztlichen Untersuchung nach Hamburg zu kommen. Darauf hatte Tom dann jenen Satz gesagt: »Falls er kommt, könnten Sie vielleicht dafür sorgen, daß der Befund ein bißchen ungünstiger ausfällt.«
    Am Freitag oder Samstag hätte Tom nach Fontainebleau fahren können, um seine Neugier zu befriedigen und einen Blick auf Trevanny in dessen Laden zu erhaschen, vielleicht auch, um eine Zeichnung rahmen zu lassen (sofern Trevanny nicht für den Rest der Woche dichtgemacht hatte, weil er sich erholen mußte). Eigentlich hatte Tom auch fest vorgehabt, am Freitag in Fontainebleau Keilrahmen bei Gauthier zu besorgen; doch Héloïse’

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