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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Argument. Wenn das nichts nützt, kann ich Ihnen nicht helfen.« Er fühlte sich unangenehm an den Besuch der Plissots erinnert: Hätten Héloïse und er sich fast drei Tage lang für die beiden ein Bein ausgerissen, wenn sie die fünfundzwanzigtausend Franc [140]  nicht bräuchten, die Jacques Plissot Héloïse Jahr für Jahr zahlte?
    »Ich fürchte, wenn er mehr Geld bekommt, steigt er wirklich aus«, erwiderte Reeves. »Wie ich Ihnen schon sagte: Womöglich krieg ich’s nicht zusammen – den Rest vom Geld, meine ich –, wenn er die zweite Sache nicht durchzieht.«
    Anscheinend verkannte Minot einen Menschen wie Trevanny völlig. Sollte Trevanny das gesamte Geld erhalten, würde er den Auftrag entweder erledigen oder die Hälfte davon zurückgeben.
    »Wenn Ihnen zu Trevanny etwas einfallen sollte…« – Reeves tat sich hörbar schwer – »oder wenn Sie sonst jemanden kennen, der das erledigen könnte, würden Sie mich dann anrufen? Morgen oder übermorgen vielleicht?«
    Tom legte erleichtert auf. Er schüttelte kurz den Kopf, blinzelte ein paarmal. Minots Einfälle ließen Tom oft verwirrt zurück, wie benebelt nach einem schlechten Traum, der noch wirklichkeitsferner war als andere Träume.
    Héloïse schwang sich über die Rückenlehne des gelben Sofas, die eine Hand leicht darauf gelegt, die andere ihr Champagnerglas haltend, und glitt lautlos in die Polster. Anmutig hob sie ihr Glas und prostete ihm zu. » Grâce à toi, ce week-end a été très réussi, mon trésor! «
    »Danke, mein Schatz.«
    Ja, das Leben war wieder schön, sie waren wieder allein; wenn sie wollten, konnten sie heute abend barfuß dinieren. Freiheit!
    Tom dachte an Trevanny. Um Reeves machte er sich eigentlich keine Sorgen, der fiel immer auf die Füße oder [141]  sprang im letzten Moment ab, wenn es wirklich brenzlig wurde. Trevanny dagegen… Der Mann war ihm ein Rätsel. Tom suchte nach einem Weg, ihn besser kennenzulernen. Was nicht einfach sein dürfte, weil er wußte, daß Trevanny ihn nicht mochte. Am einfachsten wäre wohl, ihm ein Bild zum Rahmen zu bringen.
    Am Dienstag fuhr Tom nach Fontainebleau, zuerst zu Gauthier, um Keilrahmen zu besorgen. Gauthier würde womöglich von sich aus von Trevanny anfangen, von dessen Hamburgreise etwa – schließlich hatte er dort einen Facharzt aufsuchen wollen. Tom kaufte, was er brauchte, doch Gauthier erwähnte Trevanny mit keinem Wort. Schon fast an der Tür, fragte Tom:
    »Und wie geht’s unserem Freund, Monsieur Trevanny?«
    » Ah, oui. Letzte Woche war er in Hamburg bei einem Spezialisten.« Gauthiers Glasauge funkelte Tom an, während das gesunde Auge traurig dreinblickte und feucht schimmerte. »Der Befund ist anscheinend nicht sehr gut. Es geht ihm wohl ein bißchen schlechter, als sein hiesiger Arzt meint. Aber er hat Courage. Sie kennen die Engländer, die zeigen nie ihre wahren Gefühle.«
    »Tut mir leid, das zu hören«, sagte Tom.
    »Tja, so hat er’s mir wenigstens erzählt. Aber er läßt sich nicht unterkriegen.«
    Tom legte die Keilrahmen in den Wagen und nahm eine Bildermappe vom Rücksitz. Er hatte ein Aquarell mitgebracht, das Trevanny rahmen sollte. Unter Umständen würde sein heutiges Gespräch mit Trevanny keine gute Wendung nehmen, doch irgendwann mußte er sein Bild [142]  wieder abholen, also bekam er mit Sicherheit noch einmal Gelegenheit, mit dem Mann zu sprechen. Tom ging zur Rue des Sablons und betrat den kleinen Laden. Trevanny hielt gerade einen Holzleisten an die Oberkante einer Radierung und erörterte mit einer Kundin einen geeigneten Rahmen dafür. Sein Blick streifte Tom nur kurz, doch der war sicher, daß er ihn erkannt hatte.
    »Jetzt wirkt es vielleicht zu streng, aber mit einem weißen Passepartout…« Trevannys Französisch war fast akzentfrei.
    Tom hielt Ausschau nach Anzeichen einer Veränderung an dem Mann, nach Angstsymptomen etwa, doch auf den ersten Blick fiel ihm nichts auf. Endlich war er an der Reihe. » Bonjour. Guten Morgen. Ich bin Tom Ripley.« Er lächelte. »Ich war bei Ihnen zu Hause – im Februar, nicht? Beim Geburtstag Ihrer Frau.«
    »Ach ja.«
    Trevannys Gesichtsausdruck verriet, daß er noch das gleiche von ihm hielt wie an jenem Februarabend, als er gesagt hatte: »Ach ja, von Ihnen hab ich schon gehört.« Tom klappte seine Bildermappe auf. »Ich habe hier ein Aquarell. Von meiner Frau. Ich hatte vielleicht an einen schmalen, dunkelbraunen Rahmen mit einem Passepartout gedacht, sagen wir, unten höchstens sechs

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