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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Wunderbares kochen wollen, und wir möchten, daß du herkommst. Antoine ist auch hier. Schließlich ist Samstag, weißt du? Also, gegen halb acht, ja?«
    »Wie wär’s mit acht, chérie ? Ich habe noch etwas zu tun.«
    [187]  »Tu travailles?«
    Tom lächelte. »Ich zeichne. Um acht bin ich da.«
    Antoine Grais war Architekt, eine Frau, zwei kleine Kinder. Tom freute sich auf einen angenehmen, entspannten Abend mit seinen Nachbarn. Er fuhr so früh nach Fontainebleau, daß er noch eine Topfpflanze kaufen konnte, eine Kamelie – als Geschenk für Agnès und Antoine und als Alibi, falls er zu spät kommen sollte.
    In Fontainebleau kaufte er außerdem den France-Soir wegen der neuesten Nachrichten über Turoli: Nichts über seinen Zustand, aber es hieß, die beiden Italiener seien angeblich Mitglieder der Mafia, der Genotti-Familie, und womöglich einem Bandenkrieg zum Opfer gefallen. Wenigstens das dürfte Reeves freuen, denn das war sein Ziel gewesen. Tom fand eine Parklücke nur wenige Meter vom Salamandre und sah durch das Rückfenster Jonathan mit seinen langsamen Schritten auf ihn zukommen. Der Engländer bemerkte Toms Wagen. Er trug einen bemerkenswert abgerissenen Regenmantel.
    »Hallo!« Tom öffnete die Beifahrertür. »Steigen Sie ein, wir fahren nach Avon oder sonstwohin.«
    Trevanny murmelte kaum hörbar einen Gruß und stieg ein.
    Avon war die andere, allerdings kleinere Hälfte der Zwillingsstadt Fontainebleau-Avon. Tom fuhr den Hügel zum Bahnhof hinab und nahm die Abzweigung nach rechts, die nach Avon führte.
    »Alles in Ordnung?« fragte er freundlich.
    »Ja«, sagte Jonathan.
    »Ich nehme an, Sie haben die Zeitungen gesehen?«
    [188]  »Ja.«
    »Dieser Leibwächter ist nicht tot.«
    »Ich weiß.« Seit acht Uhr morgens, als er in Straßburg die Zeitungen gelesen hatte, stellte Jonathan sich vor, Turoli könne jeden Augenblick aus dem Koma erwachen und die beiden Männer am Ende des Zugwagens genau beschreiben, Tom Ripley und ihn.
    »Sind Sie gestern abend noch nach Paris gefahren?«
    »Nein, ich… ich bin in Straßburg geblieben und heute morgen zurückgeflogen.«
    »Gab es Probleme in Straßburg? Irgendeine Spur vom zweiten Leibwächter?«
    »Nein«, sagte Jonathan.
    Tom fuhr langsam, er suchte ein ruhiges Plätzchen. In einer Seitenstraße mit kleinen Häuschen hielt er am Gehweg, stellte das Licht aus und holte seine Zigaretten hervor. »Ich finde, wir haben uns achtbar geschlagen. Den Zeitungen zufolge hat die Polizei keine Spur, jedenfalls keine heiße. Das einzige Problem ist der Leibwächter im Krankenhaus.« Er bot Jonathan eine Zigarette an, doch der nahm eine seiner eigenen. »Haben Sie von Reeves gehört?«
    »Ja. Heute nachmittag. Vor Ihrem Anruf.« Reeves hatte am Vormittag angerufen, Simone hatte abgehoben. »Jemand aus Hamburg, ein Amerikaner«, hatte sie gesagt. Schon daß Simone mit Reeves gesprochen hatte, beunruhigte Jonathan zusätzlich. Dabei hatte sich Reeves nicht einmal mit Namen gemeldet.
    »Hoffentlich macht er keine Schwierigkeiten mit dem Geld«, sagte Jonathan. »Ich hab ihn nämlich darauf angestoßen. Er sollte alles sofort überweisen.«
    [189]  »Und wieviel davon hätten Sie gern?« Jonathan verkniff sich die Frage. Ripley sollte selbst davon anfangen.
    Tom sank lächelnd im Sitz zurück. »Sie denken wohl, ich wollte meinen Teil von diesen – vierzigtausend Pfund, nicht wahr? Aber da irren Sie sich.«
    »So? Ehrlich gesagt, ja, ich dachte, Sie hätten gerne was davon.«
    »Deshalb wollte ich Sie heute treffen. Doch nicht nur deshalb. Außerdem wollte ich Sie fragen, ob Sie Angst haben…« Jonathan war so angespannt, daß es Tom vor Verlegenheit fast die Sprache verschlug. Er lachte. »Natürlich haben Sie Angst! Aber es gibt solche und solche Ängste. Ich könnte helfen. Aber nur, wenn Sie mit mir reden.«
    Was wollte er bloß, fragte sich Jonathan. Irgend etwas wollte er bestimmt von ihm. »Ich verstehe wohl nicht ganz, warum Sie im Zug waren.«
    »Weil es mir Spaß gemacht hat! Es ist mir ein Vergnügen, solche Typen wie die beiden von gestern auszuschalten oder dabei zu helfen. So einfach ist das! Und es ist mir auch ein Vergnügen, Ihnen ein bißchen Geld zu verschaffen. Na jedenfalls, mit Angst meinte ich das, was wir getan haben. Ängste aller Art. Das kann ich nur schwer in Worte fassen. Vielleicht weil ich selber keine habe. Zumindest jetzt noch nicht.«
    Jonathan war verunsichert: Ripley wich ihm entweder aus oder machte Witze. Er aber stand dem

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