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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Erfolg.
    Das einzig Gute war, daß Trevanny sein Geld hatte. [205]  Dienstag oder Mittwoch würde der Brief eintreffen. Eine gute Nachricht aus der Schweiz.
    In den nächsten Tagen blieb alles ruhig, keine Anrufe, kein Brief von Reeves Minot, keine Zeitungsberichte über Filippo Turoli in einem Straßburger oder Mailänder Krankenhaus – und dabei kaufte sich Tom in Fontainebleau sogar die Pariser Ausgabe der Herald Tribune und den Londoner Daily Telegraph. An einem Nachmittag pflanzte er seine Dahlien, was ihn drei Stunden kostete, weil er sie in den Jutesäcken nach Farben sortiert hatte und die Farbfelder nun so sorgfältig plante, als habe er ein Bild vor Augen. Héloïse verbrachte drei Nächte in Chantilly, im Haus ihrer Eltern, denn ihrer Mutter wurde in einer kleineren Operation ein Tumor irgendwo entfernt, der sich glücklicherweise als gutartig erwies. Madame Annette fand, Tom müsse einsam sein, und verwöhnte ihn mit amerikanischen Gerichten, die sie ihm zuliebe gelernt hatte: Spareribs mit Barbecue-Sauce, Muschelsuppe und Brathähnchen. Gelegentlich fragte sich Tom, ob er in Villeperce sicher sei. In dieses verschlafene und eher spießige kleine Dorf konnte ein Mörder kommen und bis zu Belle Ombre vordringen, trotz der hohen Eisentore, die man mühelos überklettern konnte – einer von der Mafia vielleicht, er würde anklopfen oder klingeln, Madame Annette beiseite schieben, die Treppe hinaufstürmen und ihm eine Kugel in den Leib jagen. Die Polizei würde von Moret eine gute Viertelstunde bis hierher brauchen, vorausgesetzt, Madame Annette könnte sie sofort alarmieren. Sollte ein Nachbar Schüsse hören, würde er wahrscheinlich denken, ein Jäger schieße auf Eulen, und der Sache nicht nachgehen.
    [206]  In den Tagen, als Héloïse in Chantilly war, beschloß Tom, ein Cembalo für Belle Ombre zu kaufen. Für sich selbst natürlich, doch vielleicht auch für Héloïse. Irgendwo, irgendwann hatte er sie einst auf einem Klavier eine kleine Melodie klimpern hören. Wo? Und wann? Sie war wohl als Kind durch Klavierstunden verdorben worden. Tom kannte ihre Eltern, wahrscheinlich hatten die ihr jede Freude beim Üben ausgetrieben. Sicher kostete ein Cembalo nicht wenig (natürlich wäre es in London billiger zu haben, doch würden die Franzosen 100   Prozent Einfuhrsteuer darauf erheben); andererseits fiel ein Cembalo zweifellos in die Kategorie Bildungsgüter, so daß Tom an seinem Begehren nichts zu tadeln fand. Ein Cembalo war kein Swimmingpool. Er rief einen Pariser Antiquitätenhändler an, den er gut kannte. Obwohl der Mann eigentlich nur mit Möbeln handelte, konnte er Tom an eine zuverlässige Pariser Adresse weiterverweisen, wo er ein Cembalo kaufen könnte.
    Tom fuhr nach Paris und verbrachte einen ganzen Tag damit, sich von dem Händler Geschichten über das Cembalo anzuhören, verschiedene Instrumente anzusehen und schüchtern ein paar Akkorde auf ihnen zu spielen, um schließlich eine Entscheidung zu treffen. Das Juwel seiner Wahl war aus hellem Holz, hier und da mit Blattgold verziert, kostete mehr als zehntausend Franc und sollte am Mittwoch, den 26.   April von einem Klavierstimmer geliefert werden, der sich sofort an die Arbeit machen müßte, weil das Instrument durch den Transport verzogen sein dürfte.
    Der Kauf beflügelte Tom: Als er zu seinem Wagen [207]  zurückging, fühlte er sich unbesiegbar – unerreichbar für die Augen, vielleicht auch die Kugeln der Mafia.
    Und niemand hatte eine Bombe auf Belle Ombre geworfen. Villeperces Alleen, alte Straßen ohne Gehwege, lagen so friedlich da wie immer. Nirgendwo lauerten fremde Gestalten. Am Freitag kam Héloïse gutgelaunt zurück, und Tom konnte sich noch auf die Überraschung freuen, die ihr am Mittwoch bevorstand, denn dann sollte die große, schwer zu transportierende Kiste mit dem Cembalo eintreffen. Sie würden mehr Spaß haben als an Weihnachten.
    Auch Madame Annette erzählte Tom nichts von dem Cembalo. Am Montag aber sagte er: »Ich habe eine Bitte, Madame: Am Mittwoch erwarten wir einen besonderen Gast zum Mittagessen. Vielleicht bleibt er zum Abendessen. Bieten wir ihm etwas Besonderes, ja?«
    Madame Annettes blaue Augen strahlten. Wenn es ums Kochen ging, ging ihr nichts über zusätzliche Müh und Plag. »Un vrai gourmet?« fragte sie hoffnungsvoll.
    »Ich glaube schon«, erwiderte Tom. »Denken Sie sich etwas aus. Ich werde Ihnen nicht sagen, was Sie kochen sollen. Auch für Madame Héloïse soll es eine

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