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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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waren. »Ist das nicht öde?« sagte er entschuldigend zu Jonathan. »Und unerquicklich. Er will mir nicht sagen, wo sein Boss ist, also muß ich ihn ein bißchen weichklopfen. Selbstverständlich hat er vor seinem Boss genauso viel Angst wie vor mir.« Tom schenkte Jonathan ein kurzes Lächeln und ging den Sender wechseln. Er fand Popmusik. Dann nahm er entschlossen das Scheit zur Hand.
    Den ersten Schlag konnte Lippo noch ablenken, doch mit der Rückhand traf ihn Tom voll auf die Stirn. Lippo heulte auf und kreischte: »No, lasciami!«
    »Die Nummer von deinem Boss!« schrie Tom.
    Ein krachender Schlag auf den Bauch traf die Hand, die Lippo schützend dorthin hielt. Glassplitter fielen zu Boden. Lippo trug seine Uhr rechts, der Schlag mußte sie zerschmettert haben. Das Gesicht schmerzverzerrt, preßte er die Hand auf den Bauch und starrte auf die Splitter zu seinen Füßen. Er schnappte nach Luft.
    Tom wartete, das Scheit zum Schlag erhoben.
    »Milano!«
    »Okay, du wirst jetzt…«
    Den Rest verstand Jonathan nicht.
    Tom zeigte auf das Telefon, trat dann an den Tisch vor dem Fenster, wo das Telefon stand, und holte Stift und Papier. Er fragte den Italiener nach der Mailänder Nummer.
    Lippo nannte sie, Tom schrieb mit.
    Dann redete Tom länger auf ihn ein, wandte sich an Jonathan und sagte: »Ich habe dem Kerl gesagt, ich werde ihn [296]  mit der Schlinge hier kaltmachen, wenn er nicht seinen Boss anruft und ihm sagt, was er sagen soll.« Dabei zog er die Schlinge der Garrotte zurecht. Als er sich zu Lippo umdrehte, drangen von der Straße Motorengeräusche herüber. Der Wagen hielt vor dem Tor.
    Jonathan stand auf. Wahrscheinlich entweder Verstärkung von der Mafia oder Simone in Gérards Auto. Er wußte in diesem Moment nicht, was schlimmer wäre, denn beides kam ihm wie ein Todesurteil vor.
    Tom sah nicht hinaus, er wollte vermeiden, daß sich die Vorhänge bewegten. Der Motor lief weiter. Lippos Miene blieb unverändert, Tom bemerkte kein Anzeichen der Erleichterung.
    Dann fuhr der Wagen nach rechts davon. Tom spähte zwischen den Vorhängen hinter ihm her: Er entfernte sich immer weiter. Alles in Ordnung, falls beim Anhalten nicht ein paar Männer ausgestiegen waren, die nun im Gebüsch hockten und durch die Fenster feuern konnten. Tom horchte ein Weilchen. Könnten die Grais gewesen sein, wie auch der Anruf von eben. Vielleicht hatten sie das fremde Auto in der Einfahrt stehen sehen und waren weitergefahren in der Annahme, die Ripleys hätten Besuch.
    »Also, Lippo«, sagte er ruhig, »du rufst jetzt deinen Capo an, und ich höre mit dem kleinen Ding hier zu.« Tom nahm den runden Ohrhörer zur Hand, der bei französischen Telefonen für einen zweiten Zuhörer hinten am Apparat steckte. »Und wenn mir irgend etwas nicht ganz koscher vorkommt«, fuhr Tom auf französisch fort, das der Italiener offenbar durchaus verstand, »hab ich gar keine Hemmungen, das Ding hier ganz schnell strammzuziehen, [297]  verstanden?« Tom zeigte ihm mit der Garrotte um sein Handgelenk, was er meinte, trat dann hinter Lippo und warf ihm die Schlinge über den Kopf.
    Der Mann riß verblüfft den Kopf zurück. Tom führte ihn wie einen Hund an der Leine zum Tisch mit dem Telefon. Er drückte ihn in den Sessel daneben, damit er über ihm stehend genug Zug auf die Schlinge bringen konnte.
    »Ich rufe jetzt die Nummer für dich an – es wird wohl leider ein R-Gespräch. Du wirst folgendes sagen: Du bist mit Angi in Frankreich, und ihr glaubt, daß man euch verfolgt. Ihr habt Tom Ripley gesehen, und Angi hält ihn nicht für den Gesuchten. Okay? Verstanden? Nur ein einziges komisches Wort, irgendein Code, dann das hier…« Tom zog die Garrotte zu, doch nicht so fest, daß die Schnur in Lippos Hals verschwand.
    »Sì, sì!« Lippos schreckensstarrer Blick wanderte zwischen Tom und dem Telefon hin und her.
    Tom wählte das Amt und verlangte eine Fernverbindung mit R-Gespräch nach Mailand in Italien. Als die Vermittlung, wie in Frankreich üblich, nach seiner Telefonnummer fragte, nannte er sie.
    »Wer meldet das Gespräch an?« fragte die Frau.
    »Lippo. Einfach nur Lippo«, antwortete Tom. Dann gab er die Nummer durch. Sie sagte, sie werde zurückrufen. Er sah Lippo an: »Wenn das am andern Ende der Krämer um die Ecke oder eines deiner Mädchen ist, erwürg ich dich trotzdem, capisc’ ?«
    Lippo wand sich, als suche er verzweifelt nach einem Schlupfloch, finde aber keines.
    Das Telefon klingelte.
    [298]  Tom bedeutete Lippo

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