Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Jahre nach der Beerdigung geöffnet wurde, fand man das Skelett des Mannes in einer Ecke sitzend vor. Vor wenigen Jahrzehnten war ein 56-jähriger Mann aus einem hyperglykämischen Koma in einem Leichensack eines Bestattungsunternehmens erwacht. 1971 sollte der Venezolaner Roberto Rodriguez nach einem Herzanfall bestattet werden, erwachte aber gerade noch rechtzeitig wieder zum Leben, um sich aus dem Sarg zu befreien. Als seine Schwiegermutter den »Toten« aus seinem Grab klettern sah, brach sie zusammen und starb. So wurde sie an seiner Stelle begraben.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts kam es etwa jede Woche zu einem verfrühten Begräbnis, wobei nicht alle Fälle entdeckt wurden. Horrorgeschichte über Kratzspuren im Inneren von Särgen und Holzsplittern unter den Fingernägeln der Opfer jagten den Mensch kalte Schauer über den Rücken. Vor seinem Tod bat George Washington: »Lasst meinen Leichnam erst zwei Tage nach meinem Tod in die Gruft.« 80 Frédéric Chopins letzte Worte lauteten: »Da diese Erde mich ersticken wird, beschwöre ich Euch, meinen Körper öffnen zu lassen, damit ich nicht lebendig begraben werde.« 81 Schlaue Geschäftsleute nutzten die Gelegenheit und verkauften Sicherheitssärge mit Luftschläuchen und Leinen, mit denen die lebenden Toten Glocken läuten konnten, wenn sie in der Dunkelheit erwachten.
Sieht man von Bergleuten und U-Boot-Fahrern ab, ist die Furcht vor dem Lebendigbegrabenwerden heute nicht mehr so virulent wie früher. Doch die Fortschritte bei Organspenden haben einen Aspekt dieses Problems wieder ins Bewusstsein gerückt. Manche Menschen haben Angst, ihre Organe zu spenden, weil Menschen, die für tot erklärt wurden, aber deren Körper noch lebendig ist, Organe entnommen werden. Eine Augenchirurgin erzählte mir, sie habe mit Ärzten anderer Fachrichtungen Schlange gestanden, um einem jungen Mann, der auf einem Operationstisch lag, die Augen zu entfernen. Seine Organe sollten mit Einverständnis seiner Angehörigen gespendet werden. Als sich der vermeintlich Tote plötzlich aufsetzte, leerte sich der Raum schlagartig. Überflüssig zu erwähnen, dass die Chirurgin seine Augen nicht bekam.
Geister und Unglückszahlen
Stellen Sie sich vor, sie leben in den engen Gassen von Nizamuddin, einem halb mittelalterlichen, halb neuzeitlichen dorfähnlichen Quartier mitten in Delhi. Wovor hätten Sie dann vermutlich Angst? Vor Geistern und bösen Vorzeichen wie alle anderen. Auf den Straßen würden sie vielleicht Männergruppen sehen, die SMS -Nachrichten versenden, während sie ein rituelles Ziegenopfer beobachten und aus dem Inneren der Häuser das Wehklagen der Frauen beim Verjagen böser Dschinnen vernehmen. Eine 20-jährige Frau, die den Koran lehrt, erklärte: »Wenn du hinausgehst, weißt du nie, welcher böse Teufel dich erwartet. Du möchtest nicht, dass dieses Böse dich berührt und Besitz von dir ergreift. Deshalb trägt man eine Burka.« 82
Wie viele andere Formen des Aberglaubens wird die Furcht vor Geistern durch soziale Nachahmung erlernt. Geister sind überall – oder vielmehr: Sie waren es. Wie ein Ladenbesitzer erklärte, gingen die meisten Geister nach Einführung des elektrischen Lichts woanders hin.
Auch die aufgeklärten Bewohner der westlichen Welt sind nicht frei von Aberglauben. 2008 sagte ein Drittel der Amerikaner, sie glaubten an die Existenz von Geistern und Gespenstern. 83 Vierzig Prozent der Briten glauben an Spukhäuser, wie sie in den Geschichten von Charles Dickens oder Stephen King vorkommen. Eine stattliche Anzahl von aufgeklärten Bürgern hat auch vor bestimmten Zahlen Angst, und zwar denselben, vor denen sich ihre Mitbürger fürchten. Als ich vor dem Flug mit einer US -Inlandsfluglinie auf der Suche nach meinem Sitzplatz im Mittelgang des Flugzeugs entlangging, konnte ich keine Reihe 13 finden. Gleiches gilt für Air France und KLM . Bekanntlich wird der 13 nachgesagt, eine Unglückszahl zu sein, und die Fluggesellschaften behaupten, dass nur wenige dort sitzen wollen. Um ganz sicherzugehen, haben die Lufthansa-Flugzeuge weder eine Reihe 13 noch eine Reihe 17, die italienische Unglückszahl. Auch Hotels zollen dem Aberglauben Tribut. Westliche Hotels haben manchmal kein 13. Stockwerk, viele asiatische Hotels kein viertes, weil man der Zahl 4 in der chinesischen Kultur wegen ihrer Klangähnlichkeit mit dem Wort für »Tod« nachsagt, sie bringe Unglück. Einigen Hochhäusern in Hongkong fehlen alle Stockwerke mit einer 4, also 4, 14,
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