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Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Titel: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Gigerenzer
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mehr Ähnlichkeit mit der öffentlichen Meinung in ihrem eigenen Land als mit denen ihrer Kollegen in den anderen Ländern. 87
    Ist Risikoscheu eine Frage der Kultur oder der Persönlichkeit?
    Diese Geschichten illustrieren einige der kulturellen Unterschiede im Hinblick darauf, was Menschen Angst macht oder was sie beruhigt. Manch einer mag einwenden, es sei eher eine Frage der Persönlichkeit als der Kultur, ob man ein Angsthase oder ein Löwenherz sei. In der Risikoforschung werden die Menschen häufig zwei Persönlichkeitskategorien zugeordnet: den Risikofreudigen und den Risikoscheuen. Doch das soziale Lernen erklärt, warum es solche Persönlichkeiten selten, wenn überhaupt, gibt. Ein Kettenraucher kann gleichzeitig das Risiko genetisch veränderter Lebensmittel scheuen, und einen Waffenbesitzer kann der Gedanke an Wachskerzen auf einem Weihnachtsbaum entsetzen. Soziales Lernen ist der Grund, warum Menschen in der Regel nicht durchgehend risikofreudig oder risikoscheu sind. Sie neigen dazu, zu fürchten, was ihre Bezugsgruppe fürchtet, und das hat einen Flickenteppich aus akzeptierten und vermiedenen Risiken zur Folge.
    Doch soziales Lernen ist nicht die einzige Methode, die uns vermittelt, was wir zu fürchten haben und was nicht. Das zweite Prinzip ist das biologisch vorbereitete Lernen, dank dem wir rasch »lernen«, Situationen zu fürchten, die in unserer evolutionären Geschichte gefährlich waren.
    Biologisch vorbereitetes Lernen
    Warum fürchten Kinder sich vor Schlangen und Spinnen, auch wenn es die giftigen Spielarten schon längst nicht mehr in ihrem Land gibt? Das scheint vollkommen töricht zu sein. Und doch gibt es eine vernünftige Erklärung für ihre Furcht. Müssten wir durch persönliche Erfahrung lernen, ob von einem Tier eine tödliche Gefahr ausgeht, hätten wir eine höchst begrenzte Lebenserwartung. Auch das Lernen durch soziale Nachahmung wäre zu langsam. Aber die Evolution hat uns mit einem zweiten Lernprinzip ausgerüstet, das eine höchst sinnreiche Kombination aus Natur und Kultur ist. Das Angstobjekt ist genetisch »vorbereitet«, doch um die Angst zu aktivieren, bedarf es eines sozialen Inputs.
    Die Gefahren der Vergangenheit von anderen lernen
    Biologische Vorbereitung bezieht sich auf Objekte und Situationen, die eine Bedrohung für das Überleben unserer Vorfahren darstellten – Spinnen, Schlangen, Dunkelheit und so fort. Beobachtet ein Kind beispielsweise, wie sein Vater vor Angst kreischt, weil ihm eine Spinne über den Arm kriecht, kann dieses eine Erlebnis ausreichen, dass es die Furcht erwirbt. Sieht aber dasselbe Kind, wie seine Großmutter furchtsam auf Gewehre, Motorräder und andere potenzielle tödliche Erfindungen der Neuzeit reagiert, wird die Furcht nicht so rasch erlernt. Es ist leichter, einem Kind die Furcht vor einer Spinne als die vor einer Steckdose beizubringen. Soziales Lernen vorbereiteter Furcht beruht auf der folgenden Kette: 88
    Vorbereitetes Objekt  anderer Mensch zeigt Furcht vor dem Objekt  Erwerb der Furcht.
    Anders als beim Lernen durch Versuch und Irrtum werden vorbereitete Assoziationen zwischen einem Objekt und der Furcht rasch gelernt, oft schon beim ersten Mal, und einmal erlernt, ist die emotionale Reaktion kaum wieder abzulegen. Viele Phobien, die Menschen leicht erwerben, sind biologisch vorbereitete Assoziationen. Dazu gehören die Ängste vor Tieren (Spinnen, Reptilien), vor physikalischen Objekten oder Ereignissen (weite, offene Räume, Donner) und vor anderen Menschen (bedrohliche Gesichter, soziale Ablehnung). Für die vorherrschende Rolle von Tieren in menschlichen Phobien ist wahrscheinlich der evolutionäre Ursprung des Furcht-Schaltkreises verantwortlich, der eine Abwehrmaßnahme gegen tierische Fressfeinde darstellt. Biologische Vorbereitung ermöglicht dem Menschen, zu lernen, was er zu fürchten hat, ohne tatsächlich die negativen Konsequenzen einer solchen Begegnung zuerst erfahren zu müssen.
    Biologisch vorbereitetes Lernen lässt sich auch bei Affen beobachten. Wie Menschen zeigen Rhesusaffen, die im Labor aufgewachsen sind, keine angeborene Furcht vor Giftschlangen. Aber sie haben eine vorbereitete Assoziation:
    Schlangenartiges Objekt  anderer Affe zeigt Furcht vor der Schlange  Erwerb der Furcht.
    In einer Reihe von Experimenten beobachteten Affen auf Videobändern, wie ein anderer Affe furchtsam auf die Gegenwart einer Schlange reagierte. 89 Daraufhin reagierten die Affen, die die Bänder gesehen hatten,

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