Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
das echte, virtuelle »Rad« zwei- bis zehnmal so viele haben. Ihr Äußeres suggeriert unter Umständen eine Gewinnchance von 1 von 8000, wie es bei den älteren Automaten der Fall war, aber tatsächlich sind die Aussichten jetzt dank der Chipdesigner hundert- bis tausendmal geringer. Das ist der Grund, warum elektronische Automaten so hohe Jackpots ausschütten können. Um ungerechtfertigte Hoffnungen zu wecken, ist das Gerät so programmiert, dass es viele Beinahe-Jackpots »zeigt«, obwohl es in Wirklichkeit viel weniger oder gar keine sind (Abbildung 7.4). Dieses irreführende Design ist gängige Praxis.
Abbildung 7.4: Illusorisches Design. Können Sie den Fuß der »7« oben im rechten Fenster sehen? Fast hätten Sie drei Siebener gehabt! Das denken Sie jedenfalls, aber man täuscht Sie. Ein elektronischer Spielautomat zeigt nicht das tatsächliche Ergebnis an: Um die Illusion des (Beinahe-)Gewinns zu erhöhen, werden weit mehr Beinahe-Treffer präsentiert, als sie tatsächlich zustande kommen.
Warum verlieren so viele Menschen so viel Geld an Spielautomaten? Die Antwort lautet nicht einfach, dass die Menschen wahrscheinlichkeitsblind sind oder der Rausch einer Achterbahnfahrt auf dem Glücksrad den Schmerz des Verlusts überwiegt – wie in manchen psychologischen Erklärungen behauptet wird. Es steckt mehr dahinter. Das Spielkasino ist eine gezielte Inszenierung von Täuschungen, ein Theater, das die Spieler veranlasst, mehr Gewinne und Beinahe-Gewinne zu sehen, als tatsächlich vorhanden sind. Diese Illusion hat unmittelbar zur Folge, dass die Spieler ihre Gewinnchancen überschätzen.
Das Kasino gilt oft als ideales Beispiel für bekannte Risiken. Doch wie die Neuerungen der Automatentechnologie zeigen, wird viel investiert, um die Gewinnchancen gewisser erscheinen zu lassen, als sie sind, wodurch eine weitere Gewissheitsillusion entsteht.
Sport und Freizeit
Wie man einen Elfer hält
Das Olympiastadion in Berlin ist mit 75000 Fans gefüllt, die das Viertelfinale der Fußballweltmeisterschaft 2006 verfolgen. Argentinien spielt gegen Deutschland. Zehn Minuten vor Schluss erzielt Deutschland den Ausgleich, und nach der Verlängerung steht es immer noch unentschieden. Zeit für das Elfmeterschießen. Eine spannungsgeladene Situation, in der beide Torleute abwechselnd versuchen müssen, die Elfmeter gegnerischer Spieler zu halten – und das fünfmal. Genauso nervenzerreißend sind Elfmeterschießen für die Fans, die vor jedem Strafstoß kollektiv den Atem anhalten; einige mögen noch nicht einmal hinsehen. Doch dieses Elfmeterschießen ist einzigartig. Der deutsche Torwart Jens Lehmann hält ein Stück Papier in der Hand, auf das er vor jedem Strafstoß blickt. Der argentinische Spieler, der ihm gegenübersteht, fragt sich vermutlich, was auf dem Zettel steht. Wahrscheinlich nimmt er an, dass er Informationen über ihn, seine Technik und seine bevorzugte Ecke enthält. Schließlich hält Lehmann zwei Schüsse, wirft Argentinien damit aus dem Wettbewerb und bringt die deutsche Mannschaft ins Halbfinale.
Die meisten Kommentatoren machten die Informationen auf Lehmanns Zettel für den Sieg verantwortlich. Ich sehe das anders. Studien an ausgezeichneten Spielern in verschiedenen Sportarten zeigen, dass ihre Leistung abnimmt, wenn sie auf ihr Tun achten oder zu lange überlegen. Wenn beispielsweise erfahrene Golfspieler angewiesen werden, sich auf ihren Schwung zu konzentrieren, werden sie schlechter. 132 (Für Anfänger gilt das Gegenteil: Sie werden in der Regel besser, wenn sie ihrem Spiel mehr Gedanken, Zeit und Aufmerksamkeit widmen.) Bekommen erfahrene Handballspieler mehr Zeit, um über die nächste Aktion nachzudenken, entscheiden auch sie sich in der Regel für die weniger guten Handlungsverläufe. Ganz ähnlich erging es wahrscheinlich den argentinischen Spielern: Als sie Lehmann die Notizen studieren sahen, begannen sie bewusst über ihre nächsten Schritte nachzudenken und halfen damit den Deutschen. Für diese Interpretation sprechen die Ergebnisse aus Studien über Intuition im Sport, aber auch das, was wir über den entscheidenden Strafstoß des argentinischen Spielers Estéban Cambiasso wissen. Sich Zeit lassend, studierte Lehmann den Zettel besonders gründlich. Was Cambiasso nicht wusste: Er enthielt gar keine Informationen über ihn. Cambiasso lief an, und Lehmann hielt den Schuss.
Diese Szene liefert uns eine nützliche Richtlinie, um als Sieger vom Platz zu gehen:
Wenn du in einem
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