Riskante Enthüllung (German Edition)
wird hoffentlich meinen Körper wärmen“, sagte ich und nahm einen Schluck.
„Ich habe dir heute eine Decke mitgebracht.“
Er legte sie über meine Beine. Ich stand auf und wickelte mich darin vollstä n dig ein, bevor ich mich wieder setzte. „Vielen Dank, das ist lieb.“
Er stellte seinen Stuhl etwas schräg neben meinen, sodass wir uns ansehen konnten und doch nicht weit entfernt von einander saßen. Soviel Vertraulichkeit, meine Hormone machten Überstu n den.
„Erzähl mir von deinem Vater“, eröffnete ich das Gespräch.
Er setzte sich etwas auf und stützte die Unterarme auf die Le h nen des Stuhls, gar nicht überrascht über mein plötzliches Zursacheko m men. Die Stunde der Wahrheit, dachte ich, und musste innerlich l ä cheln.
„Okay, was möchtest du wissen?“
Ich sah ihm über den Rand meines Glases lange in die Augen, doch es lag ke i ne Peinlichkeit darin, kein Zögern, vielmehr schien er bereit darüber zu reden.
„Warum hast du keinen Kontakt mehr mit ihm?“
James wandte den Blick ab und betrachtete die Sterne. Dann sah er mich wieder an und sprach leise. „Er benahm sich nicht gut und meine Mutter ist daran gestorben, das erwähnte ich ja bereits.“ Ich runzelte die Stirn und fixierte ihn ruhig, was ihn zum weiter Au s holen veranlasste. „Sie hatte Krebs und keiner von uns war bei ihr, als es so weit war. Ich war noch zu jung, hatte keinen Ei n fluss auf meinen Vater. Niemand hatte je Einfluss auf ihn.“ Er schnaubte und strich sich sein Haar aus der Stirn. „Als ich nach Hause kam war das Haus au f geräumt wie immer, Blumen standen auf dem Esszimmertisch und es duftete nach Mittagessen. Aber sie war nicht mehr da, meine Tante hatte für uns g e kocht. Sie war einfach von uns gegangen und ich hatte mich nicht mal von ihr vera b schieden können.“ Die Stille des Camps drückte auf meine Ohren und ein Felsblock schien auf meiner Brust zu liegen. Ich legte eine Hand an diese Stelle. Wie entsetzlich das für einen kleinen Jungen gewesen sein musste, ja selbst für den heute erwachsenen Mann, konnte ich im Glanz seiner Augen nur erahnen. „Ich kann ihm einfach nicht verzeihen, das ist alles“, sagte er und bohrte dabei mit der Schuhspitze ein kleines Loch in den Sand.
Wir schwiegen und ich überlegte fieberhaft wie ich ihn von se i ner Mutter a b lenken könnte. Am unverfänglichsten war schon immer ein Gespräch über die Arbeit gewesen, dachte ich und ve r suchte es.
„Aber du warst bereits als Kind eng an der Arbeit deines Vaters b e teiligt, wie kommt es dann, dass du seine Theorien ablehnst? Das verstehe ich nicht.“
James stoppte seine Grabungsarbeit im Sand, sah auf und lehnte sich im Stuhl zurück.
„Weil er fanatisch wurde. So fanatisch, dass ihm die Familie e i nen Dreck b e deutete, so fanatisch, dass ich kein vernünftiges Wort mehr mit ihm reden konnte. Er sah in jedem Hinweis eine Spur von Außerirdischen. Nicht so wie du, durch einigermaßen plausi b le Erklärungen gestützt. Nein, völlig aus der Luft gegriffen.“
Er machte eine verzweifelte Handbewegung und schaute erneut in die Sterne.
„Und zuerst dachtest du ich sei genau wie er, ich verstehe.“
„Verzeih mir bitte, Johanna. So wie er kann niemand sein. Ich war nur entsetzt, weil es so viele Parallelen gab. Jetzt weiß ich, dass du anders bist.“
Er sah mich unglücklich an und ich löste mich in Mitleid auf.
„Natürlich verzeihe ich dir. Ich musste mir in dieser Hinsicht schon viele Dinge anhören und bin daher nicht mehr so leicht zu verletzen.“
„Ja, ich weiß und dafür … bewundere ich dich. Ich habe leider kein so dickes Fell.“
„Hast du eine Frau zu Hause, James?“
Meine unpassende Frage überraschte ihn ein bisschen, denn se i ne Augen weiteten sich und dann sah er mir nicht mehr ins G e sicht.
„Du bist sehr direkt. Ist das eine typisch deutsche Eigenschaft? Aber das finde ich gut. Nein, ich habe keine Frau zu Hause . Ich habe auch keine hier, genauer gesagt hatte ich seit Jahren keine feste B e ziehung mehr.“
Ich ließ mein Glas sinken und um ein Haar wäre der Inhalt in den Sand gela u fen. Schnell stellte ich es auf dem Tisch ab und beugte mich nach vorn, ganz nah an ihn heran.
„Warum nicht, um Himmels willen, ein Mann wie du?“
Er schmunzelte über meine Reaktion, schien aber geschmeichelt. „Was soll das heißen, ein Mann wie ich? Ich bin ein verstaubter, Scherben putzender, alternder Ägyptologe, den jede Frau zum Ko t zen langweilig findet.“
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