Riskante Enthüllung (German Edition)
wirklich nicht. Aber er ist auch ein prima Kerl, dieser Trümmerwurm.“
Wir sprachen nicht viel während der Fahrt und ich schloss sogar für einige Zeit die Augen. In der Stadt, die wir nach knapp drei Stunden erreichten, herrschte reges Treiben und die lauten Gerä u sche bedeuteten Stress für meine Ohren, die sich an die Stille der Wüste gewöhnt hatten.
Stevens fuhr mich zur Behörde, wo ich mein Visum verlängern la s sen wollte und versprach, mich später im Museum abzuholen. Beide Gebäude befanden sich am Friedensplatz, dem Midan et-Tahrir. Das halbrunde Monstergebäude der Sicherheitsbehörden war keine Glanzleistung moderner ägyptischer Arch i tektur und man kam sich verloren darin vor, kannte man sich in den dreizehn Stockwerken voller wartender, sich drängender Menschen nicht aus. Es war ein Albtraum der Bürokratie und leicht konnten mehrere Stunden verg e hen, falls man keinen Termin vorweisen konnte. Glücklicherweise warteten vor dem Büro Akdir Maraduns nur wenige Menschen und nachdem ich der Dame am Em p fang mein Schreiben vorgelegt hatte, wurde ich sogleich hinein gebeten. Ein kleiner drahtiger Mann schü t telte mir die Hand, stempelte meinen Pass ab und gab mir liebe Gr ü ße an James mit auf den Weg. Ich war James unendlich dan k bar, dass er an das Schreiben gedacht hatte und verließ zügig das überfüllte G e bäude.
Das Museum Namens El Antikhana war ein schönes altes Haus und beherbergte die kostbarsten Schätze der Pharaonischen Hochku l tur in etwa 100.000 Einzelstücken. Es platzte buchstäblich aus allen Nähten. Viele der Funde kon n ten daher nicht ausgestellt werden und lagerten in Magazinen unter Ausschluss der Öffen t lichkeit.
Ich ging durch die langen Flure des Verwaltungstraktes und wusste glücklicherweise aus Erfahrung wo der richtige Ansprec h partner zu finden war. Ich bog um eine Ecke und öffnete eine schwere Holztür. Mehrere Angestellte des Museums saßen hinter einem langen Tresen und arbeiteten an Bildschirmger ä ten. Ich trat näher und eine Frau mittleren Alters mit leicht schräg stehenden dunklen Augen und g e stärkter weißer Bluse erhob sich lächelnd. Ich betrachtete sie einen Moment bewundernd und überlegte ob sie eine direkte Nachfahrin der legendären Kleopatra war, was ihre Züge nahe legten.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte sie in perfektem Englisch.
„Ich gehöre zum Team der Kirk-Ausgrabung“, begann ich in der Hoffnung, sie war mit den aktuellen Grabungen im Land vertraut.
Sie nickte und erkundigte sich freundlich nach dem Befinden von James, den sie beim Vornamen nannte. Ein Eifersuchtsstich durc h zuckte mich, doch ich verwarf den Gedanken er würde sich mit einer blutjungen Ägypterin einlassen. In dieser Hinsicht konservativ amerikanisch, war er nicht der Typ für ein kurzes Abe n teuer, vermutete ich.
Ich erklärte ihr unseren Fund und beobachtete wie sich ihre A u gen weiteten. Archäologen hatten nur selten das Glück etwas wir k lich Altertümliches zu fi n den. Die meisten Gräber waren nicht älter als zweitausend Jahre und damals verschwendete man keine Zeit mehr mit dem aufwendigen Mumifizieren der Leiche. Das bede u tete sie waren in einem sehr schlechten Zustand und meist kamen nur noch Knochen unter den zerfledderten Verbänden zum Vo r schein. Durch die extremen Luftverhältnisse im tiefen Gestein des Tunnels war unser Freund geradezu meisterlich erhalten geblieben, obwohl ihn niemand mumif i ziert hatte.
Ich folgte der hübschen kleinen Frau und wir gingen in einen anderen Teil des Gebäudes, in dem meinem Wissen nach das L a bor lag. Vor einer der Türen blieb sie stehen und klopfte an. Nachdem jemand etwas von der anderen Seite gerufen hatte, öf f nete sie die Tür und wir betraten den Raum. Staunend stand ich vor einem Mann in weißem Kittel, der mir sofort erfreut die Hand entgegen streckte.
„Meine liebe Miss Steinbeck, was führt sie in unser geheiligtes Land?“, sagte Professor Dr. Murag, den ich bereits von einer and e ren Expedition her kannte. Er war etwa sechzig, wirkte jedoch wesentlich jünger und war eine Kapazität auf dem Gebiet der Ä gyptologie.
„Ich wusste nicht, dass sie zurzeit hier sind“, sagte ich und ergriff seine Hand.
Er war viel im Ausland unterwegs und hielt Vorträge. Als Ägy p ter, der sich intensiv mit der Kultur seines Landes beschäftigte, hatte er einen tiefen Ei n druck bei mir hinterlassen, zumal er meine Theorien kannte und nicht zu denen gehörte, die
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