Riskante Geschäfte
Spiel, du italienische Kröte!« Sie ergriff ein halbvolles Weinglas und schleuderte es Colombo ins Gesicht. Als er sich auf sie stürzen wollte, ging sie ein paar Schritte rückwärts, bis zu Bond und Kristatos hin, welche höflich auf die Freigabe des Wegs warteten.
Keuchend wischte Colombo sich den Wein aus dem Gesicht. »Daß ich deine Visage nie wieder in meinem Lokal sehe!« schrie er, tat, als spucke er vor ihr aus, und verschwand hinter der Tür mit der Aufschrift ufficio.
Der Ober war herbeigeeilt. Die Gäste hatten ihre Mahlzeit unterbrochen. Bond nahm das Mädchen am Arm: »Darf ich Ihnen ein Taxi rufen?«
Sie machte sich los und sagte, immer noch wütend: »Ihr Männer seid allesamt Schweine!« Dann aber besann sie sich und fügte steif hinzu: »Es ist sehr nett von Ihnen.« Hochmütig rauschte sie aus dem Lokal, die beiden Männer im Schlepptau. Im Restaurant steckte man die Köpfe zusammen, die Bestecke begannen wieder zu klappern. Jedermann war von der Szene entzückt. Feierlich hielt der Ober die Tür offen, wobei er zu Bond sagte: »Ich bitte um Entschuldigung, Monsieur. Es ist wirklich zu liebenswürdig von Ihnen!«
Ein Taxi verlangsamte seine Fahrt, der Ober winkte es heran und machte den Wagenschlag auf.
Das Mädchen stieg ein, Bond folgte ihr und schlug die Tür zu. Durchs Fenster sagte er zu Kristatos: »Ich rufe Sie morgen früh an, ja?« Ohne die Antwort abzuwarten, ließ er sich zurückfallen. Das Mädchen hatte sich in die andere Ecke gedrückt. Bond fragte: »Wohin wollen Sie gebracht werden?«
»Hotel Ambassadori.«
Eine Zeitlang fuhren sie schweigend dahin. Dann fragte Bond: »Wollen Sie vorher noch irgendwo einen Drink nehmen?«
»Nein, vielen Dank.« Sie zögerte. »Wirklich nett von Ihnen, aber ich bin heute schon zu müde.«
»Dann vielleicht ein andermal?«
»Vielleicht - aber ich fahre morgen nach Venedig.«
»Ich auch. Wollen wir morgen gemeinsam zu Abend essen?« Lächelnd erwiderte sie: »Ich hab die Engländer immer für
schüchtern gehalten. Sie sind doch Engländer, nicht? Wie heißen Sie? Was machen Sie?«
»Ja, ich bin Engländer. Ich heiße Bond, James Bond, und schreibe Bücher - Abenteuerbücher. Zur Zeit schreibe ich an einem über Schmuggel. Die Handlung spielt in Rom und Venedig. Die Sache ist aber die, daß ich zuwenig darüber weiß. So fahre ich in der Gegend herum und halte die Ohren offen. Kennen Sie vielleicht ein paar passende Geschichten?«
»Ach, deshalb haben Sie mit Kristatos gegessen! Er soll einen schlechten Ruf haben. Nein, Geschichten dieser Art kenne ich keine. Ich weiß nur, was alle wissen.«
Bond tat begeistert: »Aber das ist es ja, was ich suche! Mit Geschichten meine ich doch keine erfundenen! Eben die Art Klatsch, wie er vermutlich der Wahrheit am nächsten kommt. Das kann für einen Schriftsteller so wertvoll wie Brillanten sein!«
Sie lachte. »Meinen Sie das im Ernst?«
Bond sagte: »Nun, soviel verdien ich als Autor wieder nicht, aber ich habe schon eine Film-Option auf diese Geschichte, und wenn sie authentisch genug wird, geht sicher alles glatt!« Er griff nach ihrer Hand. »Jawohl, Brillanten! Ein Brillanten-Clip von Van Cleef - würde Sie das nicht reizen?«
Sie entzog ihm ihre Hand, denn sie fuhren schon am Ambassadori vor. Nachdem sie ihre Handtasche an sich genommen hatte, wandte sie sich Bond zu. Der Türsteher öffnete schon den Schlag, aber das Mädchen sah Bond ernsthaft prüfend in die Augen und sagte: »Alle Männer sind Schweine, wenn auch nicht im gleichen Grad. Also gut - ich werde Sie treffen. Aber nicht zum Nachtessen. Was ich Ihnen zu erzählen habe, sagt sich nicht gut in der Öffentlichkeit. Ich bade aber jeden Nachmittag am Lido, nicht am Modestrand, sondern draußen in den Bagni Alberoni, wo Byron seinerzeit zu reiten pflegte. Das ist an der Spitze der Halbinsel, mit dem Vaporetto zu erreichen. Sie finden mich dort übermorgen, nachmittags um drei. Ich hol mir die letzte Sonnenbräune vor dem Winter. Wenn Sie in den Sanddünen einen hellgelben Sonnenschirm sehen -das bin ich.« Sie lächelte. »Aber erst anklopfen und nach Fräulein Liesl Baum fragen!« Sie stieg aus, Bond folgte ihr. Sie reichte ihm die Hand. »Und nochmals Dank für Ihre Hilfe! Gute Nacht!«
Bond sagte: »Also dann auf übermorgen! Ich werde kommen! Gute Nacht!«
Sie wandte sich ab und stieg die geschwungene Treppe zum Hotel hinauf. Bond sah ihr gedankenvoll nach, drehte sich um, stieg wieder in das Taxi und sagte: »Zum
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