Riskante Geschäfte
Abschiedsparties hinter sich, und es überraschte uns nur, daß Rhoda beim Abschied nicht mit zum Schiff gekommen war. Erst zwei Wochen später sickerte aus England die Nachricht von dem Scheidungsprozeß durch. Rhoda hatte danach im Regierungsgebäude eine lange Unterredung mit Lady Burford, und mit der Zeit kam die ganze Geschichte heraus, einschließlich ihres schrecklichen nächsten Kapitels.«
Der Gouverneur trank den Whisky aus und stellte sein Glas vorsichtig auf den Tisch. »Am Tag vor seiner Abreise hatte Masters offenbar eine Botschaft seiner Frau im Badezimmer vorgefunden. Sie müsse ihn unbedingt ein letztes Mal sprechen. Nun, solche Nachrichten hatte es schon öfter gegeben, und Masters hatte sie jedesmal zerrissen und die Papierfetzen auf dem Waschbeckenbord liegengelassen. Diesmal aber bestellte er sie für sechs Uhr abends ins Wohnzimmer. Rhoda Masters erschien pünktlich. Sie war ganz Demut und Reue, denn sie hatte es längst aufgegeben, Szenen zu machen oder an sein Mitleid zu appellieren. Sie stand still da und sagte, daß ihr nur zehn Pfund vom Haushaltgeld geblieben seien, und daß sie praktisch mittellos dastehe. >Du hast den Schmuck und den Pelz.<
>Dafür bekomm ich, wenn es gut geht, fünfzig Pfund<, erwiderte sie.
>So wirst du eben arbeiten müssen.<
>Es wird aber einige Zeit dauern, bis ich etwas finde. Ich muß auch irgendwo wohnen, das Haus muß ja binnen zwei Wochen geräumt sein. Willst du mir denn gar nichts dalassen? Soll ich verhungern?<
Masters sah sie nüchtern an: >Du bist hübsch, du wirst nicht verhungern.<
>Philip, du mußt mir helfen! Du mußt! Es wird deiner Karriere schaden, wenn ich ins Regierungsgebäude betteln gehen muß.< Sie hatten das Haus möbliert gemietet, und außer ein paar Kleinigkeiten gehörte ihnen nichts darin. Der Besitzer hatte das Inventar schon seit einer Woche übernommen. Nur noch der Morris und ein Musikschrank waren geblieben. Den Schrank hatte Masters noch vor der Golfzeit gekauft, um seiner Frau einige Zerstreuung zu schaffen.
Philip Masters blickte sie ein letztes Mal an. >Na, gut<, sagte er, >du kannst den Wagen und den Misikschrank haben. Im übrigen muß ich jetzt packen. Adieu.< Damit ging er hinauf in sein Zimmer.«
Der Gouverneur sah zu Bond hinüber. »Eine letzte, versöhnliche Geste, sollte man meinen!« Er lächelte grimmig. »Als Masters fort war, nahm Rhoda ihren Verlobungsring, ihre paar Schmucksachen und den Fuchspelz, stieg damit in den Wagen und fuhr nach Hamilton hinein. Bei diversen Pfandleihen brachte sie schließlich vierzig Pfund für den Schmuck und sieben für den Pelz zusammen. Dann fuhr sie zur Autofirma und verlangte den Direktor. Der staunte nicht schlecht, als sie ihn fragte, wieviel er ihr für den Morris geben wolle. >Aber, Madam, Mr. Masters hat doch einen Miet-Kaufvertrag und ist mit seinen Zahlungen stark im Rückstand! Hat er Ihnen nichts von dem Mahnschreiben gesagt, das wir ihm letzte Woche durch den Anwalt haben schicken lasssen? Er hat uns daraufhin beschieden. Sie selbst würden kommen und die Sache in Ordnung bringen. Gestatten Sie< - er griff nach seinem Ordner und blätterte ihn durch - >ja, er schuldet uns noch genau zweihundert Pfund!< Natürlich brach Rhoda Masters jetzt in Tränen aus und hatte alle Mühe, den Direktor zu überreden, daß er den Wagen zurücknahm, obwohl er keine zweihundert Pfund mehr wert war. Sie mußte ihn aber gleich dalassen, samt Benzin und allem. Rhoda konnte nur ja sagen und mußte noch froh sein, daß die Firma sie nicht verklagte. Als sie aus der Garage trat und die heiße Straße hinunterging, ahnte sie bereits, was ihr beim Radiohändler bevorstand. Sie sollte recht behalten. Auch hier war es die gleiche Prozedur, nur mußte sie diesmal noch zehn Pfund zulegen, damit der Mann den Schrank überhaupt zurücknahm. Jemand fuhr sie dann zu ihrem Bungalow, und sie warf sich aufs Bett und weinte den ganzen restlichen Tag. Philip Masters hatte ihr noch zwei Tritte versetzt, als sie schon am Boden lag!« Nach einer Pause meinte der Gouverneur: »Ein ungewöhnlicher Fall, tatsächlich. Wenn man bedenkt, ein Mann wie Masters, freundlich, sensibel, der keiner Fliege ein Haar krümmen konnte - und hier vollbrachte er eine der ausgeklügeltsten Grausamkeiten, deren ich mich bei meiner gewiß nicht kleinen Erfahrung entsinnen kann! Es war mein Gesetz, das hier funktionierte.« Der Gouverneur lächelte dünn. »Sie hätte alles tun dürfen - nur nicht jenes Minimum an Trost
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