Riskante Liebe
machen“ angeht, solltest du dich an deine eigene Nase fassen. Ich habe Seratta sagen hören, dass ihr deine Bequemlichkeit und Faulheit, mit der du dich vor vielen Arbeiten drückst, Sorge bereiten.«
Mit diesen Worten ließ ich sie einfach stehen und setzte meinen Weg fort. Aus dem Eingang von Jolarias Hütte trat mir unvermittelt Seratta entgegen. Ihre finstere Miene hellte sich auf, als sich mich erblickte. Ich bemühte mich, obwohl es mir zunehmend schwer fiel, ebenfalls um ein offenes, unbefangenes Gesicht und grüßte sie mit einem ehrerbietigen Kopfnicken.
»Veeria, wie schön, dich zu sehen. Wie ich sehe, hast du eine ganze Menge erbeutet!«
Wohlwollend deutete sie auf die schweren Bündel.
»Damit ist deine lange Abwesenheit hinreichend gerechtfertigt. Das wird heute Abend ein Festmahl geben. Bring das Fleisch rasch zu Ravia und Tarisa, damit sie gleich mit der Zubereitung beginnen können.«
Froh darüber, dass Seratta wegen meines ausgedehnten Waldaufenthalts keinen Verdacht geschöpft hatte und mir keine Faulheit unterstellte, sondern glaubte, ich habe für die Jagd so viel Zeit benötigt, ergriff ich die günstige Gelegenheit.
»Seratta, vielen Dank für dein Lob. Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten ermuntert und befähigt mich, möglichst viel Nahrung für uns zu erbeuten, auch wenn die Jagd oft sehr anstrengend für mich ist. Ich bin froh darüber, wieder hier zu sein.«
Ich verachtete mich für meine augenscheinliche Unterwürfigkeit dieser Frau gegenüber. Wollte ich jedoch meine Unabhängigkeit und die Erlaubnis, weiterhin jagen zu dürfen, behalten, so war Schmeichelei die beste Vorgehensweise. Seratta liebte es, wenn die anderen ihren Herrschaftsanspruch uneingeschränkt unterstützten und so sprachen, wie sie es gerne hörte. Am liebsten hätte ich sie sofort um die Erlaubnis für meinen nächsten Jagdauftrag gebeten. Aber die kleine vernünftige Stimme in meinem Inneren, die wie die von Jolaria klang, flüsterte mir eindringlich zu, nichts zu überstürzen. Seratta nickte hoheitsvoll und eilte in Richtung Dorfmitte, wo keifende und zankende Stimmen zu hören waren. Ich seufzte, als ich Degia und Torea erkannte. Die beiden stritten, wie viele andere der Frauen, bei jeder Gelegenheit, bei der sie aufeinandertrafen. Manchmal hatte ich das Gefühl, diese dauernden Unstimmigkeiten waren ein Mittel, um wenigstens etwas Abwechslung in ihren harten, eintönigen Arbeitstag zu bringen.
Schon jetzt sehnte ich mich schrecklich nach dem Augenblick, in welchem ich wieder in den Wald und meine Höhle zurückgehen durfte – und, so hoffte ich unvernünftigerweise, zu Drake. Jeder Tag, den ich hier im Dorf, in dem eine solch ungute, streitsüchtige Stimmung vorherrschte, zubringen musste, kam mir vor wie ein verlorener Tag. Die Gegenwart der anderen wurde mir immer unerträglicher. Vor allem nun, da ich wusste, wie unbeschwert und voller Lachen man sich in der richtigen Gesellschaft fühlen konnte … Unwillkürlich schweifte mein Blick hinüber zum Gatter mit der halbverfallenen Hütte darin, in dem die abgemagerten und verwahrlosten Männer, die Relianten, eingesperrt waren. Ich konnte und wollte mir Drakes kraftvolle Gestalt nicht hinter diesem Zaun vorstellen. Deswegen war es in jedem Fall besser, er würde möglichst rasch nach Hause zurückfliegen.
Jolaria freute sich, mich zu sehen. Sie hal f mir, meine Mitbringsel abzuladen und zu sortieren, und zeigte sich begeistert über die vielen Felle.
»Die brauchen wir dringend, um wieder neue Überwürfe herstellen zu können. Ich habe Seratta schon gesagt, dass sie mich für einen Umhang vormerken soll.«
Wie alles, was von uns gesammelt, gejagt oder gefunden wurde, gehörten auch die begehrten Tierhäute allen zusammen. Seratta allein besaß die Befugnis, Essen, Wasser, Kleidung oder Gebrauchsgegenstände zu verteilen. Jeder, der etwas benötigte, musste ihr Bescheid geben und sie entschied darüber. Gab es mehrere, die dasselbe brauchten, hatte sie das letzte Wort. Und die, die in ihrer Gunst hoch standen, erhielten auch das meiste. Da Jolaria mit ihrem unschätzbar wertvollen Heilerinnen-Wissen eine der wichtigsten Dorfbewohnerinnen war, wusste ich, dass sie ihren neuen Umhang vor allen anderen erhalten würde.
»Was wollte Seratta von dir?«, erkundigte ich mich beiläufig.
»Sie fühlt seit einem Tag Schmerz in ihren Eingeweiden und bat mich um einen Tee, der ihr Linderung verschafft.«
Jolaria blickte bekümmert auf.
»Ich h offe nur,
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