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Riskante Liebe

Riskante Liebe

Titel: Riskante Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cara Enders
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schmerzte, als ob jemand heiße Glut hineingeschüttet hätte.
    Ich wusste nicht, wie lange ich so in der breiten Astgabel kauerte. Irgendwann hatte ich keine Tränen mehr. Die Sonne war ein ganzes Stück weiter gewandert, jede Stelle meines Körpers, ob innen oder außen, schmerzte und am liebsten wäre ich gleich hier, an Ort und Stelle, gestorben. Wenn in diesem Moment unter mir ein hungriges Wolfsrudel aufgetaucht wär e oder mich erneut ein Luchs anspringen würde, hätte ich mein Schicksal mit Freuden angenommen. Zerrissen fühlte ich mich ohnehin schon und wenn mich Raubtiere töteten, würde dieser unerträgliche Schmerz, der in mir tobte, nach wenigen angstvollen Lidschlägen ewigem Schlaf und Frieden weichen. Aber ein hartnäckiges Stimmchen in meinem Inneren flüsterte mir zu, dass ich meine Liebe nicht geopfert hatte, um jetzt zu sterben. Ich musste zurück ins Dorf und Jolaria gesund pflegen. Das war die Aufgabe, die vor mir lag und an die ich mich klammerte.
    Mühsam rutschte ich auf den weichen Waldboden hinunter und schleppte mich mit Schritten, die einer wesentlich älteren Frau angemessen gewesen wären, zur Lichtung zurück. Der Schmerz packte erneut mit spitzen Klauen zu, als ich im hohen Gras die Abdrücke der zwei dünnen Beine, Drake hatte „Kufen“ dazu gesagt, des Helikopters erblickte. Ich sank auf die Knie und strich über das niedergedrückte Gras. Es war alles, was mir an greifbarem Andenken an ihn geblieben war. Aber auch diese Spuren wären spätestens morgen verschwunden, da die biegsamen Grashalme bereits wieder begonnen hatten, sich an manchen Stellen aufzurichten.
    Ich hätte alles darum gegeben, wenigstens ein Kleidungsstück von ihm zurückbehalten zu haben. Etwas, das er dicht bei sich gehabt hatte und was seinen unverwechselbaren Duft trug. Die Stimme der Vernunft meldete sich erneut und machte mir klar, dass ich, selbst wenn er mir etwas von sich zurückgelassen hätte, dieses niemals mit ins Dorf nehmen konnte. Die Gefahr, dass es entdeckt wurde, war zu groß. Und in meiner Höhle würde ich auch nie wieder übernachten. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, allein darin zu liegen und mich mit jeder Faser meines Körpers an seine Anwesenheit und die Dinge, die wir getan hatten, zu erinnern und mich danach zu sehnen …
    Ein letztes Mal blickte ich in den blauen Himmel auf und hoffte, dass er den Weg zurück nach Hause finden würde. Dann stand ich auf und machte mich auf den langen Weg zurück zu den Leuten, bei denen ich geboren und aufgewachsen war, und die ich noch gestern freudigen Herzens für immer verlassen wollte. Obwohl mein Herz schwer von Trauer in meiner Brust lag, begann mein Verstand wieder einzusetzen und ich nahm mir vor, unterwegs Fleisch zu besorgen. Jolaria musste wieder zu Kräften kommen. Und dazu musste ich ein letztes Mal in die Höhle, wo all meine Waffen lagen, auch wenn sich alles in mir sträubte, noch einmal dorthin zu gehen.
    Ich betrat meinen Unterschlupf mit einem wehmütigen Gefühl und glaubte, jede Sekunde müsse Drake im Höhleneingang erscheinen und mich mit seinem unvergleichlichen Lächeln begrüßen. Jegliche Blicke auf unser Schlaflag er vermeidend, raffte ich meine Schleuder, Steinmunition, Pfeil und Bogen sowie ein scharfes Messer zusammen und floh. Ich schob alle Erinnerungen in den hintersten Winkel meines Kopfes und konzentrierte mich auf die Geräusche des Waldes, um Beute aufzustöbern.
    Als ob der Himmel meinen Wunsch erhört hätte, entdeckte ich kurz darauf, knapp vor mir in einem Dickicht, einen Rehbock, der in großen Sätzen davonsprang, als er mich witterte. Ich rannte ihm blitzschnell hinterher, schwang bereits im Lauf das Band meiner Schleuder und legte einen Stein ein. Ich erwischte ihn in vollem Lauf, er brach betäubt zusammen und ich tötete ihn mit einem Stich ins Herz, um mir dann den noch warmen Kadaver um den Hals zu legen und weiterzueilen. Trotz meines Kummers war ich froh, wenigstens etwas Nahrhaftes für Jolaria mitbringen zu können und noch dazu ein frisches Fell, das ich selbst bearbeiten und ihr als Decke umlegen würde.
    Ich legte mir auch eine glaubhafte Ausrede dafür zurecht, warum ich nach mehrtägiger Abwesenheit so geringe Beute gemacht hatte.
Als die Sonne unterging, trat ich aus dem Saum des Waldes hinaus auf die Wiese vor unserem Dorf und eilte zu Jolarias Hütte. Bevor ich mich bei den anderen zurückmeldete, wollte ich nach ihr sehen. Angstvoll näherte ich mich dem Eingang und war

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