Riskante Naehe
wie ein Paket zurück zur Lichtung geschleppt wurde. Ihre einzige Hoffnung, dass Clint vielleicht entkommen wäre und sie retten würde, zerschlug sich, als sie ihn dort im Gras hocken sah. Verwundert verfolgte sie seine Imitation eines einfachen Rancharbeiters. Gerade als sie dachte, es könnte vielleicht sogar klappen, griff ihr plötzlich dieser eklige Kerl an die Brust und löste damit eine Reflexreaktion bei ihr aus.
Wenn sie darüber nachgedacht hätte, hätte sie wahrscheinlich stillgehalten, aber ihre Instinkte waren einfach zu stark. Als Folge davon pochte ihr Schädel. Sie hatte sich auf die Zunge gebissen und erkannte noch deutlicher, in welch hoffnungsloser Situation sie war. Bis Paul aufgetaucht war, hatte sie immer noch gehofft, dass sie irgendwie entkommen konnten. Aber natürlich hatte er Clint erkannt, und die Männer hatten ihn daraufhin wie einen Truthahn verschnürt. Es war schon schlimm genug, den eigenen Tod vor Augen zu haben, aber zu wissen, dass ein geliebter Mensch ebenfalls sterben würde, war noch viel schlimmer. Zu dem Schuldgefühl kam die ständig steigende Furcht, als sie hörte, was die Krieger Gottes anscheinend für sie geplant hatten.
Karen versuchte die Panik zu bekämpfen. Sie musste eine Möglichkeit finden, wie sie die Absichten der Krieger Gottes verhindern oder zumindest aufschieben konnte, bis entweder Clint sich befreite oder irgendjemand ihnen zu Hilfe kam. Wer das sein sollte, nachts, mitten im Wald, wusste sie nicht. Aber sie war nicht bereit, einfach still ihren Tod hinzunehmen.
So konzentrierte sie sich auf ihren verräterischen Ehemann. »Warum tust du das, Paul?«
Anscheinend hatte er Lust auf ein Plauderstündchen, denn er schlenderte zu ihr herüber. Der riesige Mann hielt sie immer noch umklammert, doch wenigstens bekam sie inzwischen wieder Luft. Klugerweise blieb Paul in gebührendem Abstand von ihr stehen. Wäre er näher gekommen, hätte sie ihm garantiert einen Tritt verpasst. Sie konnte sich immer noch nicht vorstellen, dass dies der Mann sein sollte, mit dem sie neun Jahre ihres Lebens verbracht hatte. War alles nur eine Lüge gewesen? Anscheinend, denn jetzt blickte er sie mit offener Verachtung und Feindseligkeit an.
»Damit ich endlich das Leben führen kann, das mir zusteht. Meine Geschäftspartner hier haben endlich das bekommen, was sie haben wollten, und daher ist es nicht mehr nötig, dass ich deinen liebenden Ehemann spiele. Wenn du dann bald tot bist, habe ich endlich meine Freiheit.«
Karen bemühte sich, ihren Schmerz zu verbergen, den seine Worte verursachten. Er klang überhaupt nicht wie der Paul, den sie damals kennengelernt hatte. Aber gab es diesen Paul überhaupt?
»Und was genau beinhaltet das Geschäft?«
Paul lachte. »Das möchtest du wohl gerne wissen, was? Aber da du sowieso nicht mehr lange zu leben hast, kann ich es dir genauso gut erzählen.« Mit der Taschenlampe leuchtete er ihr ins Gesicht. »Hörst du auch zu?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort. »Die Mitglieder der Krieger Gottes hatten ein Interesse an deiner Arbeit und sprachen mich deshalb an, als sie mich in deiner Gesellschaft sahen. Das war damals, ganz am Anfang unserer Beziehung. Sie boten mir Geld dafür, dass ich unsere Freundschaft weiter vorantrieb, um so an Informationen über deine Arbeit zu kommen.«
Karen blickte ihn verwirrt an. »Aber ich habe dir doch nie etwas erzählt!«
Pauls Mund verzog sich. »Stimmt. Du hast mich nie genug geliebt, um mir etwas über deine geheiligte und ach so wichtige Arbeit zu erzählen.«
Karen zuckte schuldbewusst zusammen. Da hatte er recht, sie hatte ihn wirklich nie richtig geliebt, und sie hätte ihm selbst dann nichts über ihre Arbeit erzählt, wenn sie es gedurft hätte.
»Aber das brauchtest du auch gar nicht. Ich habe eine andere Möglichkeit gefunden, die Informationen zu bekommen.« Hämisch lächelte er sie an. »Du willst jetzt bestimmt wissen, wie ich das gemacht habe, oder?«
Stumm nickte sie.
»Eigentlich war es sogar geradezu lächerlich einfach. Dank des tollen Timings deiner Weisheitszähne direkt nach der Fertigstellung deines Waffensystems war es überhaupt nicht schwierig, an die Informationen zu kommen. Wir brauchten nur die Betäubungsspritze ein wenig zu modifizieren, und schon hast du uns alles erzählt, was wir wissen wollten. Und der Clou daran war, dass du dich danach an überhaupt nichts mehr erinnert hast. Eigentlich hätten wir alles mit dir machen können, was wir
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