Riskante Naehe
überwältigt hätte, waren da immer noch Paul Lombard und der vierte Mann. Auch er hatte eine Pistole, genau genommen sogar zwei, denn Clints Waffe hatte er auch eingesteckt. Besorgt sah er, dass Karen sich nach dem Schlag gegen die Schläfe nicht mehr rührte. Sein erster Impuls war, sofort zu ihr zu laufen und sicherzustellen, dass es ihr gut ging. Doch er konnte nichts tun, seine Fesseln hatte er noch nicht lösen können. Hoffentlich war sie nicht ernsthaft verletzt. Mit einem gezielten Schlag gegen die Schläfe konnte man einen Menschen töten, tatsächlich hatte er selbst ihn schon mehrfach angewendet.
Verbissen versuchte er, mit seinen tauben Fingern den Gürtel so weit zu drehen, dass er an die Messerklinge kam. Ungünstigerweise war die Gürtelschnalle zu groß für die Schlaufen seiner Jeans, sodass er sämtliche Schlaufen mit der Schnalle abreißen musste. Sein Drang, Karens Angreifer zur Strecke zu bringen, war so groß, dass er verbissen weiter mit dem störrischen Stoff kämpfte. Die Angst, zu spät zu kommen, ließ Schweißperlen auf seine Stirn treten.
Jetzt konnte er sich vorstellen, wie sein Bruder Shane sich gefühlt hatte, als Autumns gewalttätiger und verrückter Exfreund sie entführt hatte. Kein Wunder, dass er losgelaufen war und nicht auf Clint gewartet hatte. Und das war richtig gewesen. Hätte Shane damals auf Clint gewartet, wären sie höchstwahrscheinlich zu spät gekommen. Selbst so hatte der Bastard ihr noch schwere Schnittverletzungen zugefügt, bevor er gestorben war. Es war erstaunlich, wie gut die beiden die ganze Tortur überstanden hatten. Er wünschte sich für Karen und sich auch solch ein Happy End. Doch bisher sah es nicht so gut aus.
Vor allem nicht, als sich Packard Karen nun ernsthaft zuwandte. »Leuchte hierher, du Idiot, nicht auf deinen dämlichen Bruder! Er ist doch selbst schuld, wenn er sich so von einer Frau übertölpeln lässt.« Der Lichtstrahl erfasste Karen. Packard ging neben ihr in die Hocke und betrachtete sie. »Ah, Dr. Lombard, Sie wollen sich doch hier nicht einfach tot stellen, oder?« Brutal ohrfeigte er sie.
Das erweckte Karen aus ihrer Ohnmacht. Sofort ging sie in Abwehrstellung, die Arme vor dem Kopf gekreuzt und die Beine an die Brust gezogen.
»Wie nett, dass Sie noch bei uns sind! Wir wollen ja schließlich noch unseren Spaß haben, bevor Sie uns verlassen.«
Anscheinend fand er das sehr erheiternd, doch Karen konnte seine Freude nicht teilen. Ihr Kopf dröhnte. Wenn sie die Augen öffnete, drehte sich alles, und ihr war übel. Wahrscheinlich hatte sie eine Gehirnerschütterung, aber das spielte jetzt keine Rolle. Sie musste weiterkämpfen, sonst waren sie beide verloren. Sie konnte nicht erkennen, ob Clint noch im Gras lag, ihr Blick war zu verschwommen. Aber diesen widerlichen Packard konnte sie neben sich sehen.
Wie bereits zuvor ging sie in Angriffsstellung: Sie streckte die Beine und trat Packard mit aller Kraft gegen die Brust. Leider war sie momentan nicht stark genug, um wirklichen Schaden anzurichten. Dafür folgte die Strafe sofort. Diesmal landete seine Hand nicht in ihrem Gesicht, sondern auf ihrer Brust, dort, wo es besonders wehtat. Vor Schmerzen fast blind, krümmte sie sich wieder zusammen.
»Oh ja, sehr viel Spaß! Ich mag es, wenn Frauen Feuer haben. Macht die ganze Sache spannender, als wenn sie einfach nur wie ein toter Fisch daliegen.«
Paul Lombard wurde die ganze Angelegenheit langsam zu widerlich. »Können wir sie nicht einfach umlegen und dann aus diesem verdammten Wald heraus?«
Unter Packards eiskaltem Blick zuckte er zusammen. »Nur Geduld, Paul, zu Ihnen kommen wir auch noch.«
Paul wusste nicht, ob er den Klang dieser Worte mochte. Am besten hielt er sich so weit wie möglich im Hintergrund und verschwand, so schnell es ging. Das hatte er ja eigentlich auch vorgehabt, als er völlig unerwartet Stimmen gehört und sich schnell im Gebüsch verkrochen hatte, während Karen und dieser SEAL in geringer Entfernung vorbeigeschlichen waren. Nach kurzem Zögern, ob er sie einfach ignorieren oder Packard Bescheid geben sollte, siegte der Wunsch, Karen und vor allem auch die Terroristen bald ein für alle Mal los zu sein. Jetzt fragte er sich, ob die Entscheidung richtig gewesen war. Noch nie hatte er Gewalttätigkeit gut vertragen, was auch der Grund dafür war, dass er es erst Profis und dann den Kriegern Gottes überlassen hatte, seine Frau zu töten. Aber er hätte nie gedacht, dass so etwas dabei
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