Riskante Naehe
sowie FBI und CIA. Die Idee, eine gemeinsame Einsatzgruppe zur Terrorbekämpfung zu gründen, war zwar sehr gut, aber die Ausführung ließ noch sehr zu wünschen übrig. Das Problem waren wie immer der gewaltige Verwaltungsapparat und die unterschiedlichen Dienstvorschriften. Das war auch einer der Gründe, warum es seiner Meinung nach überhaupt möglich gewesen war, derartige Terroranschläge auf amerikanischem Boden zu verüben. Die verschiedenen Dienststellen arbeiteten einfach nicht effektiv genug zusammen. Informationen wurden geheim gehalten und nicht weitergeleitet, die Einsatzgruppen belauerten sich gegenseitig eifersüchtig. Es wurde Zeit, daran etwas zu ändern.
Doch erst einmal wünschte er sich eine Mittagspause. Er war müde, hungrig, und es wurde für ihn immer schwieriger, den Ausführungen der Bürokraten zu lauschen, ohne in Gedanken abzuwandern. Er brauchte nicht lange, um wieder bei Shannon Hunter zu landen. Seit er vor zwei Wochen ihre erste Nachricht bekommen hatte, wartete er ungeduldig auf jede neue Mail von ihr. Nach ihrem Konflikt am Anfang verstanden sie sich jetzt richtig gut. Shannon stellte Tausende von Fragen über seine Arbeit und seine Gefühle dabei, die er mehr oder weniger langatmig beantwortete, bevor er dann seinerseits Fragen zu ihrer Arbeit als Schriftstellerin und ihrem Leben stellte. Zuerst hatte sie noch etwas zurückhaltend geantwortet, aber über die Wochen war sie aufgetaut und erzählte inzwischen Anekdoten aus ihrem Familienleben und von verschiedenen Lesungen und Autogrammstunden. Sie hatte ihn sogar einige Male geneckt. Eine 80-jährige lilahaarige Großmutter aus Florida, also wirklich! Auch jetzt noch verzog sich sein Mund zu einem Grinsen.
»Ich weiß nicht, was Sie daran so witzig finden, Captain Colter.«
Abrupt kehrte Matt in die Wirklichkeit zurück. Er wischte sich das Grinsen vom Gesicht und stand auf. »Tut mir leid, Agent Mulholland. Ich glaube, wir sollten eine Pause machen und uns dann in einer Stunde wieder hier treffen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber eine kleine Mahlzeit könnte jetzt nicht schaden.« Ein Blick in die Runde zeigte ihm zustimmendes Nicken.
Die auswärtigen Besucher wurden in die Kantine eingeladen, und schon kurze Zeit später war der Raum wie leer gefegt. Matt atmete erleichtert auf. Endlich frei! Rasch verließ er das Besprechungszimmer und ging über den Hof zu der Baracke, die als Mannschaftszentrale diente. Es waren zwar nur etwa hundert Meter, aber er war doch froh, in die klimaanlagengekühlte Zentrale zu kommen. August in Coronado war wirklich eine heiße Angelegenheit. Er lockerte den Kragen seines Uniformhemdes und ließ sich in seinen Sessel sinken.
»Wie ist es gelaufen?« Als Senior Chief war Rock zwar kein Offizier, aber er wusste doch über alle Angelegenheiten seines Teams Bescheid. Matt war sich bewusst, dass Rock keine Geduld gehabt hätte, stundenlang in einem Zimmer mit all den sich viel zu wichtig nehmenden Personen zu sitzen. Das war auch einer der Gründe, warum der Chief nie eine Offizierslaufbahn eingeschlagen hatte.
Matt schnitt eine Grimasse. »Wie zu erwarten. Ich denke, wir haben noch viel Arbeit vor uns, wenn diese Zusammenarbeit funktionieren soll.«
Rock grunzte zustimmend. »Das dachte ich mir. Wie soll das Ganze auch klappen, wenn jeder seine eigenen Bedingungen durchsetzen will und denkt, dass seine Abteilung die wichtigste ist, und alle anderen für unfähige Idioten hält?«
»Obwohl wir natürlich die Besten sind.« I-Macs Einwurf brachte alle zum Lachen.
Rock blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Viel, viel Arbeit.«
Nach einem weiteren Heiterkeitsausbruch kehrte jeder wieder an seine Arbeit zurück. Matt war heilfroh, dass er ein so gutes Team hatte. Alle verstanden sich, und in einem Einsatzfall ergänzten sich ihre individuellen Fähigkeiten zu einem homogenen Ganzen. Er war sehr gerne der Teamführer dieser Gruppe, doch auch nach all den Jahren fehlte ihm Clint immer noch. Er war nicht nur sein bester Freund gewesen, sondern auch ein hervorragender Captain. Es war wirklich ein Verlust für die SEAL-Teams gewesen, als er seinen Abschied nahm. Dadurch hatten sie vor vier Jahren zwei unersetzliche Teammitglieder in einem Monat verloren. Ghosts Tod war eine Tragödie und nicht zu verhindern gewesen, aber Clint hätte durchaus noch einige Jahre im Team bleiben können. Jetzt benutzte er seine Fähigkeiten nur noch zum Rinderfangen.
Grinsend schüttelte Matt den Kopf.
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