Riskante Naehe
suchen würde, doch sie musste das Risiko eingehen. Sie wusch sich noch einmal die Hände und ging dann in den Wartebereich ihres Fluges.
Kurze Zeit später wurden die Passagiere aufgerufen, das Flugzeug zu besteigen, und bald darauf war sie wieder in der Luft, auf dem Weg nach San Diego und zu Clint Hunter. Karen vertiefte sich die restlichen vier Stunden in ihr neues Buch. Shannons mitreißende Art zu schreiben zog sie total in ihren Bann. Sie glaubte fast, sich zusammen mit der Heldin in einem ungemütlichen Dschungel zu befinden und von einem SEAL-Team gerettet zu werden. Der einzige Unterschied zu ihren Erlebnissen in Costa Rica war, dass in dem Buch das gesamte Team mehr oder weniger heil nach Hause kam. Das lag vermutlich daran, dass Leserinnen von Liebesromanen ungern vom Tod eines ihrer Helden lasen. Oder weil es sich, wie sie vorn im Buch gelesen hatte, um eine Serie über das SEAL-Team handelte. Neugierig hatte sie auch die Biografie der Autorin gelesen. Dort stand, dass sie auf einer Ranch in Montana aufgewachsen war. Hatte Clint nicht dasselbe gesagt? Sie würde ihn fragen müssen, wenn sie ihn traf. Dann kam ihr wieder der Grund ihrer Reise in den Sinn – nein, sie hatte momentan wirklich andere Probleme.
12
Karen verließ den Flughafen San Diego mit einem Taxi. Der Fahrer hatte ihr versichert, dass es nicht weit bis zur Naval Base in Coronado sei. Höchstens eine Viertelstunde mit dem Auto. Während der kurzen Fahrt hing sie ihren Gedanken nach. Wie würde sie an Clint herankommen? Man würde sie bestimmt nicht auf den Stützpunkt lassen. Sie würde erst einmal fragen, ob sie mit ihm sprechen konnte, und wenn ihr das nicht erlaubt wurde, würde sie zur Not vor dem Ausgang ausharren, bis er herauskam oder hineinfuhr, je nachdem.
»Wir sind da.«
Sie schreckte aus ihren Gedanken auf und blickte sich um. Der Taxifahrer hatte am Straßenrand angehalten, nicht weit von dem kleinen verglasten Wachthaus zwischen der Zu- und Ausfahrt des Stützpunktes. Sie bezahlte den Fahrer und stieg aus, ihren Rucksack an sich gedrückt. Eine Nervosität überkam sie, die sie sich nicht erklären konnte. Himmel, sie war eine anerkannte Wissenschaftlerin und garantiert nicht auf den Mund gefallen! Es konnte ja nicht so schwer sein, auf den Wachtposten einer Militärbasis zuzugehen. Karen drückte ihre Schultern durch und zwang sich, langsam und gleichmäßig auf den Posten zuzugehen.
Der junge Soldat blickte ihr wachsam entgegen. Je näher sie ihm kam, desto erstaunter wurde seine Miene. »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«
Karen versuchte ein Lächeln. »Ja, in der Tat. Ich möchte zu Captain Clint Hunter, Navy-SEAL-Team 11.«
»Haben Sie einen Passierschein?«
»Nein.«
»Dann kann ich Sie auch nicht hineinlassen.« Dabei lächelte er sie entschuldigend an.
»Bitte, es ist wirklich wichtig. Könnten Sie mir wenigstens sagen, ob Captain Hunter zurzeit da ist?«
»Eigentlich nicht …«
Karen unterbrach ihn. »Bitte. Ich arbeite für das Pentagon, und es ist wirklich wichtig, dass ich ihn spreche.«
»Können Sie sich ausweisen?«
Karen kramte in ihrer Tasche. Triumphierend hielt sie ihm ihren Pentagon-Ausweis entgegen. »Hier, bitte.«
Der Soldat blickte erst auf die Plastikkarte, dann auf ihr Gesicht. Dann nickte er kurz. »In Ordnung. Warten Sie hier!«
Gehorsam blieb Karen einige Meter von dem Wachthaus entfernt stehen.
Zwei Minuten später kam der Soldat wieder. »Es tut mir leid, ein Captain Hunter taucht nicht in meinen Unterlagen auf. Sind Sie sicher, dass er hier arbeitet?«
Karens Schultern sackten nach unten. »Nein. Ich weiß, dass er vor vier Jahren SEAL-Team 11 geleitet hat und in Coronado stationiert war.« Resigniert wollte sie sich abwenden, dann kam ihr ein Gedanke. »Aber SEAL-Team 11 ist noch hier stationiert?«
»Das darf ich Ihnen eigentlich auch nicht sagen.« Karen hielt den Atem an. »Haben Sie vielleicht einen anderen Ansprechpartner im Team, den ich anrufen könnte?«
»Ja!« Karen wurde nachdenklich. »Das heißt, eigentlich weiß ich nur einen Vornamen, der Rest ist mir entfallen.«
Der Soldat beäugte noch einmal ihre Erscheinung, dann seufzte er. »In Ordnung, ich schaue noch einmal nach. Wie lautet der Name?«
Karen strahlte ihn an. »Matt. Er war XO unter Captain Hunter.«
Der Soldat ging mit ihrem Ausweis in die Hütte.
Mitten in seiner Pause klingelte das Telefon. Mit einem stummen Fluch wegen der Störung hob Matt den Hörer ab. »Colter.«
»Seaman Haynes, Sir.
Weitere Kostenlose Bücher