Riskante Versuchung
- mit Geld. Dollarscheinen. Großen Scheinen. In diesem Plastikbehälter mussten gut und gern um die zwanzigtausend Dollar sein. Vielleicht sogar noch mehr.
Welcher Mann bewahrte zwanzigtausend Dollar im Tiefkühlfach auf? Rob zahlte seine Miete immer bar. Vielleicht traute er den Banken nicht. Möglicherweise hatte er aber auch etwas zu verbergen. Sie legte das Geld zurück, und zwar genau so, wie sie es vorgefunden hatte.
Der Filterkasten der Klimaanlage befand sich im begehbaren Schlafzimmerschrank. Nervös betrat Jess das Schlafzimmer. Wenn Rob zwanzigtausend Dollar im Tiefkühler aufbewahrte, was würde sie dann erst in seinem Schlafzimmer finden?
Auch auf der Kommode standen keine persönlichen Dinge. In einer kleinen Schale lagen Münzen, aber das war auch schon alles. Das Bett war ordentlich gemacht, eine langweilige braune Tagesdecke lag darüber. Jess war enttäuscht. Sie hatte halbwegs gehofft, sie würde auf Bettwäsche mit Zebramuster oder tropischen Motiven stoßen.
Langsam schob sie die Tür zum Kleiderschrank auf.
Natürlich hatte sie nicht ernsthaft damit gerechnet, ein Skelett oder gruselige Körperteile in Robs Schrank zu finden. Doch was sie tatsächlich fand, war schrecklich gewöhnlich.
Ein Dutzend Hemden hingen dort, noch in Plastikhüllen von der Reinigung. Fünf oder sechs Hosen hingen neben den Hemden, außerdem mehrere Anzüge. Ganz hinten im Schrank stand in der Ecke ein Paar abgelaufener Wanderstiefel. Der eine war umgekippt - Chaos und Anarchie inmitten all der Sauberkeit und Ordnung!
Während Jess noch immer über das Geld nachdachte, schob sie die Kleidungsstücke zur Seite, um an den Filterkasten zu kommen. Dabei stieg ihr der Duft von Robs würziger Seife in die Nase. Unvermittelt wandte sie sich ab und durchquerte das Zimmer, um beide Fenster zu öffnen.
Draußen wehte kein Windhauch. Die Luft stand in der heißen Nachmittagssonne. Bei geöffneten Fenstern konnte sie sich jedoch wenigstens einreden, dass sie Robs unverwechselbaren männlichen Duft nicht einatmen musste.
Verdammt sei dieser Kerl dafür, dass er sie nicht begehrte - und Jess verfluchte sich selbst dafür, dass sie sich wünschte, er täte es. Dass sie sich wünschte, er würde seine wundervoll duftenden Klamotten in ihren unordentlichen, überfüllten Kleiderschrank hängen.
Wahrscheinlich war es ganz gut, dass Rob nichts von ihr wollte. Einen geheimniskrämerischen Mann mit gewalttätiger Vergangenheit, der in seinem Tiefkühler mehr Geld aufbewahrte, als sie in einem Jahr verdiente, konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen.
Sie klappte den Schraubenzieher an ihrem Taschenmesser heraus und löste rasch die Schrauben, mit dem der Metalldeckel befestigt war. Der alte Filter ließ sich leicht herausnehmen. Er war nicht allzu verschmutzt - jedenfalls nicht genug, um für den Ausfall der Anlage verantwortlich zu sein.
Jess ersetzte ihn trotzdem durch einen sauberen Filter und schraubte das Metallgitter wieder fest.
Seufzend klappte sie ihr Taschenmesser zu und verließ mit dem alten Filter in der Hand Robs Wohnung, wobei sie darauf achtete, die Tür hinter sich abzuschließen. Das Kompressorgehäuse der Klimaanlage befand sich an der einen Hausseite, nahe Kelseys Blumengarten und der Veranda der Greenes. Jess lehnte den alten Filter an die Mülltonne, stieg vorsichtig über die von der Sonne beschienenen Ringelblumen ihrer Tochter und begann, das Gehäuse des Kompressors abzuschrauben.
„Ist er kaputt, Miss Jess?“
„Hallo, Stan.“ Sie sah zu ihrem Nachbarn auf, der an dem Zaun zwischen ihren Gärten lehnte. Jess hatte schon mit ihm gerechnet, denn er tauchte nahezu jedes Mal auf, wenn sie im Garten arbeitete. „Na ja, er funktioniert nicht, das ist mal sicher.“
Sie wusste zwar nicht viel über Motoren und Kompressoren, aber dieser alte Kompressor sah absolut nicht gut aus. Er war schwarz von Schmieröl und Dreck.
„Heißer Tag heute.“
„Ja, stimmt.“ Dem Himmel sei Dank für diesen Zaun, der Stanford Greene daran hinderte, in ihren Garten zu kommen und ihr über die Schulter zu spähen.
„Wie ich hörte, sind Glückwünsche angebracht“, sagte er.
Jess schaute zu ihm auf und wischte sich in dem vergeblichen Versuch, sich dabei kein Öl ins Gesicht zu schmieren, mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. „Glückwünsche wofür?“
„Kelsey hat mir erzählt, dass Sie wieder heiraten werden.“
Sie richtete sich auf. „Sie machen Witze.“
„Sie meinte, dass Sie und Ihr neuer
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