Riskante Versuchung
Zeichen, worauf dieser ihm eine Ausgabe des Sarasota Herald reichte, die er unter den Arm geklemmt hatte. Elliot schlug die Zeitung auf und gab sie Jess.
„Serienkiller: Zahl der Opfer steigt auf fünfzehn“, verkündete die Schlagzeile.
„Ein weiteres Opfer“, sagte Elliot. „Fünfzehn Frauen. Gott allein weiß, welche Qualen sie erleiden mussten, bevor der Mörder sie umgebracht hat.“ Er hielt die Zeitung noch eine oder zwei Sekunden fest, nachdem sie danach gegriffen hatte. „Mir ist klar, dass Sie Ihren Freunden jegliche Unannehmlichkeiten ersparen wollen, Miss Baxter. Aber vergessen Sie nicht, dass jeder Tag, an dem Sie uns nicht weiterhelfen, eine weitere Frau ihr Leben kosten kann.“
„Ich will diesen Kerl schnappen“, fügte er in ruhigem, aber entschlossenem Ton hinzu. „Und ich glaube, Sie können mir dabei helfen.“
Jess starrte auf die Zeitung.
„Ich muss Sie bitten, über unser Gespräch Stillschweigen zu bewahren“, fuhr Elliot fort. „Wenn dieser Mann von unseren Ermittlungen Wind bekommt, wird er ganz sicher nicht herumsitzen und darauf warten, dass wir ihn schnappen.“
Stillschweigen? Verwirrt sah Jess Elliot an.
„Ich appelliere an Sie, niemandem von meinem Besuch zu erzählen“, sagte Elliot, und der durchdringende Blick seiner grauen Augen durchbohrte sie beinah. „Absolut niemandem. Haben Sie verstanden?“
Ja, sie hatte verstanden. „Ich habe nicht die Absicht, irgendeinen meiner Freunde zu belügen.“
„Ich bitte Sie ja auch nicht, zu lügen“, stellte Elliot klar. „Bringen Sie die Sache gar nicht erst zur Sprache.“ Erneut schlug er sein Notizbuch auf. „Ich brauche Ihre Telefonnummer. Sie stand nicht im Telefonbuch.“
„Jetzt sagen Sie nicht, das FBI bekommt solche Nummern nicht heraus“, spottete sie.
Elliot verzog keine Miene. „Selbstverständlich bekommen wir diese Nummern heraus. Aber so ist es doch viel einfacher.“
Jess nannte ihm ihre Nummer und schaute zu, wie er sie in sein Notizbuch schrieb. Er war Linkshänder, wie sie überrascht feststellte.
„Gibt es noch weitere Nummern, unter denen wir Sie erreichen können? Bei der Arbeit vielleicht?“
„Nein, ich arbeite zu Hause“, sagte sie.
„Haben Sie in nächster Zeit die Absicht, die Stadt zu verlassen?“, erkundigte er sich.
Jess zuckte die Achseln. „In den nächsten Tagen bin ich nicht für Auftritte gebucht. Aber vorsichtshalber gebe ich Ihnen die Nummer des Strandhauses meiner Eltern auf Siesta Key. Wenn ich in der Gegend einen Auftritt habe, übernachte ich dort.“
Er schrieb sich auch diese Nummer auf, klappte sein Notizbuch zu und schob es zusammen mit dem Bleistift in seine Brusttasche. Dann richtete er ein letztes Mal seine durchdringenden Augen auf Jess, ehe er zur Tür ging. „Wir bleiben in Verbindung.“
Rob fuhr fünfmal um den Block, bevor er in die Auffahrt einbog.
Es war spät, fast Mitternacht.
Nach der Arbeit war er stundenlang herumgefahren, um einen klaren Kopf zu bekommen und eine Antwort auf die Frage zu finden, was, zur Hölle, er tun sollte.
Er wusste, er sollte nicht zu Jess‘ Haus zurückkehren.
Besser wäre es, sich ein Zimmer in einem der billigen Motels an der Route 75 zu nehmen.
Er sollte der süßen Versuchung kein weiteres Mal erliegen.
Die Nacht mit Jess war unglaublich gewesen. Selbst wenn sein Leben davon abgehangen hätte, hätte er ihr nicht widerstehen können.
Nur war sein Leben wertlos. Es war ihr Leben, mit dem er spielte.
Irgendwo in der Nähe des University Boulevards hatte er beschlossen, einfach nicht mehr zurückzufahren. Vergiss deine Kleidung und die anderen Sachen in der Wohnung, sagte er sich. Er würde alles dalassen. Er würde alles zurücklassen, einschließlich seines Jobs. Er würde die Stadt verlassen. Morgen früh wäre er nichts weiter als eine schlechte Erinnerung.
Jess würde er Geld schicken, damit die Miete für den Rest des Jahres bezahlt war, und dann wäre die Sache erledigt.
Irgendwann würde sie ihn vergessen.
Und irgendwann würde er sie auch vergessen. Ja, sicher, wenn er tot war. Er machte sich nichts vor - ihr süßes Lächeln und die geheimnisvollen dunklen Augen würden ihn für den Rest seines armseligen Lebens nicht mehr loslassen.
Es war nicht fair, einfach zu verschwinden, doch es war vernünftiger.
Warum war er dann hier in ihrer Gegend gelandet und um ihr Haus gefahren? Warum bog er in ihre Auffahrt ein und stellte den Motor aus? Warum stieg er aus und ging die Holzstufen zur
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