Riskante Weihnachten
war, nahm Andi die Ankündigung nicht weiter ernst.
Mike seufzte übertrieben laut. »Dann komme ich wohl auch nicht mehr um meinen Weihnachtsbesuch bei euch herum. Außerdem ist es ganz gut, wenn einer ein Auge auf dich hat. Die Ärzte haben gesagt, dass du dich noch zwei Wochen schonen sollst, und ich werde dafür sorgen, dass du das auch tust.«
Joss stand auf und schlug Mike begeistert auf die Schulter. »Sehr schön. Wenn der ganze Familienkram zu nervig wird, treffen wir uns.«
»Perfekte Idee, hätte von mir sein können«, stimmte Mike ihm sofort zu. »Lass dein Handy an. Die Reeperbahn wäre doch eine nette Alternative.«
Andi hatte das Gefühl, sich endgültig in einem Irrenhaus zu befinden. Die Vorstellung war fast so schlimm wie der Plastiktannenbaum. »Weihnachten auf dem Kiez? Ihr spinnt ja. Verratet mir lieber, was ich verpasst habe.«
Das Lachen verschwand aus Mikes Gesicht. »Eine Reihe von Weihnachtswundern. Anders kann ich es nicht nennen. Da wären: ein Goldhändler mit beeindruckenden Verbindungen, West, ein Sergeant der Marines, der mitgedacht und uns viel Zeit gespart hat, und natürlich Admiral Rawlins, der uns eine Squad Night Stalkers geschickt hat.«
Verblüfft schüttelte Andi den Kopf. »Warum Stalkers? Warum keinen unserer eigenen Vögel? Und wie bist du an den Admiral herangekommen? Über Mark?«
Mike schnaubte nur. »Nein, ich habe ihn direkt angerufen. Und was unsere eigenen Maschinen angeht, frag besser nicht.«
Andi konnte sich ungefähr vorstellen, vor welchen Schwierigkeiten Mike gestanden hatte. Doch er sah seinem Freund an, dass das noch nicht alles war. Ehe er nachhaken konnte, stieß Joss ihn leicht an. »Nun sag ihm auch schon den Rest.«
Andi nickte. »Gute Idee. Also?«
»Na ja, mir sind gegenüber dem Standortkommandanten ein wenig die Pferde durchgegangen. Da droht noch Ärger, aber das ist schon in Ordnung.«
»Abwarten, was ich und unser Vorgesetzter dazu sagen.«
Joss nickte energisch. »Eben, und mein Chef und der Admiral haben da auch noch ein Wörtchen mitzureden. Sie haben den Einsatz verfolgt und sind begeistert, auch was deine gewählte Taktik angeht und diesen ganzen Kram.«
Mikes Wangen färbten sich rot. »Das ist vielleicht ihre Meinung, wird aber an dem Disziplinarverfahren nichts ändern.«
Andi ging auf den Punkt nicht weiter ein, aber wenn der Oberst wirklich vorhatte, das Thema durchzuziehen, würde er ihn kennenlernen.
Den dämlichen Vorhang konnten sie ebenso gut gleich abnehmen, denn dieses Mal wurde er so heftig aufgerissen, dass Andi besorgt die wackelnde Befestigung betrachtete. Wolf schob die beiden jüngeren Männer zur Seite und ließ sich so selbstverständlich wie Joss zuvor auf die Matratze fallen. Anscheinend war keinem seiner Besucher der Sinn der neben dem Bett stehenden Stühle klar. »Mensch, Andi. Endlich siehst du wieder normal aus. Du warst blass wie ein Albino, als wir dich da rausgeholt haben. Bereit für den Flug nach Hause?«
»Oder vorher noch eine Stippvisite auf einem Basar?«, schlug Joss grinsend vor.
»Wenn ihr endlich verschwinden würdet, könnte ich mich ja anziehen.«
Mike schien protestieren zu wollen, aber Andi schüttelte entschieden den Kopf. »Ich weiß nicht, was mir die Ärzte verpasst haben, aber es geht mir gut genug. Ich werde die Klinik auf eigenen Beinen verlassen. Denk nicht einmal an eine andere Möglichkeit. Sagt mir lieber, ob wir uns noch irgendwo bedanken müssen?«
Mike schüttelte den Kopf »Nein, alles erledigt, während du geschlafen hast. Dank Joss’ Hilfe sogar in der richtigen Sprache. Außerdem sind die Afghanen begeistert, weil die verdammten Verbrecher ihnen seit Ewigkeiten ein Dorn im Auge waren, und wir haben die komplette Bande erwischt. Aber dass eins klar ist: Das nächste Geschenk für Anna bestellst du im Internet.«
Erst als die Räder des Fahrwerks die Landebahn berührten, wachte Andi auf. Die Warnungen der Ärzte, dass er noch nicht wieder fit wäre, waren berechtigt gewesen, sonst hätte er kaum nahezu den ganzen Flug schlafend verbracht. Selbst die letzten neunzig Minuten von Frankfurt nach Hamburg hatte er verschlafen. Unwillkürlich tastete er nach dem Verband unter seinem Sweatshirt. Aber der saß fest, und die Schmerzen waren dank der Medikamente kaum der Rede wert. Der Arzt hatte ihm vor dem Abflug erklärt, wie viel Glück er gehabt hatte. Das Metallstück hatte lediglich eine sehr tiefe Fleischwunde verursacht, aber keine wichtigen Organe oder
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