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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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unseren Mini-Rosenkrieg, den wir seit meiner Ankunft in dieser Wohnung ausfochten, zumindest vorerst beizulegen. Wir schafften es, uns eine geschlagene halbe Stunde in normalem Tonfall und ohne uns anzuzicken, über alles Mögliche zu unterhalten, etwas, das ich noch vor weniger als zwölf Stunden für absolut undenkbar gehalten hatte.
    Als ich eine Stunde später im Bett lag, mein Handy in der Hand, um Vale über den guten Ausgang der dramatischen Ereignisse zu informieren, kam sie mir wieder einmal zuvor. Fast wie in alten Zeiten, dachte ich und schrieb: »Hier alles paletti, bin ja so froh! TVTB Angela.«
    Vorm Einschlafen, als ich den ereignisreichen Tag noch mal Revue passieren ließ, musste ich an meine nonna denken, die immer sagte: »Jedes noch so schlimme Ereignis hat immer auch einen positiven Aspekt. Man muss nur das Glück haben und ihn erkennen.«
    Ich hatte zur Abwechslung mal doppelt Glück, denn am nächsten Abend stand ein total besorgter Otto vor der Tür, der sich erkundigte, wie es mir nach dem Schrecken ging, und mich fragte, ob ich demnächst mal wieder auf einen Risotto vorbeikommen wolle.
    He, dachte ich, meint es das Leben etwa doch gut mit mir?, und sagte spontan zu.

11.
    »Buoni o cattivi«
    Passend zu meiner positiven Grundstimmung wurden im Mai die Bäume endlich grün, und ich freute mich riesig auf die vielen tollen Open-Air-Veranstaltungen, die über die ganze Stadt verteilt stattfanden und die ich mir auf keinen Fall entgehen lassen wollte. Elin hatte wie Beate damals im Zug auf dem Weg nach München mehrfach vom Sommertheater im Englischen Garten geschwärmt, bei dem eine Truppe von Laienschauspielern Jahr für Jahr in dem wunderschönen kleinen Amphitheater ein Stück aufführte. Man musste sehr früh da sein, um einen der begehrten Plätze auf den grasbewachsenen Terrassen zu ergattern, konnte sich aber mit einem reichhaltigen Picknick die Wartezeit bis zum Beginn der Vorstellung versüßen. Die Atmosphäre gefiel mir sehr gut, und spätestens als in der Pause bunte Lampions verkauft wurden, die während des zweiten Teils der Vorstellung die Zuschauerränge in orangefarbenes Licht tauchten, war ich restlos begeistert. Außerdem gab es mehrere Kinos unter freiem Himmel, unter anderem in einem Schwimmbad, und im Olympiastadion, im Brunnenhof und am Odeonsplatz fanden Konzerte statt, im Lichthof der Glyptothek wurden griechische Theaterstücke aufgeführt, und selbst bei den Opernfestspielen blieben Studenten nicht außen vor. Bei »Oper für alle« wurden auf dem Max-Joseph-Platz einige Opern aus dem Nationaltheater auf einer riesigen Leinwand übertragen – für lau sozusagen.
    Inzwischen gefiel es mir in diesem München, das ich mir vor meiner Ankunft als sibirisches Arbeitslager ausgemalt hatte, extrem gut. Immer mal wieder dachte ich an meine Startschwierigkeiten und die vielen Pannen zurück, die mir hier passiert waren, doch inzwischen überwogen mit Abstand die schönen Erinnerungen. Meine Winterdepression, als es mich vor Sehnsucht nach Vale und meiner Familie fast zerrissen hatte, war verschwunden, und im Nachhinein konnte ich mir kaum mehr vorstellen, woran und warum ich so sehr gelitten hatte. Der Telefonkontakt zwischen Vale und mir verhielt sich diametral zu meinem steigenden Wohlfühlfaktor: Zwar simsten wir noch immer regelmäßig, aber das Bedürfnis, meine beste Freundin bei jedem Problem oder jeder Gelegenheit sofort anzurufen, war so gut wie verschwunden.
    Das lag nicht zuletzt daran, dass ich hier so viele nette Menschen kennengelernt hatte und mich in der WG inzwischen pudelwohl fühlte. Die M&Ms waren zwei echte Schätze, selbst der Waffenstillstand mit Friedrich hielt an, und wir schafften es, einander zu tolerieren – wenn auch zuweilen noch mit gegenseitiger Todesverachtung. Er duldete, mit Sicherheit zähneknirschend, die Tatsache, dass ich den Eiskratzer nach dem Duschen immer noch nicht benutzte, während ich mich an den Milbenstaubsauger und die abgezählten Joghurts im Kühlschrank gewöhnt hatte.
    Jan hatte ich immer noch nicht getroffen, aber seit dem Erlebnis mit Andreas ab und zu mit ihm telefoniert. Die Gespräche wurden mit jedem Mal länger, und vor allem wenn er von seinen archäologischen Studien berichtete, hätte ich ihm stundenlang zuhören können. Er wusste wahnsinnig viel, ging damit jedoch nicht hausieren, sondern verstand es, unterhaltend und witzig zu erzählen. Nicht nur aufgrund meiner krankhaften Neugier, sondern weil ich ihn

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