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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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darin, Probleme durch konsequentes Aussitzen aus der Welt zu schaffen, und habe mich bisher von der geringen Erfolgsquote auch noch nicht eines Besseren belehren lassen. Doch wer tut schon immerzu brav das, was er dringend tun sollte? Die Deutschen vielleicht, aber ich ganz bestimmt nicht. Unter Druck verfalle ich grundsätzlich erst einmal in Angststarre, und das Wörtchen »müssen« löst in mir einen allergischen Schock aus, dem nicht mal mit Hypersensibilisierung oder hochdosierten Cortisongaben beizukommen ist.
    Da ich nichts weiter gesagt hatte, fügte er noch schnell hinzu: »Wenn du willst, komme ich mit und unterstütze dich.« Das war wieder ganz der Otto, den ich kannte, auch wenn er mich gerade ein bisschen zu besorgt musterte.
    »Danke, das schaffe ich schon. Ich werde Signor Colluti nächste Woche kurz besuchen. Mal sehen, was er meint.«
    »Wie bist du überhaupt mit Jan verblieben?«, fragte er weiter nach, als hätte er mich noch nicht genug gequält. »Musst du für das Zimmer denn nichts zahlen?«
    Was war denn mit dem heute los? War heute der Tag der Altruisten? Oder arbeitete Otto da irgendeinen Vater- oder Großer-Bruder-Komplex an mir ab? Erbost legte ich die Fingerspitzen aneinander und schüttelte die Hand, dass meine Bettelarmbänder nur so klirrten. »Ma che vuoi?« , brauste ich auf. »Was willst du von mir? Ich bin alt genug und kann mich alleine um meinen Kram kümmern.«
    Kaum gesagt, tat’s mir auch schon wieder leid, weil ich wusste, dass er es im Grunde nur gut meinte. Aber wie sagen die Deutschen immer so schön? Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Da ist was dran!
    »Nein, bisher zahle ich nichts«, schob ich in deutlich versöhnlicherem Tonfall hinterher. »Jan wollte vorbeikommen und alles mit mir bereden, aber er hat sich noch nicht wieder gemeldet. Ehrlich gesagt war ich einfach nur froh und hab mich nicht weiter darum gekümmert.«
    Da klingelte mein Handy, ich stand schnell auf und angelte in der Hosentasche meiner DKNY-Jeans danach. Nachdem ich mit einem erschrockenen Blick aufs Display festgestellt hatte, dass es Ben war, drückte ich das Gespräch weg. Verlegen lächelte ich Otto an, während ich das Telefon wieder verschwinden ließ. Je lockerer ich wirken wollte, desto verkrampfter wurde ich auf einmal, und als er mich fragend ansah, war’s mit meiner Beherrschung vorbei, und mir traten Tränen in die Augen.
    Ich hatte mich noch nicht wieder hingesetzt, da ertönte noch einmal die Titelmelodie von Diabolik, meiner Lieblingsserie im italienischen Fernsehen.
    »Willst du denn nicht rangehen?«, fragte Otto.
    Ich schüttelte nur stumm den Kopf und versuchte, die Tränen wegzublinzeln, ohne dass die Wimperntusche komplett verlief. Ich sah sicher ohnehin schon schlimm genug aus. »Danke für das leckere Essen«, sagte ich und wandte mich zum Gehen.
    Otto sprang ebenfalls von seinem Stuhl auf und stand auf einmal so dicht vor mir, dass mir ganz schwindlig wurde. Er roch nach Le Male von Gaultier, nach Sicherheit und nach Geborgenheit, und am liebsten hätte ich mich einfach gegen ihn sinken lassen. Etwa eine halbe Minute lang blieben wir so stehen, ohne etwas zu sagen oder zu tun, dann griff ich nach der Türklinke.
    »Was ist denn los?«, fragte Otto. »Ist was Schlimmes passiert?«
    »Nein – doch. Ach, die Sache ist kompliziert«, sagte ich ausweichend.
    Sanft fasste er mich an den Schultern und drückte mich auf den Küchenstuhl zurück, ehe er mir einen doppelten Grappa einschenkte. Als mein Handy zum dritten Mal klingelte, nahm er es mir einfach aus der Hand und schaltete es aus, ehe er es mir zurückgab. »Erzähl«, sagte er und hielt mir das Schnapsglas hin.
    Anfangs wollte ich nicht, aber dann sprudelte die ganze Geschichte mit Ben nur so aus mir heraus. Ich redete und weinte und weinte und redete, und Otto saß die ganze Zeit über da, hörte mir zu, streichelte mir über den Arm und reichte mir neue Taschentücher. Es tat so unendlich gut, dass er mich einfach erzählen ließ, ohne die Ereignisse zu kommentieren oder mir irgendwelche Ratschläge zu geben, und ich war sehr froh, ihn als Freund zu haben.
    Nachdem ich geendet hatte, saßen wir noch eine ganze Weile stumm da, ein jeder in seine Gedanken versunken. Dann nahm er mich ganz vorsichtig in den Arm, so als wäre er nicht sicher, ob ich das überhaupt wollte, und sagte: »Komm, geh rüber und leg dich ins Bett. Morgen kannst du wieder lachen.«
    »Danke«, sagte ich ungewohnt kleinlaut, stand

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