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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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lass ihn eine Weile schmoren. Mach dich rar, geh viel mit anderen weg und vertröste ihn ein paarmal hintereinander. Dann merkst du, ob er ernsthaft Interesse an dir hat«, riet sie mir schließlich.
    »Meinst du?« Ich war mir nicht sicher, ob das die richtige Strategie war.
    »Doch, doch! So läuft der Hase, glaub mir. Außerdem bist du Italienerin. Du willst erobert werden, capito ?« Ich sah sie regelrecht gestikulieren am anderen Ende der Leitung.
    »Will ich das? Wirklich?«
    »Ma certo!« , rief sie und zerstreute alle meine Zweifel auf der Stelle. »Na klar! Und wenn er die Rechnung zahlt, wovon wir jetzt einfach mal ausgehen, obwohl er Deutscher ist, dann lass dich von ihm zum Essen ausführen«, sagte sie in ihrer typisch pragmatischen Art. »Such dir das teuerste Restaurant in ganz München aus, mach ihm den ganzen Abend schöne Augen und Hoffnungen, und dann lass ihn einfach stehen. Der kann ruhig ein bisschen bluten.«
    »Geht klar«, erwiderte ich und erwärmte mich allmählich für Vales Vorschläge. Auf einmal war auch meine gute Laune wiederhergestellt. »Ich freu mich jetzt schon auf sein belämmertes Gesicht.«
    Wir quatschten noch ein bisschen über unsere Freunde in Riccione, und sie erzählte mir die neuesten Storys, damit ich wieder im Bilde war. Nachdem ich sie gebeten hatte, alle von mir zu grüßen und ihnen zu sagen, dass ich über Weihnachten und vielleicht sogar Silvester nach Hause kommen würde, legten wir auf.
    Ich ging zur Fensterbank hinüber, wo ich den Rosenstrauß abgestellt hatte, und roch mit geschlossenen Augen daran. Selbst die M&Ms waren schwer begeistert von dem üppigen Strauß und hatten spontan ihre beste Vase dafür rausgerückt. Männer, die so schöne Blumen schenken können, gibt es wahrlich nicht viele, schon gar nicht hier in Deutschland.
    »Du darfst mir gerne noch ein paar davon mitbringen, bevor du mich wiedersiehst, Ben«, murmelte ich und beschloss, heute etwas früher ins Bett zu gehen, da ich an diesem Tag wahrlich genug erlebt hatte. Das reichte ja für drei!
    Die Tage vergingen, und ehe ich mich auch nur annähernd um meine Baustellen hatte kümmern können, war die Stadt in ein vorweihnachtliches Lichtermeer getaucht. Zwar war die Via Dante in Riccione inzwischen sicher ebenfalls mit Lichterketten geschmückt und die Schaufenster der Geschäfte waren weihnachtlich dekoriert, aber der Schnee, der wie bestellt am ersten Adventswochenende fiel, die unzähligen Weihnachtsmärkte, die in der ganzen Stadt verteilt waren und an denen ich mich nicht sattsehen konnte, die Eisbahn, auf der am Karlsplatz die Leute ausgelassen ihre Runden drehten, und der Duft nach Esskastanien, Zimt und Glühwein, der in der Luft lag, machten die Vorweihnachtszeit in Deutschland zu etwas Besonderem.
    Überall hängten die Menschen Lichterketten auf, in ihren Fenstern, an den Balkongeländern, im Garten. Sogar einen riesigen Rentierschlitten mit Santa Claus entdeckte ich in einem Vorgarten und konnte mich kaum von dem Anblick losreißen. Als ich die vielen Adventskränze in den Blumenläden und Supermärkten zum ersten Mal sah, hielt ich sie zunächst für Friedhofsgestecke, bis Beate mich amüsiert aufklärte. Die Idee, an jedem Adventssonntag eine Kerze mehr anzuzünden und auf das große Fest zu warten, gefiel mir extrem gut. Ungefähr so gut wie die geniale, wenngleich teuflische Idee, Schokolade in allen Größen und Formen in Plastikmulden hinter eingestanzten Papptürchen zu verstecken, von denen man dann jeden Tag eins öffnen durfte, um sich die Wartezeit auf Weihnachten zu verkürzen. Sachen gab’s hier …
    Allerdings hatte ich den Eindruck, dass die Deutschen es sich mit allen Mitteln der Kunst – und vermutlich viel Geld – zwar schön machten, um ihre berühmt-berüchtigte Gemütlichkeit auszuleben, dass es aber mit der Umsetzung ein bisschen haperte. Je länger die Schlangen vor den Kassen und an den Weihnachtsmarktständen wurden, desto rauer wurde auch der Umgangston. Die Menschen hasteten mit verkniffenen Lippen hektisch durch die Fußgängerzone, die Autofahrer überholten und schnitten einander noch aggressiver als sonst, was kaum möglich war, und ich bekam mehr als einmal auf dem Weg ins Kaufhaus eine Tür an den Kopf, weil ich in meiner grenzenlosen Naivität davon ausgegangen war, dass der Mensch vor mir die halbe Sekunde Zeit hatte, um sie mir aufzuhalten.
    Die Supermärkte quollen ohnehin schon seit Ende September über von Lebkuchen, Printen,

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