Risotto Mit Otto
damit ja keine auf die Idee kam nachzufragen. »Manchmal wird aber auch den Männern übel mitgespielt. Habt ihr schon mal von dem Araber gehört, der wegen eines falschen Fotos sogar seine Ehe annullieren lassen wollte?«
Allgemeines Kopfschütteln.
»Der arme Kerl hatte seine Zukünftige immer nur mit Burka gesehen und konnte nichts als die Augen erkennen, und als er seine Braut nach der Hochzeit auspacken durfte, hatte sie einen Damenbart und kaum Zähne im Mund. Die Schwiegereltern in spe hatten ihm einfach ein Foto von ihrer hübschen jüngeren Schwester gezeigt.«
»Echt fies«, sagte Elin fast schon mitleidig. »Aber ich selbst hab auch schon mal einen echten Knüller erlebt. Ich hab mich abends mit ’nem Typen auf einen Kaffee getroffen. Leider eine totale Niete, Typ Realschullehrer. Ich bin mir vorgekommen wie beim Vorstellungsgespräch. Rauchst du? Nimmst du Drogen? Welche Partei wählst du? Ich dachte, ich hör nicht recht. Als es ans Zahlen ging, hab ich gemerkt, dass ich mein Portemonnaie vergessen hatte. Es war mir superpeinlich, als ich ihn bitten musste, für mich mitzuzahlen. Und was glaubt ihr, was diese Obergranate getan hat?«
»Keine Ahnung, nun sag schon!«, rief Simone und schob sich einen Löffel von dem Tiramisu in den Mund, das ich gemacht hatte.
Auch wir anderen waren gespannt auf die Antwort und sahen Elin erwartungsvoll an.
»Er hat sich meinen Perso zeigen lassen, sich die Nummer aufgeschrieben und mir anschließend einen Zettel mit seiner Kontonummer zugeschoben. Ich solle ihm die 3,20 Euro für den Cappuccino doch bitte überweisen.«
»Was?« – »Wie?« – »Spinnt der denn?« Alle redeten durcheinander.
»Das kommt davon«, sagte ich, um Elin zu foppen, und zwinkerte ihr zu, »wenn man abends Cappuccino trinkt. In Italien wäre dir das nicht passiert.«
Jetzt brüllten erst recht alle los, und es hagelte Schimpftiraden auf die italienischen Machos. Wir lachten und überboten uns gegenseitig mit abstrusen Geschichten.
Ich war total begeistert von unserer geselligen Runde, und zum ersten Mal, seit ich in Deutschland war, empfand ich so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl, fühlte ich mich in compagnia . Italiener unternehmen nur ungern etwas zu zweit oder gar allein, weil das oft nur halb so viel oder gar keinen Spaß macht. Wenn man an einem Samstagabend nicht mindestens zu zehnt unterwegs ist und alle durcheinanderquatschen, während man am Treffpunkt aufeinander wartet, stimmt etwas nicht. Oft war es sogar so, wenn Vale und ich uns am Wochenende mit unseren Freunden trafen, dass die ersten zwischendurch schon wieder gingen, um noch schnell was zu erledigen, bis die letzten kamen, die dann wieder auf die ersten warten mussten. Bis sich alle geeinigt hatten, ob man nun eine Pizza essen oder doch lieber zum Mexikaner oder Chinesen gehen wollte, war meist der halbe Abend rum, und allen hing schon der Magen in der Kniekehle. Aber das gehört nun mal dazu, und keiner von uns hat dieses System je hinterfragt.
In Deutschland treffen sich vor allem Frauen am liebsten mit ihrer besten Freundin und unternehmen was zu zweit, um mal wieder so richtig quatschen und Probleme besprechen zu können. Ich finde, dazu muss man nicht vor die Tür gehen und sich in eine Kneipe hocken, wo andere Leute ausgelassen sein und Spaß haben wollen, das kann man viel besser zu Hause oder am Telefon erledigen. Ich fragte mich ohnehin, wozu die Deutschen ihre Handys hatten. Um sie als MP3-Player zu missbrauchen? Handys sind zum Telefonieren da! Oder womit sollen die armen Telefonanbieter ihr Geld verdienen? Per Telefon kann man Problemgespräche doch wunderbar nebenbei erledigen, etwa in der S-Bahn, in der Schlange beim Bäcker, im Zug oder beim Einkaufen im Supermarkt.
Da Isabelle und Beate mich regelmäßig zu allen möglichen Partys mitschleppten, zu denen sie so eingeladen waren, hatte ich schon an so mancher nächtlichen Gruppendiskussion teilgenommen, wenn auch nur als stumme Zuhörerin. Sobald ich nämlich mehr als einen Mojito intus hatte, was in solchen Situationen durchaus vorkam, war ich nicht mehr in der Lage mitzudiskutieren. Am liebsten hätte ich dann einfach eine CD von Green Day eingelegt und die Musik so laut gedreht, dass den Leuten gar nichts anderes übrigblieb, als zu tanzen. Obwohl: Es gab da ja noch das Problem mit den deutschen Hüften.
Um die Stimmung ein bisschen anzuheizen und das Partyvolk aufzumischen, scrollte ich mich durch Isabelles iPod, wählte ein paar fetzige
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