Risotto Mit Otto
Dose Prosecco und besiegelte unsere Brüderschaft mit einem laut schmatzenden Kuss.
Danach standen wir uns gegenüber, als könnten wir nicht bis drei zählen. Ich sah ihn an, er sah mich an. Bis direkt neben meinem Ohr ein Böller explodierte und ich laut aufschrie.
»Ist dir was passiert?«, fragte Otto sofort besorgt und sah sich nach dem Übeltäter um.
»Nein, alles okay, ich habe mich nur erschrocken. Ich …«
Weiter kam ich nicht, denn Tobi packte Otto am Arm und zog ihn mit sich weg. »Los, die anderen warten«, sagte er. Mein neuer Bruder ließ sich verdattert abführen und winkte mir nur noch kurz über die Schulter zu. Dann war er in der Menge verschwunden.
Was bitteschön war das?, dachte ich. Doch jetzt war ganz bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, um über Otto und mich nachzudenken. Schließlich gab es da auch noch Ben. Den tollen Ben. Den verheirateten Ben. Den Ben, der jetzt wahrscheinlich gerade mit seiner Frau, mit der er angeblich nur noch auf dem Papier verbandelt war, ins neue Jahr rutschte.
Hoffentlich rutschte sie aus und brach sich ein Bein! Oder doch lieber er? Oder beide? Ich beschloss, die Entscheidung hinsichtlich meiner unfrohen Wünsche zu vertagen.
Mit diesem für mich ungewohnt herzlichen Wunsch auf den Lippen wandte ich mich endlich meinen Raketen zu und schoss mit ihnen all meine Sorgen und negativen Gedanken in die Luft.
Nach etwa einer halben Stunde hatte ich mein komplettes Sortiment in den sternenklaren Nachthimmel gejagt und war so durchgefroren, dass ich bibbernd von einem Bein aufs andere trat. Ich entdeckte die anderen ein paar Meter von mir entfernt, wo sie mit einer Gruppe Studenten zusammenstanden und sich ausgelassen unterhielten.
Da auch unsere Getränkevorräte restlos aufgebraucht waren, machten wir uns auf den Nachhauseweg und nahmen unsere neuen Freunde gleich mit, damit die Bude richtig voll wurde. Ich telefonierte noch kurz mit meinen Eltern und den Zwillingen, doch es war so laut und die Verbindung war so schlecht, dass ich sie kaum verstand, weshalb ich das Gespräch bald beendete – auch damit ich gar nicht erst sentimental werden konnte. Nachdem wir uns mit einem Riesentopf Mitternachtssuppe gestärkt hatten, läutete Isabelle die Schnapsrunde ein, und ab da gab’s kein Halten mehr. Um halb acht wankte ich sturzbetrunken nach drüben und legte mich mal wieder in voller Montur aufs Bett, wo ich einschlief, noch ehe mein schwankender Körper das Laken berührte.
Als ich knapp drei Stunden später aufwachte, war mir speiübel. Ich war hundemüde und hätte noch stundenlang weiterschlafen können, dennoch schlug ich, ohne es zu wollen, die Augen auf. Weil ich wachgestarrt worden war.
Dieses Gefühl kann man nicht richtig erklären, es entsteht ganz allmählich und in einem Moment, in dem man noch nicht ganz Herr seiner Sinne ist. Langsam, aber beständig schleicht sich der Gedanke ins Bewusstsein, dass man beobachtet wird, bis man sich schließlich so unwohl fühlt, dass man davon wach wird.
Zu meinem Entsetzen bestätigte sich mein Verdacht, denn keine anderthalb Zentimeter von meiner Nase entfernt starrte ich in zwei hellgrüne Augen, die mich auffordernd musterten. »Gib mir Futter«, stand darin geschrieben, das erkannte ich selbst im Halbschlaf. Eine halbe Minute länger dauerte es, bis ich realisiert hatte, in wessen Pupillen ich da starrte, und als es mir klarwurde, fuhr ich mit einem Aufschrei hoch, nicht ohne mir sofort den schmerzenden Schädel zu halten.
»Joe, du Mistvieh!«
Die gut sechseinhalb Kilo Lebendgewicht, die bis zu diesem Moment auf meiner Brust gethront und mir die Luft zum Atmen genommen hatten, flogen in hohem Bogen und unter lautem Protestgeschrei durch den Raum. Kaum sicher auf allen vieren gelandet, drehte sich der Kater um und sprang mit Anlauf erneut auf mein Bett. Diesmal mitten in meinen Unterbauch, was ich mit einem schmerzerfüllten Stöhnen kommentierte. Noch ehe ich ihn erneut beiseitewischen konnte, fing Joe Kugel an zu schnurren und mir mit in freudiger Erwartung aufgerichtetem Schwanz abwechselnd mit den Vorderpfoten in den Bauch zu treten. Ja war denn jetzt alles zu spät?
»Vai via« , brüllte ich, »geh weg!« Dabei versuchte ich, ihn mit Nachdruck von mir herunterzuschieben. Vergeblich.
Mit seinem kompletten Gewicht stemmte sich der kleine Mistkerl gegen meine Hand, wobei er in eine bedenkliche Schieflage geriet. »Miau«, sagte er mit Nachdruck. Dazu der unverändert auffordernde Blick.
Mit
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