Risotto Mit Otto
es die Deutschen nicht so, vor allem nicht beim Essen. Im Gegensatz zu mir und meinen italienischen Landsleuten, die wir problemlos mehrere Stunden mit dem Verzehr einer einzigen Mahlzeit verbringen können, essen sie lieber schnell – und vor allem viel. Am liebsten ist ihnen, wenn das Schnitzel im Restaurant über den Tellerrand hängt und unter einem Berg Pommes frites, der mit der Zugspitze um den Rang des höchsten Berges im Land konkurrieren könnte, begraben ist – am besten unter knapp drei Litern Ketchup, ohne den hier so gut wie gar nichts geht.
Otto muss eine extrem seltene Ausnahme sein, dachte ich. Er konnte wirklich hervorragend kochen und war immer mit viel Hingabe bei der Sache. Nicht wenige Deutsche schlingen ihr Essen nämlich herunter, als winke dem, der als Erster fertig ist, ein Preisgeld in Millionenhöhe. Seltsamerweise würden die meisten von ihnen einen Großteil des gewonnenen Geldes stante pede in eine supermodern und mit allen Schikanen ausgestattete Einbauküche investieren. Eine supermoderne und mit allen Schikanen ausgestattete Küche, um darin Fertiggerichte von Feinkost Aldi und Co. in der Mikrowelle aufzuwärmen.
Viel Zeit zum Wundern blieb mir diesmal jedoch nicht, denn Elin schob mir einen Berg Zucchini, Auberginen, Paprika und Pilze zu und befahl: »Kleinschnippeln!«
»Wird gemacht!« Ich konnte dieses seltsame Wort mit den vielen Konsonanten nur schwer aussprechen, aber von der Umsetzung hielt mich das ja zum Glück nicht ab. Wir drehten die Musik schon mal voll auf, öffneten die erste Flasche Prosecco und wirbelten ausgelassen durch die Küche. Die Vorbereitungen gingen nahtlos in die Party über, und ehe ich mich versah, war es zehn Uhr, und wir saßen satt und mit glühenden Wangen um den Tisch. Es dauerte nicht lange, und wir kamen auf Männer und Dating zu sprechen. Beate, nach wie vor auf der Suche, war total begeistert von einem Münchner Online-Portal, über das sie schon viele nette Leute kennengelernt hatte, und schwärmte von ihrer jüngsten Eroberung, einem Musiker, mit dem sie seit einer Weile hin und her mailte und den sie demnächst treffen wollte.
»Ich halte da ja gar nichts von«, schaltete Elin sich ein. »Im Internet kannst du alles von dir behaupten. Da wird bestimmt gelogen, dass sich die Balken biegen.«
»Jetzt seid doch nicht so misstrauisch. Das sind sicher Einzelfälle, so sind doch nicht alle. Ein bisschen was muss man schon wagen«, hielt Beate dagegen, »sonst kann man sich gleich zu Hause einschließen und warten, bis man vermodert.«
Das war Simones Stichwort. »Pah«, sagte sie und strich sich die langen blonden Haare zurück, »lieber vermodere ich, als mich wochenlang an der Nase rumführen zu lassen. Wie oft hat man schon gehört, dass Leute sich deutlich jünger machen oder uralte Fotos verwenden, um ihre Marktchancen zu erhöhen.«
Beate nickte. »Eine Bekannte von mir ist mal über hundert Kilometer zu einem Treffen gefahren, nur um festzustellen, dass der Typ ihr ein Foto von seinem besten Kumpel gemailt hatte, weil er total übergewichtig war. Als sie sauer wurde, meinte er nur, sie solle sich nicht so anstellen; wenn er sich in sie verliebe, würde er sicher bald abnehmen.«
»So ein Idiot«, meinte Isabelle empört. »Dem hätte ich ja mal die Meinung gegeigt.«
»Männer sind eben Schweine!« Elin nickte, um ihre Aussage zu bekräftigen, und leerte ihr Proseccoglas. »Einer Freundin von mir ist auch schon mal so richtig fies reingefallen. Sie hat einen total tollen Typen kennengelernt, der einfach nur perfekt war: großzügig, romantisch, zärtlich, vermögend. Er lädt sie zu einem romantischen Wochenende nach Wien ein, mit allem Schnickschnack«, sie grinste, »inklusive sensationellem Sex natürlich.«
»Wow«, meinte Isabelle, »klingt erst mal gut, erzähl weiter.«
Elin machte eine Kunstpause. »Na ja«, meinte sie dann, »er hatte nur leider vergessen zu erwähnen, dass er seit drei Monaten verheiratet war und seine Frau Zwillinge erwartete, weswegen sie vorletzte Woche in ein Doppelhaus mit Garten umgezogen waren und einen Sharan gekauft hatten.«
»Ach«, sagte Simone nur und zuckte teilnahmslos die Achseln. »VW ist eh eine uncoole Marke.«
Beate, die neben mir saß, warf mir einen vielsagenden Blick zu und flüsterte nur: »Hieß der etwa Ben?«
Ich legte den Zeigefinger an die Lippen und sah sie beschwörend an. Wehe, sie breitete hier meine Story aus. Schnell gab ich ebenfalls eine Geschichte zum Besten,
Weitere Kostenlose Bücher