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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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enorme Menge von Groschenheftchen mit sich herumschleppte, alle schon ziemlich zerlesen. Ich bat ihn, sie mir anschauen zu dürfen; es war ein überraschend großer Stapel für einen so kleinen Schulranzen, lauter Horrormagazine der schaurigsten Art: DER GRABMENSCH, KUNG FU, EISKALTE THRILLER, DIE PHANTASTISCHEN VIER und wie sie alle hießen.
    Wir blätterten zusammen darin herum. Es war richtig interessant.
    – Warum lest ihr sowas?
    Das konnten sie nicht erklären.
    Ich glaube fast, ich könnte es erklären. Es ist die vage summende Angst der Vorpubertät, die sich irgendwo verdichten muß. Sie sucht Kristallisationspunkte. Man könnte es das Horroralter nennen. So saßen wir da, während die Uhr tickte, und redeten über Gespenster und dänische Torfmoorleichen und über die mögliche Existenz von schrecklichen Monstern auf fremden Planeten, bis der Hund zu jaulen begann, weil er so nötig pinkeln mußte, und ich merkte, daß ich meine gewohnte Essenszeit verpaßt hatte.
    Sie waren sehr glücklich, glaube ich. Bevor sie gingen, versprachen sie, bald wiederzukommen. Und ich versprach ihnen, daß ich bis dahin eine viel bessere Horrorgeschichte für sie erfinden würde, als diese jämmerlichen kommerziellen Heftchen sie bieten.
    Diese kleinen Burschen haben mich irgendwie aufgemuntert. Sie haben mich an mich selbst erinnert. Außerdem frage ich mich allmählich, ob es nicht ein übereilter Entschluß war, als Lehrer aufzuhören. Aber erstens ist es nicht besonders lustig, jeden Wintermorgen um sechs Uhr aufzustehen und zu versuchen, den Wagen zu starten, und zweitens ist es reichlich spät, um jetzt noch darüber nachzudenken.
    (Das gelbe Buch III:1–4)

 
     
     
    Die große Orgel auf der Insel OG
     
    Bisher ist folgendes geschehen: Die Bruderschaft auf dem Festland von Tinth hat Dick Roger in einem Boot zu den Nebelinseln geschickt. Diese werden seit über einem Jahr von dem bösen Zauberkaiser Ming beherrscht, obwohl alle geglaubt hatten, er sei in Flammen und Rauch untergegangen, als sein schwarzer Turm am Ende der letzten Geschichte in ein von ihm selbst geschaffenes Loch im Universum stürzte. Nun sind Schiffe in der Meerenge bei Tinth verschwunden, ein düsterer, unnatürlicher Nebel hüllt die Inseln ein, und die Bruderschaft fürchtet, daß die Nichte des Großmeisters, die schöne Diana Din, die kürzlich von einigen furchterregenden, schwarzgekleideten Männern mit Ledermasken entführt worden ist, möglicherweise dort gefangengehalten wird.
    Auf einer der entlegensten Inseln findet Dick Roger zwei zu Tode verängstigte finnische Seeleute, deren Schiff mitten in einer Windstille von einem eigentümlichen Zyklon in die Luft gewirbelt worden ist. Er versorgt sie mit Essen und mit trockenen Strümpfen. Die Matrosen haben schreckliche Dinge zu berichten.
    Ming hält die Inseln mit der Hilfe seiner unmenschlichen Helfershelfer besetzt. Alle Flüchtlinge haben berichtet, sie seien unbesiegbar und besäßen übernatürliche Kräfte; wahrscheinlich sind es Dämonen. Die Inseln selbst sind in einen magischen Nebel gehüllt.
    Vermutlich hält er Diana Din in seinen unterirdischen Sälen gefangen, wo er seine jüngste, grauenhafte Erfindung vorbereitet: eine riesige Orgel, die mit eigenartigen hochfrequenten Tönen die Psyche der Menschen beeinflussen und ihnen vor allem durch elektromagnetische Schwingungen selbst über große Entfernungen hinweg Schmerzen zufügen kann.
    In einem Häuschen auf einer kleinen Felseninsel kurz vor der Küste finden Dick Roger und seine Begleiter einen sonderbaren, weißbärtigen alten Mann namens Sigismund, der behauptet, ein unfehlbares Heilmittel gegen die schrecklichen Wirkungen der Riesenorgel zu besitzen.
    Das Heilmittel ist mit einer magischen Schlange verknüpft, und der Alte besteht hartnäckig darauf, sie in einem Tonkrug mitzunehmen.
    Nach einem gewaltigen Sturm gelangen die Seefahrer zu der nebelumwobenen Küste von OG.
     
    Obwohl jetzt schon längst Vormittag sein mußte, herrschte noch immer tiefe Dunkelheit. Zwischen den Nebelschleiern, die sich ständig unruhig hin und her bewegten, als seien sie lebendige Wesen, tauchten hohe schwarze Uferklippen auf. Über ihren Kamm zog ein endloser Strom von niedrig und rasch dahinfliegenden Wolken – wie eine Heerschar, dachte Dick, eine Heerschar von ruhelosen Geistern.
    Die Brecher flachten jetzt langsam ab. Der Sturm, der in der Nacht so heftig getobt hatte, ging allmählich in eine Dünung über.
    Er blickte für einen

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