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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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verkauft hatte. A lle A nspannung schien von ihm abgefallen zu sein. Rita schüttelte immer wieder den Kopf.
    »Ich glaub das alles nicht, Karl …«
    »Schon gut, Rita. Ich hab’s für uns getan, mein kleiner Schmetterling. W ir wickeln geschwind den Konkurs ab und dann nichts wie weg. Die Scheidung ist schon beim A nwalt, da kann die Karin dann schauen, wie sie hier die First Lady spielt! Das ist alles schon so gut wie in trockenen T üchern.«
    Zwerger stand auf, um Rita in den A rm zu nehmen. Rita schob ihn sanft von sich.
    »Das ist Beschiss, Karl! Und sag bitte nicht immer Schmetterling zu mir.«
    Zwerger nickte.
    »Rita, klar, mein Schatz. A ber was ist schon ein klitzekleiner Beschiss gegen die Liebe?! W ir zwei müssen nur zusammenhalten. Dann kann gar nichts passieren.«
    Rita schüttelte den Kopf.
    »Du kannst doch gar nicht pleite sein!«
    Zwerger lachte, nahm einen tiefen Zug aus der Zigarre und holte ein paar A ktenordner aus dem Schrank.
    »Schau her: Das Grundstück ist längst weg, mir gehört da nichts mehr offiziell. Nur Bargeld, auf einem sicheren Konto. Genug für einen neuen A nfang.«
    »Anfang … A nfang von was?«
    »Ein A nfang für uns! Irgendwo. Mallorca, tät ich sagen … ich hab da schon was in A ussicht … Baubranche, da unten boomt es. Und endlich Schluss mit der Heimlichtuerei! Ein Leben in der Sonne statt im Kies, ohne die Lügerei und das ewige V ersteckspiel. Den Porsche nehmen wir mit. Rita, seien wir doch ehrlich: Da ist einfach mehr zwischen uns als nur ein bisschen Spaß im Büro und in Hotels auf Geschäftsreisen. Unsere Liebe hat einen neuen A nfang verdient.«
    »Einen A nfang mit einem getürkten Konkurs.«
    »Das ist genau das, was ich an dir so mag: deine Ehrlichkeit. Du bist so gnadenlos, dich kann man nur lieben, mein Schmetterling!«
    Zwerger nahm eine Flasche Dom Perignon aus dem Kühlschrank, ließ den Korken an die Decke des Büros knallen, von wo er abprallte und im Fach für »offene Rechnungen« landete. Zwerger goss zwei Gläser ein, stieß mit Rita an und nahm sie in den A rm. Das hatte fast schon wieder Stil, und Rita ließ es geschehen. Es war ja fast rührend, dachte sie, was er da alles angezettelt hatte für seinen neuen A nfang. A us der Umarmung wurde Innigkeit, und schließlich tobte die Lust wieder durch das Büro wie zwei wild gewordene Champagnerkorken. Und zwar so ungestüm, dass keiner von den beiden hörte, wie Fricker mit der Fiat-Allis losfuhr, hintenraus durch das Nebentor, über den Feldweg beim Elenschwander See an Ratzisried vorbei, auf die Landstraße, genau in Richtung Norden.

2
    E wald hatte die Lampen seiner Fiat-Allis erst eingeschaltet, als er ganz vom Hof war, hinter dem T or zum Kiesgrubengelände. Im Büro hatte nämlich kein Licht gebrannt, und das war schon ein halbwegs sicheres Zeichen gewesen, dass der Zwerger im Büro sein musste. Normalerweise machte der immer nachts das Licht an, damit alle dachten, da würde noch einer schaffen. A ber wenn es dunkel war im Büro, sollte halt keiner mitkriegen, dass der Zwerger im Büro noch an seinem Konkurs herumbastelte und vielleicht auch gar nicht alleinigs war.
    Es machte Ewald manchmal einen heimlichen Spaß, wenn die anderen dachten, er würde nichts mitbekommen. Zum Glück stand nicht alles, was wichtig war im Leben, in den Büchern, und man konnte eine Menge schnallen, wenn man einfach nur zuhörte und sich die Leute beim Reden genau anschaute. Da merkte man oft, dass sie ganz was anderes meinten als das, was sie sagten. Manchmal schaute der Ewald auch nur auf die Hände und wusste schon, was los war. Der Zwerger hatte vorhin bei seinem Konkurs auch ganz schön herumgefuchtelt.
    Eigentlich hätte Ewald die Lampen gar nicht gebraucht, die Straße sah er im Mondlicht gut genug. Es musste die richtige Straße sein, denn diese Ostsee, so viel hatte der Ewald schon mitbekommen, lag genau gegenüber von den Bergen. A lso genau da, wo die Berge nicht waren. Er musste eigentlich immer bloß von den Bergen wegfahren, zumindest so lange, wie man die Berge noch sehen konnte. Danach würde er halt jemanden fragen.
    Der Diesel lief schön ruhig, und mit den Gummiketten machte die Raupe auch keinen großen Radau auf dem A sphalt, die Ketten vibrierten angenehm. Das Öl roch genau richtig, die Maschine lief nicht zu heiß. W enn was nicht stimmte, merkte man das sofort am stinkenden Öl, das war genau so, wie wenn man zuhause was kochte. A uf den W iesen roch es nach frischem Heu, und als

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