Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe
Ewald in einer lang gezogenen Kurve die A ugen für einen Moment lang zumachte, hatte er das Gefühl, er schwebte mit der Fiat-Allis mitten durchs frische Heu wie ein Zeppelin durch die W olken. Bloß dass es eben viel besser roch.
Überhaupt fand es Ewald schön, wie sich die kleine Straße im Mondlicht ihren W eg durch die grünen W iesen fraß, und eigentlich gefiel ihm der A nblick in dieser Nacht nach dem Konkurs noch besser als eine nackte W iese ohne eine Straße. V ielleicht würde er, wenn er wieder zurück war von der Meisterschaft, gerne mal den westlichen A llgäuwiesen mit seiner Raupe ein bissle eine Struktur verpassen, sozusagen mit Ketten und Schaufel ein bissle ein Muster in die Landschaft malen. Die Fahrt machte ihm jetzt schon Spaß, die konnte von ihm aus eine halbe Ewigkeit dauern, und das würde sie auch, das wusste er. Ewald fing an zu singen, La Paloma, immer noch mitten in der lang gezogenen Kurve, denn lang gezogene Kurven in A llgäuer Mondnächten dauerten auf Planierraupen auch eine kleine Ewigkeit. Ewald überlegte, das A kkordeon auszupacken und beim Fahren zu spielen, aber das konnte er ja immer noch machen, das lief ihm nicht davon. Ewald freute sich sakrisch drauf, dass er jetzt einfach so lange mit der Fiat-Allis fahren konnte wie er Lust hatte. Und vielleicht sogar noch länger. Einfach nur fahren, keinen Kies herumschieben und sich ein paar T age lang kein blödes Geschwätz vom Bene anhören. Ewald war noch nie richtig verreist oder gar in Urlaub gefahren, auch wenn sie’s in Ratzisried alle immer ganz wichtig hatten mit ihren Urlauben und ihren Planungen, wie sie für möglichst wenig Geld möglichst lang und möglichst weit wegkommen konnten, möglichst weit nah am W asser dran.
Jetzt hat er sich einfach ergeben, mein erster Urlaub, durch den komischen Konkurs vom Zwerger, dachte Ewald.
Und auch wenn er erst ein paar Minuten unterwegs war, wusste er, dass das eine richtig gute Idee gewesen war, einfach loszufahren, mit hundert Litern Diesel auf der Raupe, im Mondlicht durch das duftende Heu auf den W iesen, über die kleine Straße, immer schön die Berge im Rücken. A uch wenn sein Ziel saumäßig weit droben war oder vielleicht sogar gerade deswegen.
Am A usgang der Kurve kam ihm der grünweiße Polizeiwagen entgegen. Die Polizeiautos waren im A llgäu noch grün und weiß und nicht weiß und blau, obwohl das A llgäu hier bayrisch und weiß und blau die bayerischen Farben waren. Logisch war das nicht, aber die Polizei brauchte keine Logik, weil sie ja selber die Polizei war.
Nachdem der W agen an ihm vorbeigefahren war, bremste Ewald und hörte, wie die Polizisten den Rückwärtsgang einlegten und gleich darauf neben ihm herfuhren, Ewald im V orwärtsgang, die Polizisten rückwärts. Ewald drosselte das T empo ein wenig. Obwohl er keinen Führerschein hatte, wusste er, dass man gern ein Schwätzchen mit ihm halten wollte. W arum auch nicht, Ewald kannte die beiden Polizisten, schließlich waren die beiden auch aus Ratzisried. Der Kreitmeir Sepp, der ältere von den beiden, der am Steuer saß, war überhaupt nur bei der Polizei, weil er ein passionierter Skilangläufer war und als Polizist immer trainieren konnte. W ahrscheinlich brauchte man Polizisten, die Ganoven verfolgen konnten, wenn die sich im Schnee aus dem Staub machen wollten: Vom Feneberg-Supermarkt waren es nur ein paar Schritte zur Schüttentobel-Loipe, im W inter ein optimaler Fluchtweg für Ladendiebe. V or zwölf Jahren war Sepp Kreitmeir sogar einmal deutscher V izemeister auf der 20-Kilometer-Strecke gewesen, allerdings im klassischen Stil. Heute lief er nur noch aus Spaß und trainierte die Jugendmannschaft, wenn er nicht nachts mit dem grünweißen A uto durch lang gezogene Kurven fuhr. Sein Kollege war der junge Pedro Garcia, dessen Opa Manuel Garcia vor dreißig Jahren nach Ratzisried gekommen war, ein Schreiner aus Katalanien. Pedro sprach akzentfreien A llgäuer Dialekt, konnte aber auch Spanisch, weswegen ihn die Kollegen von der Grenzpolizei in Pfronten oft mal als Dolmetscher anforderten, wenn sie irgendeinen verdächtigen spanischen Lastwagen aufgebracht hatten.
Der Kreitmeir Sepp hatte das Fenster des grünweißen A udis ganz heruntergelassen, sein durchtrainierter linker Oberarm im kurzen Uniformhemd lag auf dem offenen Fensterstock, während er mit der rechten Hand den A udi im Rückwärtsgang präzise parallel zu Frickers Raupe über die Landstraße steuerte.
Ewald nahm ein wenig Gas
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