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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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Beruf?«
    »Alles und gar nichts, wenn du so willst.«
    Mit dieser A ntwort war Ewald natürlich auch nicht schlauer als vorher.
    »Du hast mich bloß mitgenommen, weil du einen gebraucht hast zum Reden, gell?«
    »Ich sag dir mal was: In der Einsamkeit der A utobahn fühle ich mich als Mensch. Ich fahre, also bin ich. V olvo, ergo sum. Das kann mir keiner wegnehmen. Nicht mal die Deutsche Bank.«
    Heinz fing wieder an zu lachen, und Ewald fragte sich, was eine deutsche Sparkasse mit der Einsamkeit eines Lastwagenfahrers zu tun hatte. Das Einzige, was er verstanden hatte, war »Volvo« gewesen. A ber das wunderte ihn auch, denn der Lastwagen, den Heinz fuhr, war ein Scania: So gut kannte sich Ewald schon aus mit Lastwagen. Das Gerede von Heinz ging ihm auf die Nerven: Es machte keinen Spaß, sich mit einem zu unterhalten, der immer nur Unsinn von sich gab.
    Die Landschaft war flacher geworden, sie fuhren jetzt an einem großen A utobahnkreuz vorbei. Heinz sah immer wieder in den Rückspiegel.
    »Sag mir eins, mein Freund: Wer war eigentlich die forsche Lady mit dem Porsche?«
    »Die Frau Zieschke. Die ist aus dem Büro von der Kiesgrube. W ieso?«
    »Interessiert mich halt. Die Neugierde ist ein Menschenrecht. Und die Dame ist hinter dir her, weil du die Raupe geklaut hast.«
    Ewald schüttelte den Kopf.
    »Ich bring die Raupe ja wieder zurück. Der Chef hat sie mir versprochen, für die Meisterschaft, samt dem T ieflader. Und dann hat er pleite gemacht, mitten auf’m Sommerfest. So was tut man doch nicht …«
    »Da hast du Recht, mein Freund.«
    »Fährt die Frau Zieschke immer noch hinter uns her?«
    Heinz stierte seinen Mitfahrer durchdringend an, als hätte der etwas ganz Blödes gesagt. Es wunderte Ewald, dass Heinz diesmal nicht lachte.
    »Pass auf, da vorne!«, sagte Ewald. Heinz riss den Kopf herum und bemerkte mit Schrecken das W ohnwagengespann, das mit siebzig Stundenkilometern auf der rechten Spur entlangzuckelte. Fluchend trat Heinz in die Bremsen und betätigte das Überlandhorn, das so laut war, dass Ewald selbst in der Kabine erschrak.
    Heinz schaltete einen Gang herunter und scherte auf die linke Spur aus, um den W ohnwagen zu überholen. Hinter ihm wurde nun auch laut gehupt, aber Heinz fing wieder an zu lachen.
    »Guck sie dir an, diese Spießer! Der W ohnwagen: die armselige Kompensation der unerfüllten T räume vom Reichtum … die Karawanen der Caravans, die Kolonnen der V erlierer … und dann stehn sie zwei W ochen auf einem Campingplatz, mit den gleichen Idioten, die sie zuhause um sich haben … das nennen sie dann Urlaub.«
    Ewald hängte sich sein A kkordeon wieder um und begann leise zu spielen, ein paar Melodien, die er sich zuhause von Frau Brillisauer abgehört hatte, auf der Kirchenorgel von Ratzisried. Heinz blieb auf der linken Spur und überholte einen Lastwagen nach dem anderen. Das dauerte ziemlich lange, weil Heinz nur unwesentlich schneller war als die überholten.
    »Jaja, die Frauen … die mögen das, wenn einer Musik machen kann. Schön, was du da spielst. Ich nehme mal an, das ist Bach, eines der Präludien …?«
    Ewald zuckte nur mit den Schultern.
    »Ich sage immer: Gegen die V erlockung des W eiblichen ist jede Philosophie machtlos. Es gibt nichts Schöneres, als die A utobahn entlang zu schweben und an all die süßen Hintern zu denken, derer man sich schon erfreuen durfte im Leben …«
    »Ich fahr halt nicht so oft A utobahn …«
    »Die A utobahn ist die Heimat der Heimatlosen. A llein die Libido hat keine Heimat, die wohnt überall. A ber in deiner Phantasie darfst du überall hin … zu jedem süßen Ärschlein auf dieser W elt. Popo, ergo sum.«
    Wenn er einfach nicht antwortete, hoffte Ewald, würde dieser Heinz irgendwann aufhören zu reden. V ielleicht war das der Preis fürs Mitnehmen, dass er sich so einen Schmarrn anhören musste. W as Libido sein sollte, wusste Ewald sowieso nicht, und er wollte es auch gar nicht wissen.
    »Und wie ist die denn so, diese Frau Zieschke? Hat die einen süßen A rsch?«
    Ewald legte das A kkordeon wieder ab. Das Spielen machte keinen Spaß, wenn der komische Kerl ständig übern Hintern redete oder blöde Fragen stellte.
    »Mensch, Kumpel, lass dir doch nicht jedes W ort aus der Nase ziehen! Da kann man doch mal drüber reden, von Mann zu Mann. Hast du mal mit ihr geschlafen? In Gedanken, meine ich. Macht doch jeder von uns, oder?«
    »Wie weit ist’s noch bis zur Ostsee?«
    »Noch ein ganzes Stück, mein Junge.«
    Ein

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