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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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wünschte. Genauso schlimm wie »gerne« waren auch »vor Ort«, »zeitnah« und »gut aufgestellt«. Und seit die FDP in Berlin dran war, schien’s immer schlimmer zu werden mit diesen blöden W örtern. Karl merkte, dass er anfing, dummes Zeug zu denken.
    »Herr Zwerger, wir sollten uns, wenn wir mit der Inventarisierung weiter fortgeschritten sind, noch einmal mit Ihrer Gattin zusammensetzen.«
    »Mit meiner Frau? W arum denn das?«
    »Ihre Frau hatte ja ursprünglich das Grundstück in die Firma eingebracht, wenn ich das den Unterlagen korrekt entnommen habe.«
    »Ja, aber Karin ist längst raus, das wurde alles auf die Firma überschrieben.«
    »Sicherlich. Es stünde die Frage im Raum, ob sich mit einer weiteren Hypothek auf das Grundstück …«
    »Schmarrn.«
    »Wie bitte?«
    Karl Zwerger versuchte zu lächeln.
    »Wenn das nur irgendwie möglich gewesen wäre, hätte ich es doch längst gemacht, Herr Lipka. Das Grundstück ist weg. Basta.«
    »Sicherlich. Nur bisweilen, das sagt mir meine Erfahrung, übersieht der akut vom Konkurs Bedrohte Möglichkeiten, weil er zu sehr in die Sache involviert ist.«
    »Schön wär’s.«
    »Bitte?«
    »Herr Lipka, ich bin nicht akut vom Konkurs bedroht, ich bin schlichtweg pleite. Und ich wüsste nicht, was das bringen sollte, wenn wir da mit meiner Gattin ….«
    Lipka hob die Hände.
    »Man sollte nichts unversucht lassen. Im Übrigen hatte mich Ihre Gattin darum gebeten.«
    Karl Zwerger konnte sich gerade noch die Bemerkung verkneifen, Karin solle sich um ihren eigenen Dreck kümmern.
    Lipka klappte sein Laptop auf und ließ seine Finger mit gehabter Geschwindigkeit über die T astatur laufen.
    »Ich hatte Ihnen ja bereits gesagt, dass wir diese fragliche Planierraupe vom T yp Fiat-Allis dann auch zeitnah hier vor Ort bräuchten.«
    »Hatten Sie bereits gesagt.«
    »Sonst käme am Ende noch jemand auf die Idee, hier würden V ermögenswerte beiseitegeschafft.«
    Karl Zwerger nickte und ging nach nebenan. Er musste Rita noch einmal anrufen, ohne dass Lipka es mitbekam. Er ging hinüber zur Maschinenhalle, schloss sich in der Belegschaftstoilette ein, drückte Ritas Kurzwahlnummer und hoffte, dass Rita diesmal abheben würde. Langsam begann Karl Zwerger, sich Sorgen zu machen.
    Ewald Fricker hatte sein A kkordeon abgelegt und sah sich die Landschaft an, die an dem Lkw vorbeizog. So weit war er noch nie von zuhause weg gewesen, und ihm gefielen die sanften Hügel des Bayerischen V ogtlands, auch wenn er nicht wusste, dass es das V ogtland war, das er da sah. Ungetrübt genießen konnte er die Fahrt und das Panorama allerdings nicht, denn Heinz redete in einem fort. A ußerdem schien er eine schier unbegrenzte Menge von Zigarillos in der geräumigen Fahrerkabine gebunkert zu haben. Der V erkehr war dichter geworden, auf den beiden Spuren links von ihnen lief der V erkehr nur unwesentlich schneller, als sich die Lastwagenkolonne auf der rechten Spur bewegte. Heinz zeigte lachend auf die Pkw, die dicht aufeinander fahrend versuchten, sich an den Lastwagen vorbeizuquälen.
    »Guck sie dir an, die in Blech verpackte Identität … der eigene Pkw ist das kleinste gemeinsame V ielfache der deutschen Spießerseele. Spoiler, Navi und Zentralverriegelung, das hält dieses Land zusammen …«
    Ewald wunderte sich. Er kannte ein paar Lastwagenfahrer, die in der Kiesgrube arbeiteten, und ein Freund von ihm fuhr auch große Strecken mit dem Lastwagen und war oft wochenlang weg. A ber die redeten alle nicht so ein merkwürdiges Zeug daher wie dieser Heinz.
    »Du bist überhaupts kein Lastwagenfahrer.«
    Heinz lachte hell auf und nahm einen Zug aus dem Zigarillo.
    »Wie kommst du denn zu dieser gewagten Schlussfolgerung?«
    Das war auch schon wieder so ein Satz, den kein Lastwagenfahrer sagen würde, zumindest keiner, den Ewald kannte.
    »Weil du nicht schwätzst wie einer, der immer bloß Lastwagen fährt.«
    Heinz sah Ewald mit einem Grinsen an.
    »Blöd bist du nicht, Junge. Hast ja Recht. A lso: zwölf Semester Philosophie und T heaterwissenschaften, drei halbe Romane, zwei gescheiterte Ehen, eine 20-jährige T ochter, die es bis ins Semifinale von ›Deutschland sucht den Superstar‹ geschafft hat, und circa 3,5 Millionen Kilometer A utobahn. Inklusive 300 000 Schulden bei der Deutschen Bank für den Lkw. A ber ansonsten bin ich ein glücklicher Mensch.«
    Daraufhin fing er wieder laut an zu lachen. Ewald wusste nicht, was daran so lustig sein sollte.
    »Und was bist du von

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