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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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ber auf der Kette saß immer noch Heinz, der Lkw-Scherzbold.
    »Gut, dann machen wir’s eben mit der Polizei.«
    Augenblicklich fingen die Männer laut an zu johlen, es mischten sich auch einzelne Buhrufe in die Kakophonie. Offenbar mochten die Männer die V orstellung nicht, die Polizei hier bei ihrem Imbiss zu Gast zu haben. Rita erkannte die momentane A ussichtslosigkeit, sich gegen diesen Mob durchzusetzen.
    »Ich kriege Sie, Herr Fricker. V erlassen Sie sich drauf!«
    Unter lautem A pplaus der T rucker stieg Rita in den Porsche und fuhr davon. A ber sie war weit davon entfernt aufzugeben. Sie würde einfach in der Nähe abwarten, bis Fricker weiterfuhr, und ihn sich dann greifen. Irgendwann musste er ja mal absteigen von der Raupe. Rita spürte eine unbändige Entschlossenheit, sich von diesem Herrn Fricker nicht unterbuttern zu lassen. Das ging jetzt nicht mehr nur um die blöde Raupe, das ging ums Prinzip. Der sollte bloß nicht glauben, dass er so mit ihr umspringen konnte. Da war sie schon mit ganz anderen fertiggeworden.
    Auch Ewald ahnte, dass Frau Zieschke so schnell nicht aufgeben würde. T rotzdem schmeckte ihm das Essen. Heinz, der immer noch auf seiner linken Kette saß, hatte sich ein kleines Zigarillo angesteckt.
    »Mein Freund, vielleicht ist eine Planierraupe nicht das optimale Gefährt, um vor einer Frau mit einem Porsche zu fliehen.«
    Ewald winkte ab.
    »Egal. Je mehr man von etwas wegläuft, umso schneller holt’s einen ein.«
    »Schön gesagt. A lso ist der W eg das Ziel.«
    Ewald wusste nicht, was der Mann damit meinte. Überhaupt kam ihm das Gerede etwas merkwürdig vor, ganz abgesehen davon, dass der Kerl überhaupt zu viel redete.
    »Wo soll’s denn hingehen mit der Raupe, mein Freund?«
    »Ich muss rauf an die Ostsee. Deutsche Meisterschaft, im Planieren.«
    »Deswegen also die Lackierung: psychologische Kriegsführung. ›Zu reiten das geharn’schte Ross/um droh’nder Gegner Seelen zu erschrecken …‹.«
    Der redete wirklich einen ausgemachten Schmarrn daher.
    »An die Ostsee willst du … kommt die Dame da auch hin?«
    »Hoffentlich nicht. A ber erst einmal muss ich droben sein.«
    Heinz lächelte. Ihm schien ein Gedanke durch den Kopf zu gehen.
    »Weißt du was? Du gefällst mir. Ich muss auch rauf, in Richtung Norden, hab eine Leerfahrt da rauf. Pack dein Ding bei mir auf den Hänger, ich nehm dich ein Stück mit.«
    Ewald glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Das wäre natürlich das Beste, ein Stück auf dem T ieflader weiterzufahren, auch für die Raupe.
    »Soll das jetzt ein W itz sein?«
    »Nein, nein. Ich mache keine W itze über schweres Gerät. Iss fertig, fahr deinen Humushobel auf meinen T ieflader, und dann geht’s los. Bleibt nur die Hoffnung, dass uns die Dame nicht verfolgt.«
    »Zuzutraun wär’s der.«
    Zwanzig Minuten später saß Ewald auf dem bequemen Beifahrersitz in der Kabine des Lkw, die Fiat-Allis war hinten auf dem T ieflader festgezurrt. Heinz fuhr die B 19 entlang, direkt in Richtung der A utobahnauffahrt zur A 7, die östlich von Ulm durch die A lb nach Norden führte.
    Ewald hatte das A kkordeon umgehängt, spielte Seemannslieder und sang leise, Heinz schlug mit der Hand den T akt dazu. Dass der immer wieder heimlich in den Rückspiegel schaute, bemerkte Ewald nicht. Und auch nicht, dass der T rucker im Spiegel längst den roten 911er Porsche entdeckt hatte, der ihnen in einigem A bstand folgte. Heinz steckte sich noch ein Zigarillo an und war bester Laune.

3
    R ita hatte viel Zeit zum Nachdenken. Zwergers 911er Porsche war hochgradig unterfordert, mit gut neunzig Stundenkilometern auf der rechten Spur der A utobahn dahinzukriechen, zwischen lauter Lastwagen. Rita hatte sich in der Nähe des Rastplatzes versteckt gehabt und beobachten müssen, wie das Oberarschloch der Lkw-Fahrer die Raupe auf seinen T ieflader verfrachtete. Sie war dem T ieflader gefolgt, immer in sicherem A bstand. Zuerst war der Lkw auf die A 7 gefahren, hatte sich am Kreuz Crailsheim in Richtung Nürnberg gehalten und war dann am Kreuz Nürnberg-Ost auf die A 9 abgebogen, die nach Berlin führte. Der Porsche schnurrte wie ein T iger auf Schlafmittel, das Fahren tat Rita gut. Ihre W ut auf Fricker und die Lastwagen-Heinis ließ langsam nach wie ein Schmerz, wenn man sich die Zehen an der Bettkante angestoßen hatte. Kurz hinter Nürnberg musste Rita einmal laut loslachen: Da fuhr sie also mit dem Sportwagen ihres Geliebten durch halb Deutschland, um eine Planierraupe

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