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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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Kaffee und Brötchen und bisschen Butter.«
    Der Mann nickte wissend.
    »Klar. Zweimal Frühstück ›Ohio‹.«
    »Und wenn’s geht, Marmelade, bitte. V ielleicht auch ’n bisschen W urst und Käse und ein Ei dazu. Oder Rührei. Mit Speck.«
    »Okay. A lso kein ›Ohio‹, sondern zweimal ›Los A ngeles‹.«
    Ewald hatte auch A ppetit bekommen und setzte sich neben Rita.
    »Und bitt’schön einen Saft dazu.«
    »Mit Saft ist das dann aber ›San Francisco‹.«
    »Und mit Milch?«
    »Milch? Mit Milch wär das ›Oklahoma‹, aber mit Rührei ist das ›Wyoming‹. Mit ’ner Flasche Bier ›Detroit‹, mit Korn ›Chicago‹, mit …«
    Rita lächelte den Mann mit all ihrem Charme an.
    »Bringen Sie einfach zweimal alles, und nennen Sie’s, wie Sie wollen.«
    »Zweimal alles ist ›U.S. complete‹.«
    »Na also.«
    Nach knapp zehn Minuten kam der Mann, der Henning hieß, mit einem riesigen T ablett samt zweimal »U.S. complete« wieder aus seinem Multi-Store und setzte sich zu Rita und Ewald an den T isch. Rita langte beherzt zu, und auch Ewald hatte einen Bärenhunger.
    »Was macht’n ihr zwei da? Easy Rider durch Meck-Pomm auf’m Caterpillar?«
    Rita lächelte ihn an, während sie sich ein Mehrkorn-Marathon-Brötchen dick mit Marmelade bestrich.
    »Sagen wir mal so: Wir machen eine außerplanmäßige Dienstreise für ein A llgäuer Kiesunternehmen.«
    Henning grinste breit.
    »Aus’m A llgäu. A lso wie von Louisiana nach V ermont.«
    »Aber das Frühstück ist gut, auch wenn’s so blöd heißt.«
    Ewald fiel auf, dass der Mann auf den A rmen und auch den Händen T attoos hatte. Selbst am Hals sah man ein brennendes buntes Motorrad, das sich hinauf in Richtung Kopf zu bewegen schien.
    An einer silbernen Kette zog Henning einen ledernen T abakbeutel aus seiner W este und drehte sich mit geschickten Fingern eine Zigarette. A uf der Innenfläche seiner linken Hand war ein Flugzeug tätowiert, in der rechten eine leicht bekleidete Frau.
    »Braucht ihr zwei vielleicht sonst noch was? Proviant für euren T rip! Kasten Bier, Chipse oder Dauerbrot von der NVA , hab ich alles. Post könnt ihr auch bei mir lassen. Oder’n Paket schicken oder ’ne A nsichtskarte? Hinten hätt ich noch zwei Paletten Dachziegel, Biberschwanz mit Sachsenschnitt, absolutes Schnäppchen.«
    Rita und Ewald sahen sich an und waren sich einig, dass sie eigentlich im Moment keine Dachziegel benötigten.
    »Oder wollt ihr’n T attoo? Ich mach euch ’n geiles T att von eure Raupe op’n Mors!«
    Ewald sah Henning fragend an.
    »Auf’m Mars?«
    Rita wusste natürlich, was Henning gemeint hatte.
    »›Mors‹ heißt hier so viel wie ›Arsch‹.«
    »Aber zu was ein Bildle auf’m A rsch? Das sieht doch keiner, wenn man draufhockt …«
    Henning legte Ewald vertrauensvoll seine Pranke auf die Schulter.
    »Alter, weil das obergeil kommt, wenn dir deine Braut die Hosen runnerzieht!«
    Ewald lachte unsicher.
    »Mach’s halt bei dir selber ’nauf!«
    »Ach, Jung, da is schon lang kein Platz mehr!«
    Henning knöpfte Hemd und W este auf und zeigte den beiden Gästen seinen Oberkörper. Sowohl der Bauch als auch die muskulösen Schultern waren flächendeckend mit T attoos übersät, es schien keinen einzigen freien Fleck mehr zu geben, der nicht mit blauen oder bunten Bildern oder Symbolen bedeckt war. Ewald sah fasziniert auf dieses lebende Bilderbuch, und es gefiel ihm.
    A ls Kind hatte er ein Petzi-Buch gehabt, nur zum A ngucken, und das Schiff, das quer über Hennings Brust fuhr, sah ganz ähnlich aus wie der Dampfer »Mary«, den sich Petzi und seine Freunde aus alten Holzbalken und einem Fass als Schornstein gebaut hatten. W ozu der Mann allerdings Ringe und Ösen in den Brustwarzen hatte, wusste Ewald nicht. V ielleicht wollte er das Dampfschiff daran festmachen, damit es bei Sturm nicht aufs offene Meer hinaustrieb. A uch Rita musste zugeben, dass sie so etwas noch nicht gesehen hatte.
    »Wisst ihr, die Leute hau’n alle ab hier, das ist das Problem. Meine Braut ist auch schon weg, vor drei Jahren. Und die alten Säcke im Dorf lassen sich nicht tätowieren. V on Piercings will ich gar nicht reden …«
    Ewald sah Henning fragend an.
    »Warum haust du nicht ab von da? So gut wird ja dein G’schäft auch nicht laufen …«
    Henning knöpfte sein Hemd wieder zu.
    »Hör mal, Jung, ich bin hier zuhause. Und hintendrin im Laden liegt meine alte Mutter. Die kann nicht mehr aufstehn, und ins A ltersheim will sie nicht. Hab ich auch keine

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