Ritter 01 - Die Rache des Ritters
deiner Seite sein. Du brauchst mich! Was, wenn etwas passiert? Wenn ich dabei bin, wird mein Vater aufgeschlossener dir gegenüber sein, bereitwilliger, über eine friedliche Lösung zu reden – «
»Meine Entscheidung steht fest, Raina. Ich will dich dort nicht haben.«
Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie: »Weil du Angst hast, dass du nicht fähig sein könntest, ihn in meiner Gegenwart zu töten, so wie bei Burc?«
»Ach, Lämmchen, ich hatte gehofft, du würdest mich inzwischen besser kennen.«
»Ich bin nicht sicher, was ich überhaupt noch weiß. Ich dachte, zwischen uns gäbe es etwas. Ich dachte, die Dinge lägen jetzt anders … hätten sich geändert … «
Als er ihre Stimme brechen hörte, streckte er die Hand aus, um ihre Wange zu berühren – und zog sie sogleich wieder zurück. Sie jetzt zu trösten wäre eine größere Sünde, als sie gekränkt fortzuschicken. Er wollte ihr keine falschen Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft machen.
Nicht, wenn er nicht sicher war, ob er sie je wiedersehen würde.
Auch wenn er jetzt in Bezug auf die Vergeltung und eine Begegnung mit Luther d’Bussy hin- und hergerissen war. In Anbetracht dessen, dass er Raina zur Geisel genommen hatte, konnte Gunnar nicht sicher sein, ob der Baron bereit war, vernünftig mit ihm zu reden. Und auch wenn er nicht die Absicht hatte, als Erster zum Schwert zu greifen, so konnte er doch nicht wissen, wie die Pläne des Barons für dieses Treffen aussahen. Es war gut möglich, dass d’Bussy schon dabei war, eine Falle vorzubereiten oder einen Hinterhalt.
Der Gedanke an den Tod hatte Gunnar noch nie Angst bereitet, und wenn er ehrlich war, fürchtete er sich auch jetzt nicht davor. Was seinen Magen brennen ließ, war der Gedanke an Raina und dass sie Zeugin des Treffens werden könnte. Töten war eine hässliche Angelegenheit, selbst wenn es unter den gerechtesten aller Umstände geschah, und nichts, was er einer Frau zumuten durfte, die so sanft und gut war wie sie. Und da er sie kannte und wusste, wie leidenschaftlich sie reagierte, konnte er nicht sicher sein, dass sie sich heraushalten würde, wenn es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit ihrem Vater käme.
Wenn Raina wüsste, wie stark er für sie empfand, wenn sie wüsste, wie sehr er sie jetzt und für immer in seinem Leben haben wollte, würde das nur ihren Entschluss bestärken, ihn zu dem Treffen zu begleiten. Und dieses Risiko wollte er einfach nicht eingehen.
Er stand auf und ging zögernd zur Tür. Bevor er das Zimmer verließ, wandte er sich noch einmal zu ihr um. »Es tut mir leid, wenn ich dir wehgetan habe, Raina. Aber es ist am besten so. Du wirst mir vertrauen müssen.«
Der Morgen zog viel zu schnell herauf, und Raina wachte allein in Gunnars Bett auf. Langsam zog sie ihr Gewand und ein Paar Lederschuhe an, die Agnes ihr hingestellt hatte; sie nahm sich sogar die Zeit, sich Zöpfe zu flechten, wobei sie hoffte und bangte, dass Gunnar in der Zwischenzeit nicht auch noch beschlossen hatte, sie ohne Abschiedsgruß nach Hause zu schicken.
Nach Hause.
Seltsam, aber Norworth bedeutete das jetzt nicht mehr für sie. Der Gedanke, an jenen Ort zurückzukehren und zu den Lügen, die er beherbergte, ließ sie vor Beklemmung zittern. Und jetzt stand ihr das Unausweichliche bevor. Hatte sie wirklich geglaubt, dieser Moment würde nie kommen? Hatte sie wirklich erwartet, dass sie Gunnar nie Lebewohl würde sagen müssen?
Wie kühn sie in diesen vergangenen wenigen Tagen gewesen war! Sie hatte ihn in ihre Arme – in ihren Körper – eingeladen, hatte verkündet, dass es kein Reden über die Vergangenheit oder über Reue geben sollte, stattdessen aber über Träume und Wünsche. Wie mutig war sie gewesen, als sie ihm sagte, dass sie ihn liebe, und deshalb wusste, um was sie ihn bat, und bereit war für die Konsequenzen. Und wie naiv war sie gewesen zu denken, sie könnte unverändert weitermachen, nachdem sie die Lust empfunden hatte, die er ihr geschenkt hatte, als ihre Körper sich vereinten.
Sie erkannte jetzt, dass sie tatsächlich davon überzeugt war, sie könne ihre Vergangenheit leugnen und vergessen, dass sie überhaupt existiert hatte. Aber mit Gunnar zusammen zu sein, hatte sie an viele Dinge glauben lassen.
Sogar daran, dass er sie liebe.
Sie klammerte sich an diesen Glauben, als sie die Tränen verdrängte, und versuchte, sich damit zu trösten, dass der Schmerz in ihrem Herzen nicht ewig dauern würde. Gunnar hatte ihr nichts
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