Ritter 01 - Die Rache des Ritters
Stöße anzubringen und sie abzuwehren. Einige Minuten lang traf Stahl in einem rhythmischen Klirren auf Stahl, ehe Alaric, der wieder schnaufte und keuchte, sich auf seine Seite des kleinen Zuschauerkreises zurückzog.
»Gibst du auf?« Gunnar grinste und gestattete es dem Jungen, einen Moment lang auszuruhen. Während Alaric nach Atem und um eine Antwort rang, bohrte Gunnar die Spitze seines Schwertes in den Boden und stützte sich lässig auf den Schwertgriff. »Ergibst du dich, junger Alaric?«
»Nein«, keuchte der Knappe, der vorgebeugt dastand, um wieder zu Atem zu kommen. Jetzt richtete er sich wieder auf und hob seine Waffe.
Gunnar machte sich kampfbereit. »Ich muss sagen, was dir an Verstand fehlt, machst du durch deine Standhaftigkeit mehr als wett.«
Alaric griff seinen Lord an, der im letzten Moment dem Hieb aus dem Weg sprang, was den Jungen vorwärts taumeln und fast in die Knie gehen ließ. Er wahrte jedoch sein Gleichgewicht und wandte sich zu einem erneuten Angriff um. Gunnar duckte sich, um ihn abzuwehren, als das Aufblitzen von blassgrünem Stoff am Fenster seines Zimmers seine Aufmerksamkeit erregte.
Hatte sie ihn beobachtet?
In der Sekunde, die er für diesen Gedanken brauchte, traf Alarics Schwert seinen ungeschützten Arm.
»Jesus Christus!«, brüllte Gunnar.
Alaric warf sein Schwert auf den Boden, riss sich den Helm vom Kopf und schleuderte ihn zur Seite. »Oh Gott!«, schrie er. »Mylord, ich wollte doch nicht – oh Gott!«
»Es ist nur ein Kratzer«, grummelte Gunnar, weitaus ärgerlicher darüber, dass er sich von dem Gedanken hatte ablenken lassen, Raina hätte Interesse für ihn gezeigt, als darüber, dass sein Squire ihn getroffen hatte. Er presste die Hand auf die Wunde und ging zum Turm, um sich anzuziehen. »Setzt das Training fort«, bellte er seine Männer an.
Alaric folgte ihm auf dem Fuß und stammelte nervös Entschuldigungen und Flüche über seine Unachtsamkeit, während sie den Turm betraten und die Treppe hinaufgingen.
Raina hörte Schritte auf der Treppe. Als die Zimmertür weit aufgestoßen wurde, schaute sie mit einem Zusammenzucken von ihrer Näharbeit auf. »Du lieber Himmel!«, keuchte sie, als sie das Blut zwischen Gunnars Fingern hervorquellen sah. Sie war an ihre Arbeit zurückgegangen, als es offensichtlich geworden war, dass die Männer ihr Training auf dem Hof vermutlich noch bis zum Nachmittag fortsetzen würden. Dass so etwas geschehen würde, darauf war sie nicht vorbereitet gewesen. Sie ließ ihre Flickarbeit fallen, missachtete Gunnars beunruhigtes Stirnrunzeln und war im Nu bei ihm. »Was ist passiert?«
»Wir haben auf dem Burghof trainiert«, erklärte Alaric, dessen Augenbrauen sich vor Sorge zusammenzogen. »Ich habe Mylord getroffen – aber ich schwöre, dass es nicht mit Absicht geschehen ist!«
Raina wies ihren widerstrebenden Patienten mit einem Kopfnicken an, sich auf einen Schemel vor den Kamin zu setzen. »Ist es sehr schlimm?« Sie kniete sich neben Gunnar und schaute auf, um seinen dunklen Blick auf sich gerichtet zu sehen, während sie sich bemühte, seine Hand von der Wunde zu ziehen.
»Nur ein Kratzer, mehr nicht«, knurrte er und wandte endlich den Blick von ihr ab. »Herrgott, ihr beide benehmt euch, als hättet ihr noch nie eine Fleischwunde gesehen.« Er nahm die Hand von der Verletzung, als Raina beharrlich blieb. Der Schnitt war glatt und blutete nicht mehr so stark, aber er war recht tief und musste genäht werden, um zu verhindern, dass die Wunde eiterte und eine hässliche Narbe zurückblieb.
Raina stand auf, um Nadel und Faden und den Becher Wein zu holen, der neben dem Bett stand. Dann kehrte sie zu Gunnar zurück und kniete sich neben dem Schemel auf den Boden; behutsam hob sie seinen Arm hoch und goss den Inhalt des Bechers über den Schnitt. Sie fühlte, wie Gunnar sich anspannte, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos. »Es tut mir leid«, sagte sie und wischte das Blut und den Wein mit einem Tuch fort. »Ich fürchte, das muss genäht werden.« Sie wartete auf seine Ablehnung, erinnerte sich daran, dass viele Ritter ihres Vaters es oft vorzogen, an ihren Wunden zu leiden, lieber schreckliche Narben akzeptierten als den Gedanken an das Nähen der Wunde. Gunnar jedoch beendete ihre Sorge mit einem Schulterzucken.
Sie drückte die Wundränder so eng und so sanft sie konnte zusammen, stach die Nadel in die dunkle Haut von Gunnars Arm und zuckte dabei vor Mitgefühl zusammen. »Alarics Können muss sich
Weitere Kostenlose Bücher