Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Ritter 01 - Die Rache des Ritters

Titel: Ritter 01 - Die Rache des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
den Ruinen und der Asche entdecken können? Einen Grund, warum andere Menschen mit Anstand behandelt werden sollten?«
    »Nein«, gab Raina leise zu. »Das habe ich nicht … und ich wusste nicht – «
    »Nein, natürlich wusstet Ihr das nicht«, wiederholte er und wandte ihr endlich das Gesicht zu. Seine Miene war hart und verriet keinerlei Gefühl. »Wenn ich also unsanft mit Euch umgehe, wenn ich auf Euren kostbaren Gefühlen herumtrampele, Mylady, dann vergebt mir. Ich bin zu alt und zu müde, um die Regeln der Ritterlichkeit noch zu erlernen, und wahrscheinlich schon viel zu weit gegangen, um noch meine Ehre zu haben. Aber mein Wort gilt, und Ihr könnt mir vertrauen. Ich habe nicht vor, Euch gegen Euren Willen zu nehmen, weder heute Nacht noch sonst irgendwann. Und jetzt legt Euch endlich hin und gönnt mir ein wenig Ruhe, ja?«
    Raina schob zögernd die Beine unter die Bettdecke und kroch dann ganz darunter. Das Kissen fühlte sich kühl an ihrem Arm an, aber die mit Spannung geladene Stille zwischen ihnen war unendlich viel kälter. »Ihr verwirrt mich«, sagte sie in die Dunkelheit hinein. »Ich weiß nicht, ob ich Euch hassen soll oder ob ich – «
    Ihre Stimme brach unerwartet. Sie fühlte sich von ihrem Mitgefühl für ihn überwältigt, empfand einen scharfen Schmerz in ihrem Herzen für das, was er erlitten haben musste … was er verloren hatte. Aber mehr als das, fühlte sie noch etwas anderes für ihn. Etwas, das den Abgrund aus Schmerz und Feindseligkeit zwischen ihnen überbrückte und selbst die Androhung seiner Vergeltung überwand. Es war Verständnis, und etwas, das noch stärker als das war. Etwas, von dem sie fast sicher war, dass es … Liebe sein musste. »Ich wünschte, ich wäre Euch nie begegnet«, wisperte sie, bevor sie sich abwandte und ihm den Rücken zukehrte.
    Gunnar spürte ihr lautloses Weinen, als sie neben ihm lag. Er unterdrückte den Wunsch, sie zu trösten, versuchte, sie nicht zu beachten, sondern sein Herz zu verhärten und der Mann zu sein, von dem er eben behauptet hatte, es zu sein.
    Sie fürchten? Ja, er fürchtete sie, jetzt noch mehr als zuvor. Weil er sich in diesem Augenblick, in dieser kurzen Spanne zwischen zwei Herzschlägen, vor sich sah, wie er sie in seinen Armen hielt.
    Sie liebte.
    Sie verlor.
    Und so lag er neben ihr in der Dunkelheit, zwang sich, seine Arme still zu halten, sich nicht zu bewegen, bis sie ganz ruhig geworden war und ihr Atem tiefer ging. Er lag noch lange wach und verfluchte das Schicksal und ihren Vater dafür, sie zusammengeführt zu haben. Und sich selbst verwünschte er, weil es ihm etwas bedeutete.

14
    Raina erwachte, als ein Sonnenstrahl ihre Wange streichelte und warm auf ihr nacktes Bein fiel, das unter der Bettdecke hervorguckte. Sie wusste, dass sie sich in Gunnars Bett befand, würde es gewusst haben, selbst wenn sie nicht seinen Geruch überall um sich herum wahrgenommen hätte. Sie tat so, als müsse sie sich strecken, um herauszufinden, ob er noch neben ihr lag, und fühlte nur das kühle Bett. Sie setzte sich auf und schaute sich im Zimmer um. Er war fort.
    Ein Tablett mit Essen stand am Fußende des Bettes, und da sie hungrig war, griff sie nach einem Stück Käse. Auf einem Tisch im Zimmer winkte eine Schüssel mit nach Nelken duftendem Wasser. Gunnar hatte offensichtlich dafür gesorgt, dass ihr etwas zu essen gebracht wurde und dass sie es bequem hatte und darüber hinaus ein wenig Ungestörtheit genießen konnte. Raina wusch sich und aß, war vollauf zufrieden und versuchte vergeblich, ein Gefühl von Dankbarkeit zu unterdrücken.
    Nachdem sie gegessen, sich um ihre persönlichen Bedürfnisse gekümmert und ihre Flickarbeit wieder zur Hand genommen hatte, erregte Gunnars Stimme unten im Burghof ihre Aufmerksamkeit. Sie hörte das laute Lachen von Männern und – wie jeden Morgen und inzwischen vertraut – das Klirren von Schwertern. Heute jedoch war es nicht das übliche chaotische Durcheinanderklirren vieler Waffen, die in Übungskämpfen aufeinandertrafen, sondern das gemäßigte Duett zweier Schwerter. Neugierig stand Raina auf und schaute aus dem Fenster.
    Die Ritter hatten einen Kreis um zwei kämpfende Männer gebildet. Einer von ihnen war Gunnar. Er trug weder Kettenhemd noch Helm – im Gegensatz zu seinem vernünftigeren Gegner. Trotz des Kettenhemdes erkannte Raina die schlaksige Gestalt seines Herausforderers sofort – Alaric. Sie wollte schon hinunterrufen, dem Jungen alles Gute dafür wünschen, dass

Weitere Kostenlose Bücher