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Ritter des dunklen Rufes

Ritter des dunklen Rufes

Titel: Ritter des dunklen Rufes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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könnten wir das Land von diesem Übel befreien.«
    »Das habe ich doch schon mal gehört! Die Welt vom Übel befreien! Das habe ich schon beim ersten Mal nicht hinnehmen können.«
    »Das war etwas Abstraktes. Und ich hatte Unrecht! Unrecht! Ist es so schrecklich, mal einen Fehler zu machen?«
    »Meine Freunde sind für dein Recht gestorben, einen Fehler zu machen.«
    »Das weißt du nicht, Herr Ritter-Feigling!« schnaubte Ruad.
    »Nein, das weiß ich nicht.« Manannan drehte sich auf dem Absatz um und ging in die Dunkelheit hinaus. Er spürte die kühle Nachtluft auf seinem Gesicht. Er dachte wieder an das Schwarze Tor und hörte die grässlichen Schreie der verborgenen Ungeheuer jenseits des Schwarzen Tores. Er hatte Ollathair gesagt, er fürchte um seine Seele, aber das war eine Lüge gewesen – eine Lüge, die ihm erlaubte, das Gesicht zu wahren.
    Es war der Tod im Dunkel … wie bei dem Baum in seiner Kindheit. Gefangen in der Dunkelheit, Ameisen, die über seine Haut krabbelten. Er schauderte. Und doch, könnte ein Ungeheuer schlimmer sein, als der Schrecken, dem er heute gegenübergestanden hatte?
    Selbst die Ungeheuer der Finsternis?
    Ich kann nicht! Ich habe Angst!
    »Komm herein«, sagte Ruad hinter ihm. »Ich möchte, dass du jemanden kennen lernst.« Manannan drehte sich um und ging wieder hinein, wo der einäugige Zauberer ihm einen versilberten Spiegel reichte. Manannan nahm ihn und starrte in ein Gesicht, das er seit sechs Jahren nicht mehr gesehen hatte. Die Augen klagten ihn an, und er wandte den Blick ab.
    »Du kannst nicht länger davonlaufen, Manannan. Du kannst nicht dein Leben leben und dich immerzu fragen, ob deine Freunde in einem tiefen, dunklen Verlies gefangen gehalten werden. Ich kenne dich, es wird dich für den Rest deiner Tage verfolgen. Und du bist kein Feigling, sonst hätte ich dich nie erwählt.«
    »Warum hast du mich erwählt?«
    »Weil du an den verwundbaren Stellen stark warst.«
    »Immer sprichst du in Rätseln, Ollathair. Jetzt bin ich frei, du hast es selbst gesagt. Frei von meinem Eid – frei von dem verfluchten Helm. Ich muss nicht durch das Tor gehen.«
    »Da hast du Recht. Es liegt bei dir. Aber wenn du willst, werde ich dich auch anflehen, auf Knien sogar.«
    »Nein«, sagte Manannan leise. »Das möchte ich nicht sehen. Ich werde mit dir zu dem Tor reisen, und ich werde auf Kuan sitzen, wie schon einmal. Aber ich verspreche nichts, außer es zu versuchen.«
    »Ich werde das Tor hier in den Bergen öffnen«, sagte Ruad, »und sobald du hindurch bist, wirst du auf eine Stadt stoßen. Dort werden sie dir weiterhelfen können.«
    »Sind es freundliche Leute?«
    »Es sind Götter, Manannan. Weise und unsterblich. Und du wirst Samildanach finden, ich weiß es.«
     
    Grunzer saß in der großen Halle und starrte seinen Schatz an – drei Eichentruhen, die erste halb voll Goldmünzen, die zweite bis zum Rand mit Silber gefüllt, die dritte ein funkelnder Haufen von Edelsteinen, Ringen und Broschen. Die Königsstraße war heutzutage eine reiche Einnahmequelle, da zahlreiche Nomadenfamilien über sie in das ferne Portia strömten, in der Hoffnung, ein Schiff zu erreichen, das sie in Sicherheit brachte. Zuerst hatte Grunzer die reisenden Kaufleute beraubt und getötet, aber die Anzahl der Flüchtlinge hatte dieser einfachen Methode Einhalt geboten. Hätte er so weitergemacht, wäre die Straße von Leichen bald nur so übergequollen. Jetzt verlangte er Wegegeld von den Flüchtlingen, und bald schon würde er reich genug sein, um diesen elenden Wald zu verlassen und in wärmere Gegenden zu ziehen, wo er sich einen Palast kaufen und viele gutgebaute Sklavinnen haben wollte. Grunzer wand sich bei diesen Gedanken in seinem Sessel. Er wusste, dass er kein gutaussehender Mann war: Klein, gedrungen, breitschultrig und massig, hatte er nicht die klaren Linien eines Athleten zu bieten. Seine Muskeln waren ausgeprägt und hässlich, sein Körper stark behaart, seine Arme unverhältnismäßig lang. Als er noch Sklave war, hatte man ihn ’Affe’ genannt, und die Herrschaften und die anderen Sklaven hatten über ihn gelacht. Dann wurde er Grunzer, denn es war seine Aufgabe gewesen, die Abfälle zu sammeln und damit die Schweine zu füttern. Der Name lastete zentnerschwer auf ihm.
    Er lehnte sich in dem geschnitzten Sessel zurück und schloss die kleinen Knopfaugen, um besser die Ereignisse der letzten Tage seines Sklavendaseins noch einmal durchleben zu können. Er war von dem ältesten

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