Ritter des dunklen Rufes
veränderst. Ich habe versucht, mit dem Ambria aufzuhören, aber ich konnte es nicht. Es klebt an der Seele, verdirbt und … entstellt. Neue Wirklichkeiten tauchten auf, und wir lernten, dass die Vyre ein sterbendes Volk sind, da ihre Nahrungsquellen versiegen. Bald würde es kein Ambria mehr geben.«
Manannan beugte sich vor. »Wie konnte das geschehen? Gibt es denn keine Menschen in diesem Land?«
Sie lächelte. »Der halbe Krug, den du bei deiner Ankunft bekamst, hat vielleicht fünfzig Leben gekostet. Dies ist eine große Stadt, Manannan. Um sie zu ernähren, braucht es ein ganzes Volk von – sagen wir – geringeren Wesen? Daher die Nomaden. Samildanach und die anderen kehrten ins Reich zurück und nahmen Ambria für den König mit. Sie hatten neue Rüstungen, die magische Kluft der Älteren Vyre, der Kriegerrasse, die zuerst dieses Land eroberte. Sie wurden freundlich empfangen, und der König nahm sie in seinen Rat auf. Aber das Ambria ging zur Neige, und der König lernte – wies auch Samildanach – wie man das Leben aus einem lebendigen Opfer saugt.«
»Das ist es, was so schwer zu glauben ist«, sagte Manannan. »Er war der Edelste von allen.« Er presste die Hände auf den Magen und stöhnte. »Wo hast du das Ambria hingetan? Ich brauche nur einen Schluck, dann geht es mir besser.«
»Warte! Sei stark. Du wirst schon sehen. Tief atmen, Manannan!«
»Ich kann nicht. Der Geruch aus dem Garten verursacht mir Übelkeit.«
»Das ist es ja, was ich sagen will. Das Ambria verändert die Wahrnehmung. Sieh dich in diesem Zimmer um.« Er tat, wie ihm geheißen. Die weißen Wände wirkten jetzt grauer, und er bemerkte Schimmel über dem Fenster. Die Seidenlaken auf dem Bett waren schmierig und fleckig, und der Raum stank nach Verfall. Er sah wieder Morrigan an und merkte, dass ihre Elfenbeinhaut trocken war, ihre Augen stumpf, die Lippen bläulich verfärbt.
Er schluckte hart. »Aber ist das nun wirklich? Ich weiß es nicht mehr.«
»Es ist wirklich«, flüsterte sie. »Du lebst in der Stadt der Untoten. Du bist in der Hölle, Manannan. Samildanach hat es fast erkannt, aber das Ambria hat ihn bezwungen.«
Manannan sah in den Garten hinaus, wo die steinernen Stufen von Unkraut überwuchert waren. Er kam mühsam auf die Füße. »Gibt es hier irgendwo Wasser?«
»Ja«, sagte sie und holte ihm einen Krug aus dem Vorderzimmer. »Aber sei vorsichtig, es wird dir nicht gut schmecken, denn das Ambria ist eifersüchtig.« Er trank in tiefen Zügen und hustete. »Trink noch mehr«, drängte sie ihn. »Es wird dir gut tun.«
Sein Magen begehrte auf, aber er zwang sich, dass Wasser hinunterzuschlucken. »Wir müssen hier raus«, sagte er, »zurück zum Tor.«
»Ich weiß nicht, wie man es öffnet«, erwiderte sie. »Aber Paulus.«
Er stöhnte wieder. »Was geschieht mit mir? Es tut so weh.«
»Du warst dabei, einer von uns zu werden. Jetzt kämpft dein Körper – dein Leben – dagegen an.«
Sein Kopf sackte auf die Schultern, er rieb sich die Augen. »Warum tust du das für mich? Wie kommt es, dass du nicht unter dem Einfluss von Ambria stehst?«
Sie lachte und stand auf. »Nicht unter dem Einfluss, Manannan? Oh, und ob ich das bin. Ich habe den halben Krug getrunken. Wenn ich mich in diesem Zimmer umschaue, sehe ich nur Schönheit – und einen Mann, den ich begehre. Aber ich kann mich erinnern, wie ich mich fühlte, als ich zum ersten Mal herkam … als Samildanach ein Gott für mich war. Ich klammere mich an diese Erinnerung, und ich will nicht, dass du – mein ältester und teuerster Freund – hinausreitest, um Seelen für die Vyre zu sammeln.«
»Hilf mir, mich anzuziehen.« Er sah sich suchend um. »Wo ist meine Rüstung?«
»Wo du hingehst, brauchst du keine Rüstung«, sagte Paulus von der Tür her. Hinter ihm standen mehrere Krieger in schwarzer Rüstung ohne Helme, mit Schwertern in der Hand. »Wir haben dir Unsterblichkeit geboten, Manannan. Jetzt wirst du nur zu unserer eigenen beitragen.«
Die Krieger stürmten vor und ergriffen den Einstigen Ritter.
Paulus schüttelte den Kopf. »Ich dachte, du wärst stark wie deine Brüder. Aber nun kann selbst diese gefallene Frau dich von der Herrlichkeit abbringen, die du hättest haben können. Deine Dummheit beleidigt mich. Schafft ihn weg!«
14
Nuada war überrascht, als der Dagda ihn nach seiner abendlichen Vorstellung in der Halle zu sich rief. Dem alten Mann war eine Unterkunft in der Nähe der Hütte zugewiesen worden, die Nuada mit
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