Ritter des dunklen Rufes
werden wir es in die Flucht schlagen. Vielleicht ist es auch Sheera – in Schwierigkeiten«, setzte er rasch hinzu.
»Mir gefällt das nicht«, sagte Ubadai. »Ich habe Gänsehaut. Ich habe eine gute Haut, sie weiß, wo sie sein will … und da will sie nicht hin.«
Errin grinste. »Du hast doch schon Wölfe gejagt. Und Bären – selbst einen Löwen, wenn ich mich recht erinnere. Wir sind beide gute Bogenschützen.« Ein unheimliches Heulen kam aus dem Wäldchen, lauter als jedes Wolfsgeheul, das Errin je gehört hatte. »Andererseits«, sagte er, »könntest du Recht haben. Ich denke, dies ist ein Fall für Rückzug.« Aber in dem Moment, in dem er sein Pferd zurück auf den Abhang lenken wollte, durchbrach ein neuer Laut die Stille – der Schrei einer Frau.
Errin fluchte und gab seinem Pferd die Sporen, dass es auf die Bäume zuschoss.
»Du hast keinen Bogen!« rief Ubadai, hinter ihm hergaloppierend.
Errins Pferd donnerte auf die Lichtung, sah das riesige Wolfswesen mit den Säbelkrallen und dem gewaltigen klaffenden Maul und versuchte verzweifelt, kehrtzumachen. Aber das Eis unter seinen Hufen bot keinen Halt, und so rutschte es auf den Hinterbeinen weiter. Errin schwang sich aus dem Sattel, als der Hengst in das Untier krachte und beide zu Boden gingen. Das Untier schlug seine Klauen in den Hals des Pferdes. Blut spritzte auf das grauweiße Fell des Ungeheuers. Das sterbende Pferd schlug wild mit den Hufen um sich, so dass das Untier in den Schnee stürzte. Der Hengst versuchte verzweifelt, auf die Beine zu kommen, doch das Wolfswesen war schneller und riss und zerrte an dessen Flanke. Errin kam auf die Füße und zog das kurze Krummschwert, das Cartain ihm geschenkt hatte. Es war rasiermesserscharf und schön gearbeitet, aber jetzt kam es ihm wie ein Kinderspielzeug vor, als er das wütende Ungeheuer anstarrte. Errin fuhr herum – Sheera stand nicht weit von ihm, einen qualmenden Ast in der Hand. Er lief zu ihr. Das Ungeheuer sah von dem toten Hengst auf und kletterte langsam darüber hinweg. Es stolperte und stürzte beinahe. Es hob sich auf die Hinterbeine und kam auf den Mann und die Frau zu. Errin stellte sich vor Sheera, legte die Hand auf die Gürtelschnalle und flüsterte »Ollathair«.
Augenblicklich schienen sich die Bewegungen des Ungeheuers zu verlangsamen. Errin wartete, bis das Wesen ihn fast erreicht hatte, dann duckte er sich unter dem langsam zuschlagenden, klauenbewehrten Arm und rammte ihm sein Schwert in den Bauch.
Sheera tauchte neben ihm auf und schleuderte den Ast in das Maul des Ungeheuers. In diesem Moment sah Errin, wie die Klauen auf das Mädchen zufuhren, ließ sein Schwert fallen, sprang zu ihr und zog sie außer Reichweite.
Hinter ihnen sprang Ubadai aus dem Sattel, legte einen Pfeil auf die Sehne, spannte und schoss. Der Pfeil drang in den Hals des Wesens ein. Es taumelte und fiel auf alle viere, dann rollte es zur Seite und starb.
Errin stand auf und sah sich um, ob noch weitere Ungeheuer da wären. Zu seiner Rechten lag ein menschliches Bein, und auf der anderen Seite der Lichtung waren die grässlichen Überreste eines weiteren Opfers. Beruhigt, dass keine weiteren Ungeheuer mehr zu sehen waren, berührte er die Schnalle an seinem Gürtel und wandte sich an Sheera.
»Bist du in Ordnung?«
»Ja … ich«, dann sah er in ihren Augen Erkennen aufflackern, und sie wich vor ihm zurück.
»Errin? Was machst du hier?«
»Ich habe dich gesucht. Cartain machte sich Sorgen, er sagte, die Männer, die bei dir wären, stünden vielleicht in Okessas Diensten.«
»Das glaube ich auch. Aber von allen Männern, die mich retten konnten, musstest es ausgerechnet du sein. Warum?«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist angenehm, meine Dame, einmal erfolgreich gewesen zu haben.«
Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Glaub nicht, das befreit dich von der Schuld am Mord meiner Schwester. Das tut es nicht! Niemals!«
»Ich habe Dianu geliebt und hätte alles getan, um sie zu retten. Aber ich habe sie nicht gebeten, meinetwegen zu bleiben, und ich wusste auch nicht, dass sie in Gefahr war. Es ist mir ziemlich gleich, ob du mir glaubst, das spielt keine Rolle.« Er ging zu dem Ungeheuer und zog sein Schwert heraus, dann wischte er die Klinge am Fell des Wesens sauber. Er drehte das Schwert um und hielt es Sheera hin. »Willst du mich töten, meine Dame? Dann tu es! Komm schon, nimm das Schwert und stoße zu.«
Sie wandte sich ab. »Ich war wütend, als ich Cartain erzählte, ich
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