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Ritter des dunklen Rufes

Titel: Ritter des dunklen Rufes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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hier zusammengedrängt. Vier waren tot. Grunzer führte seine Männer hinein, damit sie ihre Rationen austeilen konnten. Die beiden Feuer waren fast erloschen, und Llaw Gyffes ging zurück in den Wald, um Brennholz zu holen. Nuada sah sich suchend unter den hageren, müden Gesichtern um, bis er schließlich das Mädchen ganz hinten in der Höhle entdeckte. Es kauerte neben einer älteren Frau, und er bahnte sich einen Weg zu ihr.
    »Ich bin zurückgekommen«, sagte er schlicht.
    »Sie ist tot«, antwortete das Mädchen. »Sie starb vor einer Stunde.«
    Nuada blickte in das gelassene Gesicht herab. Die Frau war etwa Ende sechzig, schätzte er, und hatte das Aussehen einer vornehmen Dame. »Dann kann ihr jetzt niemand mehr etwas anhaben«, sagte er. »Komm, hier ist etwas zu essen.«
    »Ich habe keinen Hunger.« Er legte den Arm um ihre schmalen Schultern und zog sie an sich.
    »Würde sie wollen, dass auch du stirbst?« fragte er. »Komm mit mir.« Er nahm sie beim Arm und führte sie zu Grunzer, der ihr etwas Brot und eine Feldflasche mit Wasser gab.
    »Wir passten nicht alle in die Höhle, draußen sind immer noch ein paar Leute«, erzählte das Mädchen ihnen. Grunzer drehte sich um und schickte drei Suchtrupps in den Wald. Llaw Gyffes ging mit ihnen. In der Höhle fiel eine Frau vor Grunzer auf die Knie, schlang ihre Arme um seine Beine und weinte leise. Verlegen schob er sie weg. Ein Mann kam auf ihn zu, ergriff seine Hand und schüttelte sie unablässig, andere taten es ihm nach. Grunzer nahm ihren Dank missmutig entgegen und stapfte hinaus in den Schneesturm. Eine Zeitlang wanderte er allein umher und beobachtete die Männer, die den Schnee absuchten. Überall lagen Tote.
    Er wollte gerade in die Höhle zurückkehren, als er in seiner Nähe ein Wimmern hörte. Er blickte sich suchend um, konnte aber niemanden entdecken, dann verstummte der Laut. Mit seinem Stab tastete er die Büsche ab, fand jedoch nichts. Er blieb stehen und lauschte, aber der heulende Wind übertönte jedes leisere Geräusch. Er bückte sich … noch immer nichts. Zu seiner Linken war eine kleine Schneewehe. Als er hinsah, wirbelte der Wind etwas Schnee auf, und er sah ein Stück Stoff hervorlugen. Er ging hin und schaufelte den Schnee weg. Ein Mann und eine Frau waren darunter begraben, eng aneinandergeschmiegt, erfroren, aber sie hatten sich um ein kleines Kind gekuschelt, das in eine Wolldecke gewickelt war. Grunzer konnte sich ihre letzten Gedanken vorstellen: Wir schützen das Kind bis zum Ende. Ihre Körper schirmten es vor Wind und Schnee ab. Das Kind bewegte den Kopf und öffnete den Mund. Grunzer grub es rasch ganz aus und lief zur Höhle. Drinnen kämpfte er sich zum Feuer durch, zog die steifgefrorene Decke weg und rieb dem kleinen Mädchen die dünnen Glieder. Es hatte kurzes, aber dichtgelocktes goldenes Haar und war dünn, schrecklich dünn.
    »Akis!« rief er. »Wo zum Teufel steckst du?« Ein untersetzter Mann kam herbei. »Hast du Milch mitgebracht?« fragte Grunzer.
    »Sie ist fast alle, Herr«, antwortete der Mann. Seit Nuada die Geschichte von dem Ungeheuer erzählt hatte, hatten die Männer Nuadas Anredeform übernommen.
    »Hol welche. Sofort! Und wärme sie!«
    »Ja, Herr.«
    Der Kopf des Mädchens sank gegen Grunzers Schulter. »Stirb jetzt nicht hier bei mir!« rief er. »Wage es ja nicht, auf meinem Arm zu sterben!« Er schüttelte das Kind und rieb dessen Rücken, bis es zu wimmern begann. »So ist es gut«, sagte Grunzer. »Schrei! Schrei und lebe!«
    »Soll ich sie nehmen?« fragte eine Frau.
    »Lass mich in Ruhe«, fauchte Grunzer, als Akis mit der Milch kam, die er in einer Holzschüssel angewärmt hatte. Der Führer der Geächteten hob den Kopf des Mädchens an und hielt die Schale an dessen Lippen. Die Milch tropfte aufs Kinn, weil das Kind den Mund zumachte. »Halt ihr die Nase zu«, sagte Grunzer, und eine Frau kauerte sich neben ihn und gehorchte seinem Befehl. Das Kind öffnete den Mund. Zuerst verschluckte es sich an der Milch, aber dann begann es zu trinken. Als die Schale leer war, sank der Kopf wieder an seine Schulter. Er wollte das Mädchen schon wieder schütteln, als die Frau ihn am Arm berührte.
    »Sie schläft«, sagte sie. »Sie schläft nur. Sie wird es schaffen. Wickle sie in eine warme Decke und lass sie bei mir. Ich kümmere mich um sie.«
    Grunzer trennte sich nur widerwillig von dem Kind, tat es dann aber doch und strich ihm das Haar aus der Stirn. »Sie ist hübsch«, sagte er, »und

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