Ritter-Geist
Geister. Das Leben ist doch so viel einfacher, wenn die Alternativen aus schlichtem Gut oder Böse bestehen, wenn alles eindeutige Etike t ten trägt. Und zwar die richtigen Etiketten!
Gegen Mittag erreichten wir eine Gruppe von Kunstbäumen, von denen jeder von betörender Pracht war, mit reich verzierten bunten Blättern und bildhauerhaften Linien. Wir blieben stehen, von der schieren Schönheit des Ganzen benommen.
Einer der Bäume war tot, doch seine Skelettform war höchst b e eindruckend, jeder Ast von perfekten Konturen, ein Wunder an Symmetrie. Am Fuße des Stammes befand sich ein Loch, und selbst dieses war so wunderbar geformt, daß es dem Tor zu einem sagenhaften Reich glich.
Wir schritten darauf zu, und plötzlich blitzte zu meinen Füßen ein winziges schwarzes Schwert auf. Sofort dehnte es sich auf volle Schwertgröße aus, ein Ding aus glitzerndem dunklen Eisen, das sich drohend vor mir aufbaute. Ich war schon wieder arglos auf einen von Yangs bösen Zaubern getappt! Wann würde ich endlich lernen, achtsamer nach ihnen Ausschau zu halten?
Mein eigenes Schwert befand sich bereits in meiner Hand, denn Barbarenreflexe sind notgedrungen schnell. »Weg aus meiner N ä he!« rief ich Pook und Threnodia zu. »Dieses Ding ist gefährlich!«
Das war es tatsächlich. Das schwarze Schwert hieb heimtückisch auf mich ein, und ich konnte die Klinge nur im letzten Augenblick parieren. Auch so warf mich die Wucht des Hiebs ein Stück zurück und ließ meinen Arm beben. Das Schwert wurde von keiner Hand geführt, und dennoch fühlte es sich an, als stünde hinter ihm ein unsichtbarer Riese.
Zwar hatte ich den Hieb abgewehrt, doch die schwarze Waffe erholte sich mit entsetzlicher Schnelligkeit wieder davon und griff nun von der anderen Seite an. Wieder parierte ich, und wieder spürte ich den Aufprall. Funken stoben, wo die beiden Klingen aufeinandertrafen. Mein Schwert bekam eine Scharte. Natürlich war es ohnehin schon reichlich mitgenommen und sogar leicht verbogen, weil es ja in die… na ja, ich konnte mich nicht mehr genau daran erinnern, wo es hineingefallen war. Aber daß eine andere Klinge ihm derart mühelos eine Scharte verpassen kon n te…
Das böse Schwert wirbelte durch die Luft, tänzelte über meinem Kopf und griff mich plötzlich von hinten an. Ich warf mich zur Seite, um ihm zu entgehen, doch kaum hatte es mich verfehlt, als es sich schon wieder erneut nach mir ausrichtete. Ich stürzte zu Boden und konnte nur noch mit knapper Mühe meine Klinge h e rumbringen, um das Ding abzublocken. Noch nie war ich derart heftig mit dem Schwert angegriffen worden! Ich war stolz auf meine Schwertkunst; das ist auch so etwas, worauf wir Barbaren spezialisiert sind. Mein Schwert war meine Stärke. Doch hier hatte ich es nicht mit Tierschnauzen oder Pflanzententakeln zu tun, es war ein anderes Schwert, das immer und immer wieder zuschlug, jede Sekunde ein Hieb. Dann, als es merkte, daß es mich weder von vorne noch von hinten treffen konnte, schoß es zur Seite und griff erneut an.
Ich hatte mich schon halb aufgerichtet, mußte aber plötzlich e i nen Satz zur Seite machen und mich am Boden abrollen. Das schwarze Schwert machte sich über meine Füße her, um auch nicht die geringste Möglichkeit auszulassen. Ich riß sie fort, worauf es den Boden mit einer derartigen Wucht traf, daß ich schon glaubte, das ganze Land würde auseinanderbrechen. Ich schaffte es noch gerade rechtzeitig auf die Beine, um den nächsten Hieb zu parieren.
Normalerweise verfügte ich über viele Muskeln, große G e schwindigkeit und Koordinationsgabe. Zwar war ich erst vor ku r zem drei- bis fünfmal gestorben, doch in den vergangenen drei Tagen hatte ich mich davon fast völlig wieder erholt, wenn man von meinen steinernen Extremitäten einmal absah. (He – ich hätte das Schwert ruhig meine Füße treffen lassen können! Was hätte es ihnen schon anhaben können?) Also kämpfte ich sehr gut, aber ich wußte bereits, daß ich unterlegen war. Dieses magische Schwert besaß eine kämpferische Wildheit, die alles in den Schatten stellte, was mir je begegnet war, und es zeigte auch keinerlei Ermüdung s erscheinungen. Eines mußte ich ja Magier Yang lassen: Seine Za u ber waren alles andere als blutleer! Ich mußte dieses Ding irgen d wie abschütteln!
Das versuchte ich, doch das schwarze Schwert verfolgte mich gnadenlos. Es wollte mein Blut haben, mein ganzes Blut und nichts als mein Blut. Noch bevor ich meine eigene Klinge heru m
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