Ritter-Geist
sie gut gezielt; der Zauber prallte gegen den Baum und fiel unmittelbar vor ihm auf den Boden. Das schwarze Schwert witterte Gefahr und hackte auf den Zauber ein. »Ich invoziere dich!« rief ich.
Ich sah, wie er aufleuchtete, kurz bevor das schwarze Schwert ihn traf. Dann passierte eine allerseltsamste Sache.
Mein Bewußtsein schien meinen Körper zu verlassen und wie ein Gespenst durch die Luft zu schweben. Dann näherte es sich abrupt Threnodia, die zwischen mir und Pook stand, auf allerlie b ste Weise in Sorge. Plötzlich senkte es sich in ihren Körper und verharrte dort.
Ich hörte ein heiseres Schreien. Dann sah ich, wie ich selbst mein Schwert fallen ließ und in den toten Baum zurückwich. Sofort stieß das feindliche Schwert nach und rammte mir seine Klinge durch das ungeschützte Herz. Blut spritzte aus meiner Brustwu n de, als ich tot vornüber stürzte.
Doch das schwarze Schwert war noch nicht fertig. Es hob sich in die Höhe, dann hackte es mir mit einem wuchtigen Hieb den Kopf ab. Der rollte ein paar Schritte davon, bis er in einer kleinen Er d mulde liegenblieb und mit einem etwas verdutzten Ausdruck gen Himmel starrte.
Doch noch immer ließ das böse Schwert nicht von mir ab. Es hackte auf meinen rechten Arm ein, schnitt ihn ab, dann machte es sich über meinen linken her, oben an der Schulter, wo diese noch aus Fleisch war. Das Ding wollte mich völlig zerstückeln!
Ich rannte darauf zu, unfähig, dieser Zerstörung meines eigenen Körpers tatenlos zuzusehen.
Doch dann hielt ich inne. Wie konnte ich darauf zurennen, wenn ich doch bereits tot und geköpft war?
Ich begriff, daß mein Körper zwar tot war, mein Bewußtsein aber nicht. Ich befand mich nun in Threnodias Körper. Und ihr Bewußtsein mußte in meinem sein! Im Augenblick wohl eher b e wußtlos, denn ich hatte den Austauschzauber aktiviert. Jetzt wurde mir einiges klar: Als wir unsere Identität ausgetauscht hatten, hatte sich Threnodia in meinem männlichen Körper wiedergefunden, von dem tödlichen Schwert angegriffen, und sie hatte nicht g e wußt, wie sie sich verteidigen sollte. Wie die Vogelgestalt, die nicht hatte fliegen können, war sie unfähig zu kämpfen, auch wenn sie sich in einem Männerkörper befand. Auf frauenhafte Weise hatte sie einen Schrei ausgestoßen und sich zusammengekauert. D a durch war sie natürlich sofort angreifbar geworden, und die fein d liche Waffe hatte ihren Vorteil genutzt und sie erwischt. Sie wußte nicht, daß sie die falsche Person getötet hatte. Wie sollte sie auch?
Theoretisch hatte ich noch eine Minute Zeit, um den Zauber wieder rückgängig zu machen, bevor er voll griff. Doch wie? Nur indem ich den schwarzen Austauschzauber fand, würde mir dies gelingen – und dann würde ich wieder in einen toten, zerstückelten Leib eintreten! Außerdem war diese Minute bereits verstrichen, als wenn Zeit jetzt noch irgend etwas bedeuten würde. Da war ich aber sauber eingesalzen worden!
Wann würde dieses schreckliche Schwert endlich aufhören? Es schien meinen ganzen Leib zu Hackfleisch machen zu wollen. Schön, ich hatte jetzt einen anderen Körper zur Verfügung, de n noch konnte ich das doch nicht einfach tatenlos mitansehen! Da mein Talent in letzter Zeit ziemlich überstrapaziert worden war, wußte ich nicht, wieviel es noch ertragen würde.
Oder war mein Heilungstalent etwa zusammen mit meinem B e wußtsein in Threnodias Körper eingedrungen? Wenn dem so sein sollte, war mein Körper – und mit ihm Threnodias Bewußtsein – tot, während ich auf alle Zeiten in ihrem Körper gefangengehalten wurde. Ob Yin dann wohl hinter mir her sein würde, um mich zu heiraten?
Als ich die Sache einmal von dieser Seite sah, empfand ich plöt z lich viel mehr Mitgefühl für Threnodias Weigerung, zum Heiraten auf Schloß Roogna gebracht zu werden. Nein, ich mußte davon ausgehen, daß unsere Talente auch bei unseren Körpern blieben, so daß mein Körper sich wieder herstellen und mich erneut au f nehmen konnte. Ich mußte dieses Schwert unbedingt daran hi n dern, noch mehr Unheil zu stiften!
Nun, vielleicht konnte ich es bluffen. Ich setzte mich also wieder in Bewegung, rannte auf das Schwert zu, beugte mich hinunter und packte den Knauf. Überrascht hielt das Schwert inne. »Wohl g e handelt, prachtvolles Schwert!« rief ich mit Threnodias Stimme. »Du hast dich wacker geschlagen und mir ein Schicksal erspart, das schlimmer ist als der Tod! Nun kannst du ruhen.«
Das Schwert zögerte, dann entschied
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