Ritter-Geist
durchdrehen sollte. Vielleicht wären selbst meine eigenen Arme nicht kräftig genug dazu gewesen. Es war wirklich eine üble Waffe!
Wie konnte ich also nun Pook aufklären, ohne mich gleichzeitig dem gefürchteten Schwert zu offenbaren? Zum Glück fiel mir sofort etwas ein.
»Weiche beiseite, Tier! Dieses prachtvolle Schwert wird jedes Wesen niedermachen, das es versuchen sollte, mich auf Schloß Roogna zu bringen. Im Augenblick ruht es nur, weil ich frei bin. Du hast gesehen, wie es jenem Burschen ergangen ist.« Ich warf einen Blick zurück auf meinen schrecklich zerhackten Körper.
Pook legte die Ohren noch flacher an. Es würde nur noch einen Augenblick dauern, dann würde er mich angreifen, von Wut und Trauer ganz außer sich. Er war zwar nur ein Tier, aber er war treu. Und ich war wirklich stolz darauf, ihn meinen Freund nennen zu dürfen.
»Was glaubst du, vor wem du stehst, Tier?« fragte ich und blickte ihm direkt in eines seiner geweiteten Augen. Ich hielt das schwarze Schwert in der Rechten, nahe am Körper; langsam zwinkerte ich Pook mit dem linken Auge zu, das sich außer Sichtweite des Schwertes befand.
Das Gespensterpferd zuckte zusammen, völlig verdutzt, behielt aber seine drohende Haltung bei. Pook wußte, was Threnodia für eine Lügnerin war.
»Erinnere dich an das Wesen der Zauber, die du bei dir trägst«, sagte ich. Während wir zu Threnodias Hütte gereist waren, hatte ich ihm die Zauber alle erklärt, da sie sein Wohlergehen ebenso betrafen wie meins. »Bedenke, welcher von ihnen bereits invoziert wurde und welcher nicht.« Weiter konnte ich mit meinen Ande u tungen nicht gehen, denn möglicherweise wußte das Schwert ebe n falls von den anderen Zaubern, und ich war mir darüber im unkl a ren, wie klug es wirklich war. Ich konnte es nicht wagen, ihm z u viel zu verraten.
Pook reagierte immer noch nicht. Die Andeutung war wohl nicht deutlich genug gewesen. Ich hatte ihm zwar die verschiedenen Zauber erklärt, doch möglicherweise hatte er den Austauschzauber ja vergessen. Und selbst wenn nicht, wer hätte schon geglaubt, daß er diesmal aktiviert worden war?
»Erinnere dich an die Erfahrungen, die du mit diesem toten Bu r schen gemacht hast«, fuhr ich fort. »Wie er dich gegen die Feue r mauer gedrängt hat, nur weil er kostenlos reiten wollte. Wie er dich in seiner Grausamkeit in das Gebiet der Kobolde und in die Hö h len der Callicantzari getrieben hat.« Wieder blinzelte ich ihm zu, und wieder zuckte Pook zusammen. Damals war Threnodia nicht bei uns gewesen, und ich hatte ihr auch nicht davon erzählt; Pook hatte uns die ganze Zeit Gesellschaft geleistet und hätte es g e merkt, wenn ich ihr das alles geschildert hätte. Doch nun war er zwar verwirrt, aber noch lange nicht überzeugt. »Und die Elfen«, sagte ich. »Erinnere dich doch einmal daran, wie er sich drei Tage mit Glockenblume amüsierte und dich solange schnöde im Stich ließ. Was schuldest du ihm schon? Und denke an den Klappe r storch, die Drachen und den kleinen Ogerling. Dieser Barbar hat dich gezwungen, ganz Xanth zu bereisen – und wofür?«
Wieder blickte ich ihm ins Auge. »Was war es, was zwischen dir und diesem Mann war? Was immer es gewesen war, laß es weite r bestehen.« Ich hielt inne, denn ich wußte, daß er die Antwort kannte – Freundschaft.
Ein drittes Mal zwinkerte ich ihm verstohlen zu. »Wen, glaubst du, hast du vor dir, Freund?«
Ganz langsam entspannte Pook die Ohren, und die weißen Ri n ge um die Augen verschwanden wieder. Endlich hatte er begriffen. Er würde tun, was ich verlangte, wie schon früher.
»Ich habe woanders noch etwas zu erledigen«, sagte ich forsch. Ich warf einen Blick auf meinen Körper zurück. »Du weißt, was du mit diesem Leichnam zu tun hast, dem du nichts schuldest. Und nun weiche.«
Pook trat beiseite. Ich ging an ihm vorbei, das Schwert vor mir ausgestreckt. Im Gehen konzentrierte ich mich darauf, eine fei n stofflichere Form anzunehmen. Es schien zwar nicht zu funkti o nieren, aber da es meine einzige Hoffnung war, mußte ich es we i ter versuchen. Eine Gestalt- oder Körpergrößen- oder Dichti g keitswandlung dauerte eine Stunde, hatte sie gesagt. Also würde ich es auch eine Stunde lang versuchen – oder solange, bis es funkti o nierte.
Während ich ging, mich konzentrierte und auf Erfolg hoffte, wurde mir dieser Körper bewußt. Er war anders als meiner. Er hatte merkwürdigere Proportionen. Die Beine wirkten irgendwie kurz, etwas fett an den
Weitere Kostenlose Bücher