Ritter-Geist
weiß, was als nächstes hervorquellen wird! Schau dir das mal an!« Ich legte die Hände auf die wohlgeformten Brüste. »Die Brustmuskeln fallen mir schon fast vom Leib!«
Die Greifin wich einen weiteren Schritt zurück, und ihr Schnabel rundete sich verunsichert. Ich verfolgte sie. »Ach, bitte, bitte – schneide mich auf und laß den Eiter heraus, bevor er wie eine Fontäne von allein hervorspritzt!« Ich tat, als wollte ich eine me i ner Brüste ausdrücken.
Die Greifin wirbelte herum, breitete die Schwingen aus und schoß davon. Sie wollte sich nicht mit Eiter beschmieren. Vie l leicht war sie von meinem Theater nicht völlig überzeugt, doch sie zog es vor, kein Risiko einzugehen.
Ich entspannte mich wieder. Das war aber knapp gewesen! Mit Sicherheit hätte keine echte Frau zu dieser List gegriffen – und das hatte die Greifin möglicherweise gewußt. Ich fragte mich, wie Threnodia es geschafft hatte, ganz allein auf sich gestellt in ihrer Hütte so lange zu überleben. Doch ich kannte auch die Antwort – mit List und Gift. Sie hatte mich behandelt wie jede andere Gefahr auch, und das konnte ich ihr nun nicht mehr verübeln. An ihrer Stelle, mit ihrem Körper, würde ich dasselbe tun.
Sie hatte mir gesagt, daß sie eine Lügnerin sei – und das war sie auch. Aber natürlich konnte es sich eine schwache Kreatur aus leckerem Fleisch nicht erlauben, wie ein bewaffneter Barbarenkri e ger der Ehrlichkeit zu frönen. Als ich dies verstand, verstand ich gleichzeitig auch ihre Abneigung gegen Schloß Roogna und die Ehe mit einem Magier, dessen einziges Interesse an ihr darin b e stand, sein eigenes Ansehen als König zu erhöhen. Wenn ich an ihrer Stelle wäre – und es sah so aus, als würde ich das für eine ganze Weile sein –, würde ich lieber mit einem Mann gehen, der sich für meinen – für ihren Körper interessierte. Das wäre weni g stens ehrlich gewesen.
Doch im Augenblick hatte ich andere Sorgen. Ich eilte zu me i nem eigenen Körper zurück. Inzwischen waren schon mehr als zwei Stunden vergangen, in denen hätte äußerst viel geschehen können!
Doch dem war glücklicherweise nicht so. Pook hatte die Überr e ste in ein weiteres Blattbündel gescharrt und es diesmal sogar g e schafft, nicht allzu viel Dreck beizumengen. Wenn in der Zw i schenzeit irgendwelche Monster vorbeigekommen sein sollten, so hatte das Gespensterpferd sie jedenfalls vertrieben.
»Das Schwert wären wir los«, sagte ich. »Aber jetzt haben wir ein Problem, Freund, ich bin nämlich im falschen Körper.«
Pook nickte. Er war von selbst dahintergekommen.
»In diesem Körper kann ich wirklich nicht allzuviel anstellen«, meinte ich. »Er ist sehr schwach und für Barbarenzwecke völlig verbaut, und…« Achselzuckend fügte ich hinzu: »Mein eigener ist mir einfach lieber.«
Das Gespensterpferd nickte wieder. Pook hatte noch nie sehr viel von Threnodias Körper gehalten.
»Natürlich könnte alles viel schlimmer sein«, meinte ich. »Wenn du nämlich näher an mir gewesen wärst als sie, dann hätten wir beide Identitäten ausgetauscht.«
Pook schnaubte, von der Vorstellung angewidert. Ich lachte, wenngleich ich von seiner Reaktion auch nicht gerade sehr erbaut war.
Ich überprüfte meinen eigenen Körper. Der war bereits dabei zu heilen. Pook hatte den Kopf gegen den Nacken gerollt und die Arme an die Schultern. Sie waren wieder angewachsen, und der größte Teil des vergossenen Bluts war wieder in den Körper eing e sickert. Meine Augen starrten nicht mehr in die Welt hinaus, die Lider waren in halbwegs normalem Schlaf geschlossen. Noch ein paar Stunden, dann würde es meinem Körper wieder gutgehen. Enthauptungen waren nur halb so schlimm, solange der Kopf nicht verloren war. Doch es war schon später Nachmittag, und wir brauchten einen sicheren Lagerplatz für die Nacht. »In dieser R e gion gibt es Greife – und im Dunkeln ist es wahrscheinlich noch schlimmer. Hätte ich meinen eigenen Körper, käme ich schon zurecht, aber mit diesem armseligen Ding hier habe ich nur Schwierigkeiten.«
Pook nickte wieder. Offensichtlich hatte er Ungeheuer in diesem Gebiet gewittert.
»Natürlich kämst du allein viel besser durch«, fuhr ich fort. »Wir sind bloß eine Belastung für dich, vor allem in diesem Zustand. Deshalb solltest du dich vielleicht jetzt auf den Weg machen.«
Pook stampfte verneinend mit dem Fuß auf. Er würde mich nicht in dieser Stunde der Verzweiflung im Stich lassen. Ich war so dankbar, daß ich
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