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Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
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singen!«
    »Für menschliche Vergnügungen habe ich nichts übrig«, meinte Gnäßlich und faßte sich mißmutig an die klobige dunkle Mütze. Doch immerhin hielt er inne.
    »Keine Vergnügungen!« erwiderte ich. »Traurig, sehr traurig! Hört zu!« Und dann setzte ich Threnodias Stimme ein, wie ich es schon getan hatte, um das schwarze Schwert zu besänftigen, mit fieberhaftem Trällern. Es hörte sich an, als wäre soeben irgend etwas fürchterlich Grobschlächtiges dahingeschieden.
    Gnäßlich überlegte. »Vielleicht«, meinte er, wider Willen beei n druckt. »Dann folgt mir.« Er machte kehrt und stapfte den Gang zurück.
    Ich drehte mich wieder zu meinem Körper um. »Ach, den laßt ruhig liegen!« fauchte der Gnom. »Den zerstückeln wir ordentlich und machen aus ihm eine Suppe.«
    »Nein!« rief ich. »Er kann auch singen! Wir sind ein Duett! Z u sammen sind wir sehr viel besser!« Ich hoffte nur, daß das auch stimmte. Die Gesangfähigkeit meines Körpers war gleich null, denn Gesang ist nicht gerade Barbarensache, doch wenn Thren o dia in ihm wohnte, mochte das vielleicht einen Ausgleich herste l len.
    Achselzuckend knurrte der Gnom: »Wehe, das stimmt nicht!«
    Ich riß und zerrte und bekam meinen Körper irgendwie weite r geschleppt. Zum Glück war es nicht sehr weit. Ein Stück den Gang entlang befand sich eine Felsenkammer mit einem Belü f tungsschacht, der zur Bodenoberfläche emporführte. Die Kammer besaß eine vergitterte Holztür. Als ich meine Last endlich hinei n gezerrt hatte, schlug der Gnom von hinten die Tür zu und ve r sperrte sie.
    »Aber wir brauchen etwas zu essen und Wasser!« rief ich. »Damit wir schön singen können!«
    »Alles zu seiner Zeit, Labertasche«, sagte Gnäßlich und ma r schierte davon.
    Na ja, für eine Weile waren wir jedenfalls in Sicherheit. Vielleicht sogar zu sehr in Sicherheit, denn wir waren ja Gefangene. Aber das war vielleicht immer noch besser als gar nichts.
    Sorgfältig untersuchte ich meinen Körper. Der Heilungsvorgang machte Fortschritte; Kopf und Arm waren inzwischen so fest a n gewachsen, daß an den Schnittstellen nur dünne Narben zu sehen waren. Was besaß ich doch für ein wunderbares Talent!
    Threnodia hatte übrigens auch ein wunderbares Talent. Damit könnte ich mich in eine Schlange verwandeln, zwischen den Gi t terstäben hindurchschlüpfen, die Treppe hinauf und oben ins Freie…
    Doch nein, mein Körper würde dann nicht folgen können. Und ich wollte ihn nicht unbewacht zurücklassen. Also ließ ich mich neben ihm nieder und schlief.
    Gegen Morgen war mein Körper soweit verheilt, daß er wieder bei Bewußtsein war, dennoch war der Heilungsvorgang noch nicht abgeschlossen. Ich bemerkte, daß die Beine wieder aus Fleisch waren; diesmal hatte mein Talent dieses Detail gleich miterledigt. Gut, denn ich konnte eigentlich keine steinernen Füße gebrauchen – tönerne auch nicht. Doch nun hatte ich die schwere Aufgabe, Threnodia alles zu erklären. Das mußte ich erledigen, bevor die Gnome zurückkehrten.
    »Regt Euch nicht gleich auf«, murmelte ich in mein Ohr. Es war ein schmutziges Ohr; ich hätte meinen Kopf wirklich öfter sa u bermachen sollen, besonders nachdem er durch den Schmutz g e rollt war. »Es hat ein Bewußtseinsaustausch stattgefunden.«
    Meine Augen weiteten sich. Mein linker Arm ruckte vor mein Gesicht, mein Mund sperrte sich auf.
    »Nicht schreien!« warnte ich. »Sonst gibt es noch mehr Ärger!«
    Sie war klug genug, um nicht darauf zu beharren, doch es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatte. »Mein Arm«, flüsterte sie entsetzt, »der ist ja so groß und haarig!«
    »Das ist noch nicht alles«, brummte ich. In angespanntem Fl ü stern erklärte ich ihr den Rest und brachte sie auf den neuesten Stand. »Also müßt Ihr nun versuchen, mit meiner Stimme zu si n gen«, schloß ich.
    Nachdem sie erst einmal die Tatsachen so akzeptiert hatte, wie sie waren, paßte sie sich durchaus an. Die Geschichte gefiel ihr ebensowenig wie mir, und sie hatte auch ebenso viele Probleme mit der spezialisierten männlichen Anatomie wie ich mit der wei b lichen, aber sie war eine kluge und realistisch denkende Frau. Ich erkannte, daß der Magier Yang damit gerechnet haben mußte, daß ich bei der Aktivierung des Austauschzaubers nahe bei Pook oder irgendeinem anderen Lebewesen stehen würde, vielleicht an einem lebendigen Baum. Mit Sicherheit hätte er nicht gewollt, daß ich in den Körper der Frau eindrang, die er einst zu

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