Ritter-Geist
schmerzte die Landung! Es war, als hätte mich ein Riese versohlt.
Dennoch hatte ich in gewissem Sinne gesiegt, denn nun besaß ich nicht nur die Kette mit dem Schlüssel, ich hatte den Ritter auch dazu gezwungen, seine Lanze fallenzulassen. Threnodia rannte gerade darauf zu, um sie aufzunehmen.
»Rennt hoch und schließt das Tor auf!« rief sie. »Ich werde ihn hier unten abwehren!«
»Ihr wißt doch gar nicht, wie man das Ding benutzen muß«, wandte ich ein. »Er wird Euch mit dem Schwert auslöschen!« Ta t sächlich zog der Ritter bereits seine riesige Klinge. Sie war von finsterem Schwarz und erinnerte mich unangenehm an das böse Schwert, das der Magier Yang auf mich gehetzt hatte.
»Dafür habt Ihr nicht genug Muskeln!« konterte sie. Und da hatte sie natürlich recht, denn diese Lanze war ein ziemlich schw e res Gerät.
Nun griff der Ritter uns beide gleichzeitig an, und das schreckl i che Schwert glitzerte bösartig. Gemeinsam rangen wir mit der Lanze und hoben sie auf – doch wir befanden uns an einem Ende und die Spitze am anderen, weit entfernt, und als es uns schließlich gelungen war, diese Spitze anzuheben, hatte der Ritter uns auch schon erreicht. Mit einem einzigen Hieb schlug er der Lanze die Spitze ab. Wieder mußten wir davonjagen, höchst unehrenhaft!
»Das hier können wir immer noch benutzen«, sagte ich schlie ß lich, und hob die abgeschlagene Spitze auf, die ungefähr halb so groß war wie ich selbst. Das war eine Art von Schwert. »Nehmt Ihr den anderen Teil.«
Sie tat es und kam nun besser damit zurecht, da es kürzer war. Ohne es zu wollen, hatte der Ritter uns einen Gefallen getan: Er hatte uns zu einer Bewaffnung verholfen.
Als der Ritter diesmal herangeprescht kam, griffen wir ihn von beiden Seiten gleichzeitig an und schlugen mit unseren Stöcken nach ihm. Gelassen hob er den Schild, um mich zur Linken abz u wehren, während er zur Rechten mit dem Schwert auf Threnodias Arme eindrosch. Sie sprang zwar zurück, dennoch schlug ihr das Schwert die linke Hand ab. Die plumpste zu Boden, und die Fi n ger krümmten sich im Krampf.
»Verdammt sollst du sein!« schrie sie, als der Ritter zum nächsten Angriff kehrtmachte, einen Blutstreifen auf der Klinge. Sie rammte den Stumpf ihres Handgelenks in die eigene Hüfte, um den Blu t strom aufzuhalten, doch der ließ bereits nach, als mein Talent in Aktion trat. Threnodia bückte sich, um die auf dem Boden liege n de Hand aufzuheben. Und dann, als der Ritter näher kam, schle u derte sie ihm die Hand gegen den Kopf.
Der Ritter war zwar ein zäher Kämpfer, doch das erschreckte ihn. Die Hand griff nach seinem Visier, und einer der Finger stach ihm in den Augenschlitz. Sie sah aus wie eine verzerrte Spinne, die versuchte, in den Helm hineinzukriechen. Das konnte sie natürlich nicht. Der Ritter hätte wissen müssen, daß die abgehackte Hand harmlos war, doch er reagierte mit bemerkenswerter Heftigkeit. Er hielt sein Pferd an und griff mit dem linken Panzerhandschuh nach der Hand.
Ich nutzte sein Abgelenktsein, um auf das Pferd zu springen und seinen ganzen Helm mit meinem grauen Kleid zu bedecken. Dann klammerte ich mich daran fest, so daß er nun von einer grauen Stoffkapuze völlig geblendet war. »Nehmt ihm das Schwert ab!« schrie ich.
Doch da wirbelte der Schwertarm bereits heftig umher, und Threnodia kam nicht näher. Also griff ich selbst nach dem Schwertarm. Mein Hebelpunkt war nicht der beste, und als ich die Kapuze losließ, glitt sie vom Helm ab. Der Ritter hob einen Han d schuh und schubste mich heftig fort, so daß ich einmal mehr auf meinen runden nackten Hintern fiel. Das Kleid glitt vom Helm, der Ritter konnte wieder sehen – und seine Waffe hatte er auch noch.
Nun rettete Threnodia die Lage. Da sie an den Ritter selbst nicht herankam, stürzte sie sich auf das Pferd. Sie legte den Mund dicht an sein gepanzertes Ohr und brüllte: »Buuuh!«
Natürlich erschreckte sich das Pferd. Es wieherte und bäumte sich auf. Der Ritter stürzte und fiel scheppernd zu Boden. Thr e nodia warf sich hastig auf den ausgestreckten Schwertarm und drückte ihn zu Boden, während ich auf den Kopf des Ritters z u sprang. Die Wucht meines Aufpralls schlug den Helm von dem gepanzerten Leib. Er sprang unter meinen Füßen ab und rollte über den Boden. Gleichzeitig erstarrte der ganze Körper. Es g e lang Threnodia, dem plötzlich erschlafften Panzerhandschuh das Schwert zu entreißen.
Ich spähte in den Hals der Rüstung – und erblickte
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