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Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem, was sie nicht verstehen, und der Durchschnittsgeist ist ein ziemlich zaghaftes Wesen. Ich muß es ja wissen! Und natürlich ist ein Pooka auch kein vollständ i ges Gespenst, weil er ja teilweise recht feststofflich ist; er befindet sich eher in einem Zwischenzustand, ganz ähnlich wie ein Zombie sich zwischen Leben und Tod bewegt. Verliert der Pooka jemals seine Ketten, so wird er zum vollen Gespenst. Doch die Ketten binden ihn ans Leben, deshalb muß er auch grasen und die me i sten anderen Dinge tun, zu denen auch die lebenden Wesen g e zwungen sind, so unpraktisch manche von ihnen auch sein mögen. In Xanth gibt es eine Reihe von Wesen, die weder das eine noch das andere sind, aber von beidem ein wenig haben.
    Nun war die Jagd wieder im Gange. Der Pooka floh gen Sü d osten – und führte mich dabei ins Greifengebiet. Das merkte ich anhand alter Spuren, an Krallenabdrücken auf den Baumstämmen und an altem Greifenkot. Ich blieb auf der Hut, denn Greife kö n nen äußerst kämpferische, angriffslustige Wesen sein. Mit einem einzigen Greif, so dachte ich mir, würde ich wohl schon zurech t kommen, aber manchmal streiften sie auch in Rudeln umher, und das könnte dann doch Ärger bedeuten. Der Rokh hatte mich z u rückgelassen, weil ich für ihn ein viel zu kleiner Happen war, und er hätte sich schon allein beim Aufgreifen meines Körpers den Schnabel mit Erdreich beschmutzen müssen. Doch die Greife würden mich sehr wohl fressen, und ich war mir nicht sicher, wie leicht es mir danach fallen würde, mich davon wieder zu erholen. Wenn einer von ihnen den größten Teil von mir auffressen sollte, so wäre ich zwar vielleicht dazu in der Lage, mich wieder zusa m menzuraffen, doch es behagte mir nicht, dieses Risiko einzugehen. Schließlich tun mir Verwundungen genauso weh wie anderen Leuten, und zwar so lange, bis sie geheilt sind. Warum sollte ich da unbedingt diesen ganzen Schmerz ertragen, wenn es nicht nötig war? Also war ich vorsichtig. Vielleicht sollten Barbaren eigentlich über Narben lachen, als würden sie nie eine Wunde spüren, doch der Witz der Sache entging mir dabei.
    Der Pooka verhielt sich, hungrig und matt wie er war, weniger vorsichtig. Er raste direkt durch ein Greifenlager, wo ein großes Nest in den unteren Zweigen eines Baumes hing. Im Nest befand sich eine Greifin, die gerade ein Ei ausbrütete oder so etwas… ich bin mir dieser Sache nie ganz sicher, denn Greife sind ziemlich penible Wesen von königlicher Abstammung und lassen es nicht zu, daß man in ihrem Leben sonderlich viel herumschnüffelt. J e denfalls stieß sie ein gräßliches Krächzen aus, als sie den Eindrin g ling bemerkte. Der männliche Greif hatte gerade auf einem höhe r gelegenen Ast desselben Baums vor sich hingedöst, die Schwingen angelegt, während seine Klauen sich in die Rinde bohrten. E r schrocken sprang er sofort vom Ast und stürzte erst ein Stück in die Tiefe wie ein Stein, bis er schließlich die Schwingen ausbreitete und aus dem Sturz einen Flug machte. Er war kein bißchen e r freut. Ich schätze, das würde ich auch nicht sein, wenn ich plöt z lich dadurch geweckt würde, daß meine Frau mich anschreit, weil irgendein Wesen in ihre Privatsphäre eingedrungen war. Mögl i cherweise war das ein weiterer Grund, weshalb ich der Ehe mit Vorsicht begegnete: Wie die Grenze zum Nichts, kann auch sie eine Einbahnstraße in das Weiß-nicht-Was sein.
    Es dauerte nur einen Augenblick, bis der männliche Greif begri f fen hatte, daß der Pooka an allem schuld war. Er wendete mitten in der Luft und jagte dem Gespensterpferd nach, das immerhin vernünftig genug war, um in vollem Tempo davonzugaloppieren. Ich rannte so schnell ich konnte hinterher.
    Der Pooka war schnell, trotz seiner Ketten, wenn er volles Te m po gab; doch das gleiche galt auch für den Flug des Greifs, und der war nicht durch irgendwelches zusätzliche Gewicht belastet. Ich glaube, wenn der Pooka ausgeruht gewesen wäre oder besseres Laufgelände zur Verfügung gehabt hätte, wäre er möglicherweise entkommen. Doch der Boden wurde hier immer sumpfiger, und es gab sehr viele Bäume, was dem Gespensterpferd die Flucht e r schwerte. Der Greif dagegen konnte mühelos die Bäume umru n den, wodurch er den Abstand auch schnell verringerte.
    Bald schwebte der Greif direkt über dem Pooka und stieß nach unten – und ich war zu weit entfernt, um irgend etwas dagegen unternehmen zu können. Ich konnte nur hinter den beiden herla u fen und zuschauen.

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