Ritter-Geist
aber, auf dem Boden nach ihnen zu scharren. Hühner scha r ren, Drachen aber nicht! Er versuchte mich mit einer Vordertatze zu erwischen, aber dazu fehlte es ihm an Hebelwirkung, so daß ich der unbeholfenen Hebelbewegung mühelos ausweichen konnte. Sobald ich erkannte, daß seine rechte Mitteltatze ziemlich fest am Boden kleben bleiben mußte, während er mit der rechten Vorde r tatze nach mir schlug, kauerte ich mich nieder und trieb meine Klinge durch jenen Teil, der gegen den Boden preßte, direkt obe r halb der großen Klauen.
Hoo, was das Ungeheuer daraufhin für einen Lärm veranstaltete! Es riß die Tatze empor, doch da dadurch nun auf dieser Seite nur noch ein Bein den Boden berührte, verlor es das Gleichgewicht und sackte zusammen. Ich mußte mich sputen, um von dem h e rabsinkenden Rückenpanzer nicht erdrückt zu werden. Da das Wesen um den Bauch herum gut gepanzert war, konnte ich dort leider keinen guten Stich plazieren. Wirklich schade, denn in di e sem Augenblick lag sein Bauch völlig ungeschützt vor mir.
Aha! Die Beine waren nicht gepanzert, nur der Körper. Dort wo sie aus dem Panzer herausragten, sahen sie ganz besonders em p findlich aus. Na klar, das Ungeheuer brauchte ja Bewegungsfre i heit, um auch schnellere Beutetiere zu jagen. Das leuchtete durc h aus ein – mir aber gab es eine Chance.
Ich schob die Klinge in die Höhlung zwischen Panzer und Bein. Wieder erntete ich ein Gebrüll zornigen Schmerzes. Nun setzte ich dem Ungeheuer tatsächlich zu. Sowohl der Magier Yin als auch der Tarask selbst hatten die Fähigkeiten eines Barbaren im Nahkampf unterschätzt, und vielleicht hatte ich selbst das auch getan. Mögl i cherweise konnte ich dem Ungeheuer doch noch den Garaus m a chen!
Doch ich hatte mein Blatt überreizt. Der Tarask ging vollends zu Boden, und wenn ich auch geschickt davonkroch, blieb meine Messerhand doch zwischen Bein und Panzer stecken, so daß ich festsaß. Das ist die einzige Gelegenheit, bei der das Bein den Pa n zer richtig berührt – wenn das Wesen sich nämlich hinlegt. Meine Messerhand war zwar unverletzt, dennoch konnte ich mich nicht ganz befreien, so daß die Fleischmassen des Ungeheuers mit Wucht auf mein linkes Bein prallten und es zermalmten. Nun war ich mit dem Geheul an der Reihe.
Der Tarask erhob sich und drehte sich um, um mich von vorne anzugreifen. Ich versuchte, ihn mit einer unbewaffneten Hand abzuwehren, aber mit einem schnellen Hieb seiner Vordertatzen riß er mir beinahe den Arm aus dem Gelenk. Dann preßte mich das Monster mit einer Tatze zu Boden und schickte sich an, mir das Gesicht abzubeißen.
»Pook! Verschwinde!« schrie ich, kurz bevor das sabbernde blu t lechzende Maul sich um meinen Kopf schloß. Ein Augenblick extremen Schmerzes, als die Hauer sich ins Fleisch bohrten – es macht wirklich nicht besonders viel Spaß, sich das Gesicht abbe i ßen zu lassen – dann Dunkelheit.
Pook kam aus der Nische hervorgaloppiert, mit rasselnden Ke t ten. Das Ungeheuer blickte auf. Es war noch nicht fertig mit mir – genaugenommen hatte es kaum angefangen –, doch die Bewegu n gen des Pferdes verwirrten es. Vielleicht aktivierte der Anblick eines fliehenden Beutetiers seinen Jagdinstinkt. Andererseits ist ein Happen auf der Tatze mehr wert als zwei auf dem Huf, so daß der Tarask sich gewissermaßen wieder seinem Geschäft widmete. So kaute er sich genüßlich durch mein Antlitz.
Pook wirbelte herum und verpaßte dem Ungeheuer mit beiden Hinterhufen einen Tritt gegen den rückwärtigen Panzerteil. Der massige, klobige Leib wurde vorangedrückt, und die Schnauze bohrte sich neben meinem Kopf in den Boden.
Das entschied die Sache. Der Tarask spuckte mein Gesicht aus, schüttelte sich den Dreck aus den Augen und nahm die Verfo l gung des Gespensterpferds auf. Das war natürlich genau das, was ich nicht gewollt hatte, denn Pook hatte nicht genug Zeit beko m men, um einen ordentlichen Abstand zwischen sich und das U n geheuer zu legen. Aber ich war nicht dazu in der Lage zu protesti e ren, denn ich hatte das Bewußtsein verloren. Genaugenommen sehe ich erst jetzt in dem Wandteppich, was da passiert ist und wie Pook mich einmal mehr gerettet hat. Diesem Pferd schulde ich eine ganze Menge!
Der Drache humpelte zwar, brachte aber immer noch eine ganz anständige Geschwindigkeit zustande. Zwar hatte ich seiner Zu n ge, seiner Wange, seiner Nase, der Tatze und dem Schultergelenk Verletzungen zugefügt, doch nicht genug, um seinen Kampfgeist zu
Weitere Kostenlose Bücher